Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
wir uns setzten. Das bedeutete, daß wir noch eine Weile stehen würden, weil Laf sich ungern zu etwas genötigt fühlte. Er warf seine schlohweiße, schulterlange Mähne in den Nacken und sah mich mit seinen durchdringenden blauen Augen an.
    «Du bist noch schöner geworden als deine Mutter», sagte er. «Danke, Onkel Laf. Du siehst großartig aus», sagte ich. «Darf
    ich dir meinen Freund vorstellen: Olivier Maxfield.» Olivier lächelte, aber bevor er etwas sagen konnte, trat die
    junge Frau, die mit Laf gekommen war, nach vorn. Laf hob den Arm, und sie legte ihre schmale, elegante Hand darauf und lächelte uns an.
    «Freut mich sehr», sagte Laf. «Gavroche, das ist meine Begleiterin Bambi.»
    Bambi?
    Das mußte ich Onkel Laf wirklich lassen: Dieses Mädchen war nicht der übliche Exotikverschnitt, mit dem er sich seit dem Tod von Pandora, die die große Liebe seines Lebens war, zu schmücken pflegte. Im Gegenteil. Sie war atemberaubend, eine der schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte. Sie hatte ein Gesicht, das wie gemeißelt wirkte, mit schimmernden Augen und vollen Lippen, und das von üppigem, blondem Haar umrahmt wurde. Sie trug einen cremefarbenen, einteiligen und figurbetonenden Veloursanzug, dessen Reißverschluß weit genug geöffnet war, um die Fülle darunter nicht nur ahnen zu lassen. Aber es war nicht nur ihre üppige Schönheit, die den Saal in völliger Stille verharren ließ. Es ging etwas Strahlendes von ihr aus, als wäre sie aus lebendigem, atmendem Gold. I hr Haar glänzte wie ein Wasserfall, wenn sie sich bewegte. Ihre Haut hatte die sanfte Glut einer reifen, sonnenwarmen Frucht, und in ihren weit auseinanderliegenden Augen tummelten sich winzige goldene Funken. Jawohl, wegen eines solchen Gesichts waren tausend griechische Schiffe über das schäumende Meer gefahren, war Ilion in Schutt und Asche versunken. Okay –, vielleicht war ich nur neidisch – aber irgend etwas mußte faul an ihr sein.
    Dann öffnete sie den Mund und sagte: «Grüß Gott, Fräulein Behn. Ihr Onkel hat mir so viel von Ihnen erzählt. Ich habe mein Leben lang davon geträumt, Sie kennenzulernen…»
    Sie reichte mir die Fingerspitzen ihrer Hand wie einen schlappen Waschlappen, und ihre Augen, die vorhin unendlich tief gewirkt hatten, erschienen mir jetzt nur unendlich leer. Ich warf Olivier einen Blick zu, der achselzuckend und ein bißchen traurig zurückgrinste. Bambis Oberstübchen war eindeutig sparsam möbliert.
    «Ich hoffe, ihr beide werdet wie Schwestern sein», sagte Laf und drückte Bambis Arm.
    Dann wandte er sich unserem Tisch und den wartenden Kellnern zu, was für uns das Signal war, das gleiche zu tun. Das transsylvanische Faktotum Volga Dragonoff – der jeden Wunsch und jede Laune seines Herrn schon im voraus wußte – suchte sich einen Stuhl in der Nähe der Saaltür und nahm dort mit Lafs Cape auf dem Schoß Platz. Ich nickte Volga lächelnd zu und legte zum Gruß die Finger an die Stirn, und er nickte zurück, aber ohne zu lächeln. Volga lächelte nie.
    «Bambi ist eine außerordentlich begabte Cellistin», sagte Laf zu Olivier. Ich wußte, was das bedeutete. «Jeder weiß», fuhr er fort, «daß das geschickte Greifen sowie die Beweglichkeit und Kraft des bogenführenden Handgelenks alle großen Saiteninstrumentalisten auszeichnen. Aber nur sehr wenige wissen, daß es beim Cello vor allem darauf ankommt – »
    «…wie man es zwischen die Schenkel klemmt», beendete ich seinen Satz.
    Olivier sah mich an, gluckste und griff nach dem Wasserglas. «Sehr richtig», bestätigte Laf, während der Oberkellner die Speisekarten brachte. «Der Körper des Künstlers muß selbst zum Instrument werden, das die Musik in einer alles
    umfassenden, leidenschaftlichen Umarmung umschließt.» «Das leuchtet mir ein», brachte Olivier mühsam hervor und
    blickte bewundernd auf Bambis olympischen Körper. «Ich nehme die Oeufs Sardou», sagte Laf zum Oberkellner,
    der die Bestellung persönlich aufnahm. «Aber mit sauce béarnaise und reichlich Zitrone.» Und nachdem er auch für Bambi bestellt hatte, als ob sie dazu nicht imstande gewesen wäre, wandte er sich an Olivier und mich.
    «Gavroche, wollt ihr jungen Leute vielleicht nach dem Brunch Ski laufen?»
    Als ich den Kopf schüttelte und auf meinen verletzten Arm deutete, meinte er: «Dann werden wir unser privates Plauderstündchen abhalten, während die anderen Ski laufen. Aber jetzt, beim Essen, könnte ich euch eine Geschichte von allgemeinerem

Weitere Kostenlose Bücher