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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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gerichtet. »Du musst verstehen, dass ich keine andere Wahl habe, als in Rätseln mit dir zu sprechen.«
    »Wer bist du? Was willst du?«
    »Ich bin nicht der, für den du mich vielleicht hältst.«
    »Du meinst … Poe?« Isobel kam sich dumm dabei vor, es laut auszusprechen.
    Das schien allerdings genau die Antwort zu sein, auf die er gewartet hatte, denn er neigte den Kopf ein ganz kleines Stück und nickte. Er machte einen Schritt auf sie zu und dann noch einen. Seine Füße verursachten keinerlei Geräusch auf der Patchworkdecke aus toten Blättern und Asche.
    »Trotzdem solltest du wissen, dass er genauso viel damit zu tun hat.«
    Warum redete dieser Typ nur so merkwürdig? Es war so, als würde man einem Jedi-Ninja-Buddhisten-Großmeister zuhören, nur ohne den Erleuchtungsfaktor. Und warum rückte er ihr bloß so auf die Pelle?
    »Bleib genau da stehen«, befahl sie und hob die Hand.
    Er gehorchte erst, als ihr Absatz mit einem trockenen Zweig in Berührung kam und ihn zerbrach. Daraufhin standen sie beide wie angewurzelt da und lauschten dem Echo.
    Geflüsterte Worte sickerten aus dem Wald. In der Ferne erschallte ein unterdrücktes Lachen.
    Isobel fühlte Panik in sich aufsteigen. Sie drehte sich nach dem Geräusch um. »Was war das?«
    »Ghule«, erwiderte Reynolds, »Kobolde. Leere Wesen. Sie wurden geschickt, um dich zu beobachten. Sie belauschen dich.«
    »Warum? Wobei?« Isobel wich weiter zurück. Suchend sah sie sich nach einem Fluchtweg um. Allerdings sah es überall gleich aus, in welche Richtung sie sich auch drehte, und nirgendwo war ein Schild mit der Aufschrift Ausgang zu sehen.
    »Du musst in meiner Nähe bleiben«, sagte er. »Sie werden sich nur so lange von dir fernhalten, wie ich bei dir bin.«
    Isobel hörte auf, rückwärtszugehen. Sie starrte ihn an und fragte sich, ob sein Vorschlag, einen auf Kumpel zu machen, bewirken sollte, dass sie sich besser fühlte. Das war nämlich nicht der Fall. Sie schlang ihre Arme um sich und kämpfte gegen ein Zittern an. »Wie bin ich hierhergekommen? Und vor allem, wie komme ich hier wieder raus?«
    »Du bist hier, weil ich dich hergebracht habe«, erklärte Reynolds, »damit du diesen Ort kennenlernst. Denn ich werde nicht der Einzige sein, der dich hierher führt. Deshalb musst du begreifen, dass die einzige Hoffnung, in dieser Welt zurechtzukommen, darin besteht, es als das zu erkennen, was es ist. Es muss dir bewusst sein, dass du dich in einem Traum befindest. Mit diesem Wissen wirst du die Fähigkeit haben, diese Welt zu beherrschen. Verstehst du das?«
    »Ungefähr genauso gut, wie ich Suaheli verstehe.«
    »Sieh dich um«, sagte er, »und du wirst bemerken, dass die Taten deines Freundes bereits angefangen haben, den Schleier zu heben.« Reynolds streckte eine behandschuhte Hand aus. Die herumschwebende Asche leuchtete an seinen Fingerspitzen auf. »Er wird dünner und die Nacht, in der er in deiner Welt am dünnsten ist, kommt schnell näher. Du musst -«
    Ein leises Kichern ertönte in der Ferne, gefolgt von einem zischenden »Tekeli-li!«.
    »Was ist das?«, flüsterte Isobel.
    »Ruhe«, befahl Reynolds.
    Kurz darauf ertönte ein weiteres »Tekeli-li!« aus einer anderen Ecke des Waldes - eine Art Antwort.
    »Sie weiß, dass wir hier sind«, sagte er. »Ich kann nicht mehr sagen. Du musst jetzt gehen.« Er hielt ihr seine schwarz behandschuhte Hand entgegen.
    Isobel zögerte und starrte sie an, als wäre es die Hand des Todes.
    »Sofort!«
    Die Dringlichkeit in seiner Stimme entfachte ein Panikfeuer in ihr und sie stolperte nach vorne. Reynolds nahm ihre Hand und zog sie mit sich, zwischen den Baumreihen hindurch. Das Geräusch ihrer Schritte wurde von der pulverweichen Asche verschluckt.
    Reynolds eilte mit ihr durch das Labyrinth des toten Waldes, änderte immer wieder abrupt die Richtung und bog oft ab, bis die Lichtung hinter ihnen verschwunden war und alles gleich aussah.
    Isobel verstand nicht, wie sie überhaupt mit ihm mithalten konnte. Die Bäume rasten so schnell an ihr vorbei, dass sie zu einem Farbstrudel verwischten, der sie schwindelig machte. Es war ihr unbegreiflich, dass sie sich so schnell vorwärtsbewegen konnten.
    Du träumst, sagte sie sich, während sie rannten. Es ist nur ein Traum. Du wirst jeden Moment aufwachen und alles ist vorbei.
    Von irgendwoher hörte Isobel ein Rascheln und dann wisperte jemand oder etwas ihren Namen. Ihr Kopf fuhr herum.
    In der Ferne schien ein helles Licht durch die Baumreihen, himmlisch

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