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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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bis auf die Grundmauern verbrannt!» Der Mann begann zu weinen.
    Sueton, der zunächst überrascht war, schlug dem Burschen zornig rechts und links ins Gesicht. «Du bist Soldat! Im Namen Jupiters, nimm dich zusammen. Was war in Camulodunum los? Ein Erdbeben? Ein Feuer?»
    «Ein Aufstand, Herr», stieß der Bote hervor. «Es waren die Icener und Trinobanten – vielleicht auch einige andere britannische Völker – wir wissen es nicht genau – »
    «Und wo war die neunte Legion Hispana?» fragte Sueton mit eisiger Stimme. «Hat der Legat seine Toga geflickt, während barfüßige Eingeborene die Städte verbrannten, die er verteidigen soll?»
    «Es sind keine barfüßigen Provinzler, Herr, sondern voll bewaffnete Truppen – vielleicht zweitausend oder mehr», berichtete der Soldat. «Der Legat Petillius Cerialis selbst hat mich zu dir geschickt, Herr. Ich bin quer durch das Land geritten, so schnell ich konnte. Die halbe neunte Legion ist vernichtet – 2500 Mann. Ich war auch dabei, als sie versucht haben, die Stadt zu retten. Der Procurator Decianus ist mit seinen Offizieren aufs Festland geflohen, und Petillius ist in seiner eigenen Festung eingeschlossen, wo er auf Verstärkung wartet, um die er dich bittet.»
    «Unsinn. Wie können eine Handvoll ungebildeter Britannier eine halbe römische Garnison vernichten und das Oberhaupt der Kolonialregierung vertreiben?» sagte Sueton voller Verachtung und spuckte aus. «Sie sind nicht einmal gute Sklaven und noch weniger gute Soldaten.»
    «Aber sie haben viele Waffen, Pferde und Wagen», erklärte der Soldat. «Die Frauen kämpfen an der Seite der Männer und sind noch bösartiger als diese. Die Greueltaten, die ich in Camulodunum gesehen habe, Herr, sind fast unbegreiflich. Sie haben ohne Unterschied Alte und Junge, Zivilpersonen und Soldaten, Mütter und Kinder erschlagen, sofern sie nur Römer waren oder mit uns zusammengearbeitet haben. Ich habe die Leichen von römischen Frauen gesehen mit durchbohrten Säuglingen an der Brust! Und Männer, die neben den Straßen gekreuzigt waren und denen man – mögen die Götter mir verzeihen – die Geschlechtsteile abgeschnitten und in den Mund gesteckt hatte, während sie noch atmeten.»
    Der Bote schwieg. In seinen Augen stand trotz der weiten und anstrengenden Reise, die er hinter sich hatte, noch immer das blanke Entsetzen.
    Sueton seufzte. «Und welcher großartige Feldherr hat sie bei diesem Unternehmen geführt?» fragte er.
    «Boudicca, die Icenerfürstin, Herr. Sie ist die Anführerin», antwortete der Bote.
    «Diese Wilden sind einer Frau in die Schlacht gefolgt?» rief Sueton Paullinus und wirkte zum ersten Mal richtig erschrocken.
    «Herr», sagte der Bote, «der Kommandant Petillius bittet dich, daß du schnell kommst. Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Aufstand noch längst nicht vorbei. Er wächst, je mehr Blut vergossen wird. Camulodunum ist verloren. Jetzt rücken sie gegen Londinium vor.»
    LONDINIUM, BRITANNIEN

    Frühling, A.D. 61

    Commixtio

    Sehr viele Arten der Massenvernichtung von Menschen hat es gegeben und wird es geben, die größten durch Feuer und Wasser, andere, geringere, durch tausend andere Unglücksfälle.
    P LATON , Timaios

    Londinium war nicht die größte Stadt in Britannien gewesen und auch nicht die älteste oder bedeutendste – das wußte Josef von Arimathäa. Aber sie war eine der schönsten am breiten, friedlichen Busen des großen Mutterflusses. Als er heute zum letzten Mal am Ufer entlangging, gab es kein Londinium mehr. Von einer blühenden Kolonie war nichts als eine dicke Schicht roter Asche übriggeblieben.
    Josef sah, wie die Römer auf der anderen Seite des Flusses ihre aneinandergeketteten Zwangsarbeiter durch die Trümmer trieben. Und er begriff, wieviel bei der Zerstörung dieser Stadt verlorgengegangen war – und wie lange die Britannier für diesen wenn auch gerechtfertigten Racheakt würden zahlen müssen.
    Als die Römer erkannten, daß die Stadt nicht zu verteidigen war, hatten sie sie aufgegeben, bis sie eine größere Streitmacht beisammen hatten. Nun, nach der Zerstörung von drei römischen Städten, darunter auch Verulamium, war der Aufstand niedergeschlagen. Die Rebellen konnten sich gegen die gut ausgerüsteten und ausgebildeten römischen Legionen nicht behaupten. Sie wurden gegen ihre Wagen gedrängt und niedergemacht mitsamt ihren Pferden und Packtieren. Boudicca beging Selbstmord durch Gift.
    Weil die Rebellen im vergangenen Frühjahr vor der

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