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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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jener Bälle, die aus zwölf verschiedenfarbigen Fellstücken genäht wurden. Das ist nicht die Beschreibung einer Kugel, sondern d es größten pythagoreischen Vieleckes – des Dodekaeders – , ein von zwölf gleichen regelmäßigen Fünfecken begrenzter Körper. Für Pythagoras und seine Anhänger war der Dodekaeder die heiligste Gestalt. Sie stellten sich die Erde wie einen gigantischen Kristall vor, einen Übermittler, der Energie aus dem Himmel oder den Tiefen der Erde nutzbar macht. Sie dachten, er könnte sogar zur psychischen Kontrolle auf breiter Ebene genutzt werden, wenn man diese entscheidenden Druckpunkte manipulierte. Und darüber hinaus stellten sie sich vor, daß die Kräfte innerhalb der Erde, richtig ‹getuned› wie eine Stimmgabel, in Übereinstimmung mit den Sphären schwingen würden.»
    «Okay», sagte ich. «Aber du hast gesagt, du wüßtest zwei Dinge über Pandoras Dokumente. Was ist das zweite?»
    «Das zweite ist das, was Nicola Tesla geglaubt hat – und das unterschied sich nicht sehr von dem, was ich eben geschildert habe», sagte Wolfgang. «Er dachte, die Erde enthält eine Art Wechselstrom, der sich ständig ausdehnt und zusammenzieht in einem Rhythmus, der schwer, aber nicht unmöglich zu messen ist – ziemlich ähnlich wie der Atemrhythmus oder der Herzschlag. Er sagte, wenn er eine Ladung TNT am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt – dann, wenn eine Kontraktion einsetzt – anbringen würde, könnte er die Erde zerlegen ‹wie ein Junge einen Apfel spaltet›! Und indem er diesen Strom, diesen Energieraster anzapft, könnte er unbegrenzte Kraft nutzbar machen. ‹Zum ersten Mal in der Geschichte›, sagte Tesla, ‹besitzt der Mensch das Wissen, mit dem er in kosmische Vorgänge eingreifen kann.›»
    Großer Manitu, steh uns bei!
    Wolfgang blickte noch einmal zum Eiffelturm, wo das rote Blinklicht an der Spitze schon fast im Nebel verschwunden war. Dann legte er den Arm um mich, während wir eine Weile schweigend nebeneinander standen.
    «Wenn Tesla, ähnlich wie Prometheus, den Menschen eine neue Art von Feuer gab», sagte Wolfgang, «wird sich Pandoras Wissen vielleicht als Geschenk und Strafe zugleich erweisen.»

    SOKRATES:
    Du sprichst von Gut und Böse.

    GLAUKON:
    Das tue ich.

    SOKRATES:
    Ich frage mich, oh du es so verstehst wie ich.
    P LATON , Der Staat
    Gegen meine Absicht und trotz fester Vorsätze fand ich mich in dem geschnitzten Himmelbett einer Renaissance-Suite im «Relais Christine» wieder, wo ich eine so leidenschaftliche Liebesnacht – zumindest in dem Teil der Nacht, der noch übriggeblieben war – verbrachte, daß ich am nächsten Morgen das Gefühl hatte, ich hätte in den Armen eines Vampirs und nicht in denen eines österreichischen Beamten gelegen.
    Als ich die Augen öffnete, stand Wolfgang an der Tür, die zu einer Terrasse und einem kleinen Garten hinausführte. Sein großartiger Körper stand wie eine Silhouette vor dem zarten Frühlingsgrün der Büsche. Ich erinnerte mich an jenen ersten Morgen in meinem Kellerschlafzimmer, als er aus meinem Schlafsack kroch und sich mit dem Rücken zu mir anzog, bevor er an mein Bett kam und mich zum ersten Mal küßte.
    Nun, ich war keine errötende Jungfrau mehr; dafür hatte das Leben gesorgt. Aber dieser Mann, der meinen Puls eine Nacht lang immer wieder hochgejagt hatte, war das Rätsel geblieben, das er für mich war, seit ich ihn, lange bevor ich wußte, daß er mein Cousin war, das erste Mal gesehen hatte. Und trotz meiner philosophischen Betrachtungen über Geist und Materie mußte ich zugeben, daß das, was ich von Wolfgang bekommen hatte, mit geistiger Erleuchtung wenig zu tun hatte. Ich fragte mich nur, was das über mich aussagte.
    Wolfgang öffnete die Fenster, die zum Garten hinausgingen, dann kam er zu mir und setzte sic h auf das Bett. Er zog die Decke beiseite und strich über meinen Körper, bis ich wieder zu zittern begann. «Du bist so schön», sagte er.
    Ich konnte nicht glauben, daß ich immer noch nicht genug hatte. «Haben wir nicht eine Verabredung zum Lunch, die wir nicht verpassen sollten?» Es fiel mir schwer, an unsere Vernunft zu appellieren.
    «Französinnen kommen immer zu spät.» Er küßte meine Finger, während er mich nachdenklich ansah. «Es liegt etwas in der Luft – ein exotischer, erotischer Duft, den du verströmst und den ich wahnsinnig aufregend finde. Doch ich habe immer das Gefühl, es ist eine Illusion – als würde uns ein magischer Schleier

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