New York für Anfaengerinnen
Puzzleteilchen ihrer Klo-Konversationen miteinander kombinierte.
Zoe mied seinen Blick und versuchte desinteressiert auf die Straße zu gucken.
»Du meinst nicht etwa Mc-Schlei-mi?«, wiederholte Eros und betonte jede einzelne Silbe wie ein Deutsch-als-Fremdsprache-Lehrer.
Zoe spürte, wie sie noch eine Schattierung Dunkelrot zulegte und einfach nichts dagegen tun konnte. Sie zog es bockig vor zu schweigen, was ihr natürlich nicht im Geringsten weiterhalf.
Mimi war verwirrt: »McDreamy? McSchleimi? Wer denn nun?«
»McDreamy ist McSchleimi«, erklärte Eros. »Und McGirlie hier hat offenbar was mit ihm. Er ist außerdem der neue Chef. Thomas Prescott Fiorino.«
Es dauerte ein bisschen, bis Mimi die diversen Macs geistig sortiert hatte. »Tom ist doch erst vor vier Wochen wieder in der Stadt. Wann hast du den denn klargemacht?«, fragte sie verwundert.
»Am Sonntag vor vier Wochen.«
Mimi lachte. »Guter Fang!«
»Wieso? Kennt ihr euch?«
»Sag bloß, du weißt nicht, mit wem du da gerade anbandelst?«
»Nicht wirklich. Und wir haben auch nur ein Mal …«
»Thomas Prescott Fiorino – hmmmmm«, unterbrach sie Zoe, und ihr Blick wurde ein wenig nostalgisch. »Mit dem hab ich mal geknutscht, als ich fünfzehn war oder so, bis seine ganzkörpergebügelte Mutter uns erwischt, einen Riesenaufstand gemacht und nicht nur Toms Eltern, sondern auch den headmaster davon unterrichtet hat. Wir waren damals auf der gleichen Privatschule. The Dalton School . Upper East Side. 40.000 Flocken pro Schuljahr. Teurer als Harvard. Tom kommt aus einer der mächtigsten – und reichsten – Familien der Ostküste. Seine Mutter ist eine Whitney.«
Zoe starrte Mimi nur mit untertassengroßen »Ich bin aus Herpersdorf bei Ansbach«-Augen an.
»Hallooooo! Erde an Zoe! Cornelius Vanderbilt Whitney war einer der berühmtesten Investoren der USA. Er hat die Fluglinie Pan Am mitgegründet und Hollywood-Streifen wie Vom Winde verweht finanziert. Seine Mutter, Fiorinos Urgroßmutter, hat das Whitney Museum bauen lassen!«
Zoe schwirrte der Kopf.
»Tom hält den Rekord der gebrochenen Herzen. Es gibt wohl keine New Yorkerin meiner Generation und eines gewissen gesellschaftlichen Status, mit der er noch nichts hatte. Vor ein paar Jahren ist er dann nach England verschwunden.« Mimi machte eine nachdenkliche Pause, als leide sie kurzzeitig unter Amnesie, weil sie nichts über seine Zeit bei den Briten zu berichten wusste. Dann fuhr sie fort: »Irgendwie war er dann von der Bildfläche verschwunden. Aber früher, da habe ich ihn ständig beim Ausgehen getroffen – nur immer mit neuem arm candy . Du weißt doch, was arm candy ist, du kleine Europäerin, oder?«
Zoe schüttelte nur den Kopf.
»Weibliche Deko zum Ausgehen und Gesehenwerden. Vorzugsweise bergdorf-blond mit Kleidergröße 0.«
Zoes Landei-Gehirn brauchte etwas Zeit, um die Masse dieser Upperclass-Anekdötchen zu verarbeiten.
»Komm übermorgen zur Vernissage in meine Galerie, da zeige ich dir die feine New Yorker Gesellschaft«, schlug Mimi vor, aber es hörte sich eher an wie ein Befehl. Dann schüttelte sie den Kopf: »Unter welchem Felsbrocken hast du denn bisher gelebt?«
Vielleicht hatte Zoe Schuhmacher tatsächlich bisher unter einem Felsbrocken gelebt – einem namens Herpersdorf bei Ansbach. Dort, wo sie herkam, aus dem ländlichen Mittelklasse-Deutschland, gab es einfach keine reichen Leute. Jedenfalls kannte sie keine. Viel Geld hatte in den Siebziger- und Achtzigerjahren jemand, der einen Mercedes fuhr und keinen Opel. Der mit seiner Familie in den Urlaub flog, statt mit dem Auto nach Österreich oder Italien zu fahren. Über die wurde im Dorf natürlich gerne geredet. Aber als reich galt eigentlich nur einer: der Apotheker aus Ansbach. Dem gehörten alle drei Apotheken in der Stadt, und er lebte mit seiner Familie in einem Bungalow, was Zoes Mutter beneidenswert modern fand, weil die Apothekersfrau »nie mehr Treppen steigen« musste. Die Apothekerstochter bekam ein eigenes Pferd zum fünfzehnten Geburtstag, was in Zoes damaliger Welt wirklich den Gipfel des Irrsinns bedeutete. Zoe durfte nicht einmal Reitstunden auf dem Pferdehof nehmen. Damit fangen wir gar nicht erst an, hatte ihre Mutter entschieden, so was sei ein »Hobby für Besserbegüterte«.
Zugegeben, später in München beobachtete Zoe dann immer mal wieder von fern die Baby-Schimmerlos-Schickeria. Dort liefen ihr auch die ersten vons über den Weg – von Mutius, von Berlebach –, die fünf
Weitere Kostenlose Bücher