New York für Anfaengerinnen
eigentlich zu deinem spektakulären Vornamen gekommen?«, fragte Zoe Eros, der einen dieser exakt zurechtgestutzten Hipster-Vollbärte und eine Aviator-Sonnenbrille trug.
»Ich bin im bayerischen Straubing aufgewachsen und da hat Eros Ramazotti 1988 ein Konzert gegeben …«
Zoe gluckste schon jetzt vor Lachen.
»… und den Lieblingsschmachtfetzen meiner Mama gesungen: Musica è.«
Der Niederbayer Eros Mittermayer verzog das Gesicht, als hätte er Pepsi Zero statt der bestellten Diet Coke serviert bekommen: »Und deshalb hat sie ihren Erstgeborenen nach Eros Ramazotti benannt. Das habe ich ihr nie verziehen.«
»Sehr kosmopolitisch«, kriegte Zoe noch raus, ehe sie so lachen musste, dass sie fast über den Tisch gespuckt hätte.
»Zoe ist auch nicht viel besser für ein Landei wie dich.«
»Mein Vater ist Dorfarzt und meine Mutter Grundschullehrerin. Sie waren Missionare in Afrika, bevor ich auf die Welt kam. Ich bin immerhin nach der preisgekrönten südafrikanischen Schriftstellerin und Dichterin Zoe Wicomb benannt – und nicht nach irgendeinem Italo-Schnulzensänger.«
»Das geht jetzt echt unter die Gürtellinie«, jammerte Eros »Musica è« Mittermayer theatralisch und warf die sorgfältig manikürten Hände gen Himmel. »Du triffst mich mitten ins Herz.«
»Wo hast du denn dein Herz?«
Plötzlich wurde es für einen Moment ruhig vor dem französischen Bistro an der 9th Avenue, als würde eine unsichtbare Macht die Aufmerksamkeit aller Anwesenden an sich reißen. Wie in einem dieser Haarspray-Werbespots schritt ein langbeiniges, fast schon überirdisch schönes Wesen in Zeitlupe aufs Pastis zu. Ihre auf den schmalen Hüften hängenden Jeansshorts waren kaum breiter als der massive Ledergürtel, den sie schräg darüber trug. Dazu schwarze Bikerboots und ein enges, weißes Männer-Rippenunterhemd sowie ein Lederhalsband, an dem ein mit Diamanten besetzter Haifischzahn hing, der bei jedem Schritt zwischen ihren Brüsten hüpfte. Die blonde Lockenmähne wehte im Drei-Wetter-Taft-Wind.
Das Wesen kam an ihren Tisch, nahm die weißen iPod-Stöpsel aus den Ohren, sagte »Hi, ich bin Mimi« und ließ sich einfach auf einen freien Stuhl fallen. Entweder hatte sie von ihrer eigenen Show nicht das Geringste mitbekommen, oder sie war so daran gewöhnt, dass es nichts Besonderes mehr war.
»Mimi, Süße, das ist meine neue Kollegin Zoe«, flötete Eros und hauchte der Mindestens-ein-Meter-achtzig-Frau, die Zoe hinreichend einschüchternd fand, lässig zwei Küsschen über den Tisch.
»Zoe, das ist Morgan Buckley Mellon, genannt Mimi. Ihr gehört die Mimi Mellon Gallery for Contemporary Art an der 26th Street«, sagte Eros und fügte ehrfurchtsvoll an: »Sie ist eine socialite – und ein Model.«
»Eros, du Schleimer«, grinste Mimi. »Für die Kohle meiner Großeltern kann ich nichts. Und das mit dem Modeln war einmal in einem früheren Leben. Mein Verfallsdatum ist längst abgelaufen. Ich bin sozusagen angeschimmelt.« Und zeigt auf die Krähenfüße, die sich um ihre Augen bildeten, wenn sie lachte. »Da hilft auch die Eye Contour Cooling Mask von La Mer nichts mehr. Nur noch eine operative Runderneuerung. Aber ich will ja nicht enden wie Meg Ryan.«
Die Frau begann Zoe zu gefallen.
Die drei tranken Eistee, und Mimi wollte alles über Zoe wissen. Woher sie kam, was sie machte, und vor allem, was sie hier in New York tat. Und Zoe erfuhr nebenbei, dass Mimi und Eros sich bei einem Fashion Shoot in Mimis Galerie kennen und (rein platonisch natürlich) lieben gelernt hatten. Und dass Mimi mit ihren nicht erkennbaren vierzig Jahren einfach keinen Kerl fand.
»Männer meiner Altersklasse sind entweder Umtauschware, schwul, oder sie stehen auf Minderjährige«, klagte sie. »Und wie ist deine aktuelle Männerlage?«
Zoe wurde rot. Feuer-Tomaten-Paprikarot mit vereinzelten Himbeerflecken hier und da, um es genau zu sagen.
»Davon weiß ich ja gar nichts«, empörte sich Eros, der sofort begriffen hatte, dass es sich lohnte, bei diesem Thema nachzubohren. »Dabei bin ich dein bester Klo-Freund!«
»Wer ist der Kerl?«, wollte Mimi wissen.
Zoe zögerte. Sie konnte unmöglich die Wahrheit sagen. »Mein Nachbar.«
»Und wie sieht der aus?«
»Ein bisschen wie McDreamy«, sprudelte es aus ihr heraus, und sie hätte sich die Zunge abbeißen können, denn die aufmerksamen Antennen von Eros hatten das natürlich sofort registriert.
»McDreamy?«, fragte er scheinheilig, während sein Gehirn ganz offensichtlich
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