Nevermore
und zusätzlich noch ein Fernglas dabeihaben.«
»Bist du dir da … absolut hundertprozentig sicher?«
»Ja!«, zischte Isobel. »Bin ich!«
»Gut!«
»Gwen -«
»Tu mir einen Gefallen und versuch, deinen Vater nicht noch wütender zu machen - soll heißen: nicht mehr als unbedingt nötig.«
»Aber -«
»Kein Aber. Und jetzt geh ins Bett, bevor dein Vater noch rausfindet, dass du telefonierst, und dich für neun Jahre ins Weltall schießt. Wir sehen uns morgen früh.« Klick.
Isobel starrte das Telefon an. Jetzt war sie endgültig davon überzeugt: Gwen hatte einen an der Waffel. Dass sie sich am Freitag wegschleichen konnte, war absolut unmöglich. Hallo! Es war Halloween. Ihre Eltern - zumindest ihr Vater - würden alles, was sie betraf, mit Argusaugen beobachten, sogar das winzigste Niesen.
Isobel erschrak, als Danny in ihr Zimmer raste und ihr das Telefon aus der Hand riss.
»Abbrechen, abbrechen!«, krächzte er, eilte wieder nach draußen und stürzte wie eine Bombe im Sturzflug in sein Zimmer zurück, während er in den Hörer rief: »Ja, sicher. Detrodon ist am besten!«
Isobel hörte Schritte auf der Treppe. Im ersten Moment wollte sie nach vorne preschen und die Zimmertür zuschlagen - doch sie hielt sich zurück. Stattdessen stand sie leise auf, ging zur Tür und blieb dort stehen. Sie legte die Hand auf die Klinke, lugte hinaus und sah, wie ihre Mutter nach oben kam. Isobel runzelte die Stirn und wandte sich ab, ließ die Tür jedoch halb offen. Sie ging zu ihrem Bett und vergrub sich zwischen den Kissen.
»Isobel«, sagte ihre Mom mit sanfter Stimme, »ich wollte dir nur sagen, dass dein Vater und ich uns unterhalten werden.«
Isobel spürte, wie sich eine Seite des Bettes senkte, als ihre Mutter sich setzte, und fühlte dann ihre warme Hand auf dem Arm.
»In der Zwischenzeit möchte ich, dass du dieses Projekt zu Ende bringst, okay? Hier, ich habe dir dein Buch mitgebracht.«
Isobels Augen weiteten sich, als ihre Mutter Poes gesammelte Werke neben sie auf die Kissen legte. Sie setzte sich auf.
»Könnt ihr beiden euch diese Woche vielleicht irgendwo anders treffen?«, fragte ihre Mutter.
Isobel überlegte kurz. Als Erstes kam ihr die Eisdiele in den Sinn. Dann war da noch Nobit’s Nook und natürlich die Bibliothek, sollten alle Stricke reißen. Sie nickte und war dankbar, eine Verbündete zu haben. Normalerweise hielten ihre Eltern immer wie Pech und Schwefel zusammen, wenn es um Isobels Freunde ging.
»Ich verstehe es nicht«, murmelte Isobel. »Ich verstehe einfach nicht, was er für ein Problem hat.« Sie strich mit dem Finger über den lavendelfarbenen Ärmel ihrer Mutter.
Ihre Mutter antwortete mit einem Seufzen. »Ich glaube, dein Vater hat einfach Angst.«
»Wovor denn? Es ist ja nicht so, als würde ich Drogen nehmen oder so. Mom, wir haben doch nur gelernt.«
»Ich weiß«, sagte ihre Mutter und tätschelte ihren Arm. »Ich glaube, er hat Angst, weil er sieht, dass du langsam erwachsen wirst.«
Isobel machte ein finsteres Gesicht, drehte sich auf die Seite und rollte sich zusammen. »Damit wird er aber wohl oder übel klarkommen müssen.«
Das brachte ihre Mutter zum Lachen.
Isobel mochte, wie sich das Lachen ihrer Mutter anhörte. Es war so leicht und luftig wie das einer Disney-Prinzessin.
»Dein Freund ist schon etwas anders. Ich glaube, das Verhalten deines Vaters hat auch etwas damit zu tun, dass Varen auf den ersten Blick sehr … krass wirkt und vielleicht auch etwas … erfahren. Ich glaube, dass es vor allem das ist, was deinen Vater erschreckt hat. Varen scheint wirklich ein recht netter Junge zu sein. ein bisschen exzentrisch eben.« Ihre Mom streichelte sein Isobels Stirn und strich mit den Fingerspitzen durch ihr Haar.
Dein Vater wird das auch noch einsehen. Er ist nur … Ich weiß auch nicht. Ich glaube, er ist einfach sehr daran gewöhnt, dass Brad immer hier ist.«
Isobel schnaubte wütend in ihr Kissen. »Dann sollen doch die beiden miteinander gehen!«
»Ach Izzy.« Ihre Mutter seufzte. »Sei nicht so. Er versucht doch nur, auf dich aufzupassen. Du musst ein bisschen nachsichtig sein.«
»Ein bisschen nachsichtig?« Isobel hatte Zweifel, dass ihr Vater darüber hinwegkommen würde. Trotzdem hoffte sie natürlich, dass ihre Mutter recht hatte. Sie hasste es, sich mit ihren Eltern zu streiten, egal, ob mit ihrem Vater oder mit ihrer Mutter. Doch irgendwie war ein Streit mir ihrem Vater immer ganz besonders schlimm. Vielleicht, weil er so
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