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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Angst. Durch das Schilf sah ich, daß eine offene Wiese vor mir lag, und gleich dahinter war eine Mauer. Würde ich die Wiese schnell genug überqueren und über die Mauer springen können, um dem Tier zu entkommen? Ich strengte mich noch mehr an, obwohl meine Lunge bereit s zu platzen schien. Ich hetzte über das Rasenstück und stürzte auf die Mauer zu.
    Da erwachte ich und saß aufrecht im Bett. Jason, der zu mir ms Bett gekrochen war und sich irgendwie zwischen mich und das warme Federbett geschoben hatte, lag mit geschlossenen Augen auf der Seite. Aber seine Füße zuckten, als würde er schnell laufen, um etwas Schrecklichem zu entkommen. Ich fing an zu lachen.
    «Wach auf, Jason», sagte ich und schüttelte ihn, bis er die Augen aufmachte. So verrückt konnte man werden, dachte ic h, daß man die Träume seiner Katze mitträumte. Aber wenigstens war ich aus diesem Traum mit einem Entschluß erwacht: Ich würde das Paket abholen. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich würde mir nie verzeihen, wenn das verdammte Ding verschwinden würde, nur weil ich es nicht rechtzeitig abgeholt hatte. Wo ich es verstecken sollte, war eine andere Frage. Mein Büro war nicht sicher; zu viele Leute gingen dort ein und aus. Und bevor ich das Paket nicht gesehen hatte, konnte ich nicht einmal davon ausgehen, daß ic h sämtliche Dokumente an einem Ort verstauen konnte. In einen Briefkasten hatten sie jedenfalls nicht hineingepaßt.
    Als ich nach draußen ging, sah ich erleichtert, daß Oliviers geborgter Truck nicht mehr die Einfahrt blockierte, so daß ich mit meinem Wagen rückwärts hinauffahren konnte, ohne im Schnee zu landen. Er mußte früh losgefahren sein, um Larry, den Programmierer, abzuholen.
    Ich hielt vor der Post, ungefähr zehn Minuten nachdem sie aufgemacht hatte. Mein Wagen war der einzige, der vor dem Eingang parkte. Ich stieg aus und nickte dem Postangestellten zu, der Salz auf die vereisten Stufen streute. In meinem Kopf und in meiner Brust schien jemand eine Kesselpauke mit lateinamerikanischen Rhythmen zu traktieren. Warum war ich so aufgeregt? Kein Mensch hier konnte wissen, was in dem Paket war, das ich abholen wollte.
    Ich trat an den Schalter und reichte George, dem Mann am Schalter, meinen gelben Zettel. Er ging nach hinten in den Lagerraum und kam mit einem Paket zurück, das größer war als ein Packen Schreibpapier.
    «Tut mir leid, daß Sie deswegen eigens herkommen mußten, Miss Behn», sagte George zwischen seinen Zahnlücken lispelnd und reichte mir das ziemlich schwere Paket. Dann kratzte er sich am Kopf. «Ich hätte es ja gern dem Burschen gegeben, den Sie vorhin geschickt haben, aber er hat gesagt, Sie hätten den Zettel verloren. Ich habe ihm gesagt, daß Sie es dann selbst abholen oder dem Abholer eine unterschriebene Vollmacht mitgeben müssen. Aber wie ich sehe, haben Sie Ihren Abholschein gefunden…»
    Ich stand da wie taub – als wäre jedes Geräusch ausgesperrt, als säße ich in einem schalldichten Glasbehälter. Ich hielt das Paket fest, und George sah mich an, als überlegte er, ob er mir ein Glas Wasser bringen oder Luft zufächeln sollte.
    «Ich verstehe», brachte ich krächzend hervor. Dann räusperte ich mich. «Das ist schon okay, George. Ich bin sowieso hier vorbeigekommen.» Während ich so normal wie möglich zum Ausgang ging, überlegte ich verzweifelt, wie ich die Frage stellen könnte, auf die ich unbedingt eine Antwort brauchte. Als ich an der Tür war, wußte ich es.
    «Ach, übrigens, George», sagte ich. «Ich habe einige Leute gebeten, das Paket für mich abzuholen, wenn sie zufällig vorbeikommen. Wer ist denn hier gewesen? Dann kann ich den anderen sagen, daß es sich erübrigt hat.»
    Ich erwartete, daß er sagen würde: «Ein neues Gesicht in der Stadt» oder etwas Ähnliches. Aber was er sagte, ließ mein Blut erstarren.
    «Wieso… es war Mr. Maxfield. Seine Adresse ist die gleiche wie Ihre. Deshalb hätte ich ihm das Paket gern mitgegeben. Aber die Vorschriften sind nun mal so.»
    Olivier! Es war wie ein Schlag in den Magen. Ich sah die Truckscheinwerfer vor mir – und heute die leere Einfahrt. Ich versuchte zu lächeln und dankte George. Dann ging ich hinaus und stieg in meinen Wagen, wo ich eine Weile mit dem Paket auf dem Schoß sitzen blieb.
    Obwohl ich wußte, daß es unsinnig war, nahm ich den Hirschfänger aus dem Handschuhfach, den ich dort aufbewahrte und der noch nie ein Stück Wild berührt hatte. Ich zerschnitt die Paketschnur und riß das

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