Neville, Katherine - Der magische Zirkel
warme Küche. «Olivier, wenn ich weg bin, mußt du ein bißchen auf meinen Zimmergenossen hier aufpassen», sagte ich. «Ich glaube, er nimmt es mir übel, daß ich verreise, und du weiß, was das bedeutet.»
«Er kann hier oben bei mir bleiben», sagte Olivier, während er eine Toastecke mit Mousse bestric h und sie an Jason verfütterte. «Damit sparen wir Heizkosten. Und was ist mit deiner Post?» fügte er hinzu. «Hast du morgen noch Zeit, einen Sammelauftrag abzugeben, oder soll ich… Nanu, was ist los?»
Teufel auch! Ich wußte, ich hatte etwas vergessen! Ich machte den Mund auf für das Stück Toast mit Mousse, das mir Olivier hinhielt, und kaute, so daß ich nicht sprechen konnte. Ich goß den dampfenden Glühwein in zwei Becher und nahm einen kräftigen Schluck, während mein Gehirn Loopings drehte auf der Suche nach einer raschen Lösung für dieses Problem.
«Es ist okay», sagte ich schließlich zu Olivier und zwang mich, zu lächeln. «Mir ist plötzlich eingefallen, daß ich noch etwas einpacken muß, das ist alles. Aber das kann ich auch morgen tun. Ich kann auch noch im Büro und bei der Post vorbeischauen.»
Gottlob traf das alles zu – die Post öffnete um neun, und ich mußte erst um halb zehn am Flughafen sein. Es hätte auch anders sein können, und dann hätte sich die Post von zwei Wochen hier gestapelt, während ich mich in Rußland herumtrieb. Wo hatte ich nur meine Gedanken?
Als wir gegessen hatten, ging ich in meine Wohnung hinunter und verfluchte mich, weil ich die Geistesgegenwart hatte, Wecker und Pyjamas einzupacken, aber beinahe eine Sache vergessen hätte, die Sam und mich das Leben kosten konnte. Was nützte mir ein fotografisches Gedächtnis für Kleinkram, wenn dabei die wichtigen Dinge untergingen?
Um halb neun am nächsten Morgen fuhr ich mit Reisetaschen und Reisepaß auf dem Rücksitz zum Büro.
Ich ging in mein Büro und sah mir an, was an E-mail eingegangen war. Wie ich gehofft hatte, befand sich eine Nachricht von Sam dabei – von den «Great Bear Enterprises» –, gefolgt von einer Telefonnummer mit einer Idaho-Vorwahl, wahrscheinlich von irgendwo zwischen Sun Valley und der Reservation bei Lapwai. Ich prägte sie mir ein, löschte sie aus dem Computer und verabschiedete mich vom Pod.
Mir blieben noch zwanzig Minuten, um rechtzeitig am Flughafen zu sein, der – ohne Umweg – von hier aus in gut zehn Minuten zu erreichen war. Mit quietschenden Reifen hielt ich vor der Post. Ich sprang aus dem Wagen und rannte die Stufen hinauf. George, der Postbedienstete, der mich kannte, saß hinter dem Schalter, vor dem aber schon mehrere Kunden anstanden.
«George, ich brauche ein paar Wochen keine Postzustellung», rief ich über die Köpfe der Wartenden hinweg. «Ich füll nur schnell das Formular aus. Kann man die heutige Post noch zurückhalten?»
«Oh, Miss Behn, es tut mir so leid», sagte George, während er Briefe für andere Kunden wog und stempelte. «Das neulich war alles mein Fehler. Aber ich habe versucht, es wiedergutzumachen. Wenn Sie eine Minute warten – ich hab was für Sie.»
Er schlug auf die Glocke am Schalter, während ich ein gräßlich flaues Gefühl bekam. Was war schiefgegangen? Was mußte George wiedergutmachen? Was hatte er für mich? Ich ahnte es, und ich bekam schreckliche Angst. Ich füllte meinen Sammelantrag aus und wartete.
Dann erschien ein zweiter Postangestellter hinter dem Schalter und nahm die Benachrichtigungsscheine entgegen von den Kunden, die nur Pakete abholen wollten. George verschwand nach hinten und kam mit einem Paket zurück. Es sah nicht viel anders aus als das, welches ich letzte Woche erhalten hatte – aber es war tatsächlich eine große, etwas ramponierte Jiffytüte, wie Sam sie beschrieben hatte, ungefähr so dick wie zwei Packen Schreibpapier.
«Ich hab Ihnen letzte Woche das falsche Paket gegeben», sagte George. «Dieses hier hätte zu Ihrem gelben Benachrichtigungszettel gehört, aber ich habe nicht aufgepaßt. Das andere ist am selben Tag gekommen, als Sie hier waren, aber wir hatten noch keinen Zettel dafür ausgestellt. Am Samstag, als wir die Pakete hier unten sortiert haben – was die Leute nicht abholen, wird zurückgeschickt –, da war ich Gott sei Dank hier und habe meinen Fehler entdeckt. Es tut mir wirklich sehr leid, Miss Behn.»
Er gab mir das Paket, und ich biß die Zähne zusammen, bevor ich einen Blick darauf warf. Ich hatte nur noch zehn Minuten, um das Flugzeug für meinen Flug nach
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