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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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und sich zu ihrem Glauben bekannt hat, daß Jesus Christus das Licht und der Weg ist, wie sie sagen, wird gerettet werden, wenn Christus zur Erde zurückkehrt, Gericht hält und das Neue Zeitalter bringt. Darauf bereiten sie sich in diesen letzten Tagen vor, indem sie taufen, sich reinigen und läutern, damit jeder in einem neuen vergeistigten Körper auferstehen kann und das ewige Leben gewinnt. Daher der Name ‹Heilige der Letzten Tage›.»
    «Die letzten Tage oder Dinge sind eine uralte Vorstellung», sagte Wolfgang. «So weit die Geschichte zurückreicht, ist das die Eschatologie, von eschatos, das Fernste, Äußerste, das Extreme. Im Katholizismus ist es die parousia: die Wiederkehr des Erlösers beim Jüngsten Gericht.» Und ganz unerwartet für mich fügte er hinzu: «Glaubst du daran?»
    «An die Apokalypse und das alles?» Bei Glaubensfragen war mir nie so recht wohl. War nicht die Wirklichkeit schon schwierig genug? «Dieses Versprechen ist zweitausend Jahre alt , und ich weiß, daß ein paar Leute immer noch den Atem anhalten. Aber ich fürchte, ich brauche etwas Handfesteres, um mich daran festzuhalten.»
    «Woran glaubst du dann?» fragte Wolfgang. «Ich weiß es nicht genau», gab ich zu. «Ich bin viel mit Nez-
    Perce-Indianern zusammengewesen. Ihre Weisheit ist ungefähr das einzige, was ich an religiöser Erziehung mitbekommen habe. Ich denke, hinsichtlich der Vorstellung eines neuen Zeitalters glaube ich, was sie glauben.»
    Während wir den Gang entlangschlenderten, versuchte ich, näher darauf einzugehen. «Wie die meisten Indianerstämme glauben die Nez Percé, daß die Indianer das Volk sind, das dazu ausersehen ist, den Übergang herbeizuführen. Ende des vorigen Jahrhunderts gab es einen Propheten namens Wovoka. Er war ein Nevada-Paiute.
    Während einer Krankheit hatte er eine Vision von dem, was am Ende der Zeit geschehen würde – und das ist für die Paiute das Zeichen für den Übergang ins neue Jahrtausend. Wovoka sah in seinen Träumen von Geistern inspirierte Tänzer, die die Grenze zwischen sich und der Geisterwelt überschreiten konnten. Jedes Jahr sollten sich die Menschen bei den Händen nehmen und fünf Tage lang ununterbrochen tanzen. Er nannte den Tanz Wanagi Wacipi, den Geistertanz.
    Die Tänzer rufen den Sohn des Großen Geistes an, und er wird als Wirbelwind kommen und alle Wasichu, die mit gespaltener Zunge sprechenden Europäer, die alles verderben, was sie berühren, hinwegfegen. Die alten Geister werden zur Erde zurückkehren mit allen Bisons, die der weiße Mann abgeschlachtet hat. Mutter Erde wird wieder fruchtbar, und wir werden wieder in Harmonie mit der Natur leben, wie es in all den alten Visionen gesehen wurde.»
    «Das ist sehr schön», sagte Wolfgang. «Und du glaubst tatsächlich daran – an dieses harmonische Bild vom wiedergewonnenen Paradies?»
    «Ich denke, es ist Zeit, daß jemand von uns anfängt, daran zu glauben», antwortete ich. «Wir haben unser Nest hier auf dem dritten Planeten zur Genüge beschmutzt. Aus diesem Grund habe ich mich auch für die Arbeit entschieden, die ich tue. Atommüllmanagement – Auffindung, Beseitigung, Lagerung – ist mein Reinigungsritual.»
    Sam hatte einmal gesagt, keine Zivilisation, auch nicht die mächtigste, habe sich ohne anständige sanitäre Einrichtung lange gehalten. Rom beherrschte die halbe Welt mit Hilfe seiner Aquädukte, mit Trinkwasser- und Abwassersystemen. Als Gandhi Indien von den Briten befreien wollte, veranlaßte er als erstes, daß sich alle auf Hände und Knie niederließen und die Abtritte schrubbten.
    Als ich das Wolfgang erzählte, lachte er. Wir hatten unser Gate erreicht. In der Wartezone stellte er seinen Aktenkoffer ab und stieß mit seinem Pappbecher an den meinen, als würden wir mit Champagner auf etwas anstoßen.
    «Die Welt durch Abfallkontrolle zu retten ist ganz im Sinn meines Arbeit gebers, der IAEA», sagte er lächelnd. «Aber im Grunde sind die Menschen überall gleich. Ich sehe nicht, wie man das menschliche Verhalten ändern oder eine globale Reform herbeiführen könnte.»
    «Aber wir haben über Glauben gesprochen, nicht über Verhaltensweisen», warf ich ein. «Wenn Dinge, die wir glauben, auf der Erde verwirklicht werden, sieht das Ergebnis nie genauso aus, wie wir uns das gedacht haben. Zum Beispiel die Geistertänze. Was ist in der Wirklichkeit daraus geworden? Der Tanz enthielt so viele paradiesische Elemente, daß er sehr schnell von den Arapaho, den Oglala, den

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