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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihnen bald zur lieben Gewohnheit, ungeachtet der Tatsache, daß dieses «neue» Land schon von anderen genutzt wurde. Und sie waren auch nicht bereit, es mit anderen zu teilen.
    In weniger als einem Jahrhundert hatten sich diese Treck-Buren den größten Teil des von den Hottentotten bewohnten Landes angeeignet. Sie hatten die Hottentotten und deren Kinder versklavt und die Buschmänner verjagt und nahezu ausgerottet. Wenn die Buren, die sich für eine von der göttlichen Vorsehung auserwählte höherstehende Rasse hielten, tatsächlich irgendwo siedelten, umgaben sie ihre Höfe mit den dichten, dornigen Hecken des Bittermandelbaums – dem ersten deutlichen Apartheidsymbol –, denn diese Hecken sollten nicht nur Raub und Diebstahl verhindern, sondern auch, daß sich Eingeborene und Buren vermischten.
    Das wäre vielleicht so weitergegangen, aber im Jahr 1795 eroberten die Engländer das Kapland. Auf Veranlassung des im Exil lebenden Prinzen von Oranien, denn die Niederlande waren von französischen Revolutionstruppen besetzt, kaufte England die Kapkolonie von den Niederlanden für sechs Millionen Pfund. Die Buren waren bei diesem Handel nicht nach ihrer Meinung gefragt worden, und nun sollten sie Untertanen einer britischen Kronkolonie werden und sich einer Ordnung fügen, die ihrer bisherigen Lebensweise widersprach.
    Dann kamen immer mehr Menschen ins Land, sie stammten aus England, Schottland und Irland – Pflanzer und Siedler mit ihren Frauen und Kindern sowie Missionare, die in den Busch zogen, um die Eingeborenen zum christlichen Glauben zu bekehren. Die Missionare waren empört, als sie sahen, wie die einheimischen Stämme behandelt wurden, und berichteten darüber. Knapp vierzig Jahre später, im Jahr 1833, erzwang die britische Regierung die Freilassung der Sklaven per Gesetz, was für die Buren völlig unakzeptabel war. Und damit begann der Große Treck.
    Tausende zogen über den Oranje durch Natal und in die Wildnis des nördlichen Transvaal, um sich der britischen Herrschaft zu entziehen. Sie nahmen sich das gesamte Territorium von Betschuana und kämpften erbittert gegen die kriegerischen Zulu. Diese «Vortrekker» bildeten Wehrlager und lebten ständig am Rand der Anarchie, aber sie hielten sic h immer noch für die Auserwählten Gottes.
    Der fanatische Glaube der Buren an ihre rassische Überlegenheit wurden von der separatistischen Reformierten oder Dopper-Kirche unterstützt. Einer ihrer leidenschaftlichsten Anhänger war der junge Paulus Kruger, der später als Präsident der Republik Transvaal den Burenkrieg entfachte. Die Führer solcher calvinistischer Kirchen hatten früh erkannt, daß etwas unternommen werden mußte, um die Vormachtstellung der auserwählten, für immer reinen, für immer weißen Buren zu sichern und auszubauen.
    Im Einvernehmen mit der Kirche wurden aus den Waisenhäusern in Holland junge Mädchen geholt, für die niemand finanziell aufkam und die praktisch keine Zukunftsaussichten hatten. Ganze Schiffsladungen mit Mädchen, von denen viele fast noch Kinder waren, wurden zu den Kapkolonien verfrachtet als Bräute für die Buren in der Wildnis des «Veldt». Im späten Winter des Jahres 1884 befand sich unter diesen Mädchen eine junge Waise namens Hermione, die meine Mutter werden sollte.
    Sie war kaum sechzehn Jahre alt, als sie erfuhr, daß sie mit einer Schar anderer junger Mädchen nach Afrika geschickt werden sollte, um einen Mann zu heiraten, von dem sie noch nicht einmal den Namen kannte.
    Über Hermiones Herkunft ist nichts bekannt; wahrscheinlich war sie ein uneheliches Kind, das die Mutter ausgesetzt hatte. Sie wuchs in einem calvinistischen Waisenhaus in Amsterdam auf, wo sie oft darum betete, es möge etwas geschehen, das sie aus diesem tristen Leben herausführen würde. Aber sie hatte bestimmt nicht damit gerechnet, daß Gott ihre Bitte erfüllen würde, indem er sie wie Zuchtvieh um die halbe Erde schickte. Dazu kam, daß sie dank ihrer streng calvinistischen Erziehung nicht einmal wußte, was eine eheliche Verbindung bedeutete; und was sie dem Geflüster der anderen Mädchen entnahm, machte ihr nur noch mehr angst.
    Als das Schiff im Hafen von Natal anlegte, wurden die jungen Frauen und Mädchen, die von der stürmischen Seereise erschöpft, schlecht ernährt und verängstigt waren, von einer Horde betrunkener Burenfarmer, den für sie vorgesehenen Ehemännern, begrüßt, die keine Lust hatten, zu warten, bis die Kirchenältesten eine geeignete Partnerin

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