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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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nur Dauergäste dort wohnen. Schnöden Besuchern bleibt es also verwehrt, Zimmer 100 zu reservieren, wo der Geist von Sid Vicious spuken soll.
     
    ( New York für Anfängerinnen , S. 19)

 
    Zoe stürzte sich in Arbeit, damit sie endlich aufhörte, diese peinliche, weinduselige Szene am Gartenzaun in Dauerschleife vor Augen zu haben. Needy nannte Mimi solche Frauen wie Gartenzaun-Zoe abfällig. Frauen, die quengelig waren und ständig irgendwelche emotionalen Dinge von Männern forderten, auf die diese mangels emotionaler Synapsen in ihren Gehirnen gemeinhin keine Lust hatten. Und so eine wollte Zoe Schuhmacher absolut-überhaupt-nicht sein.
    Sie hatte mittlerweile einen Programmierer gefunden, der weder Veganer war noch einen Hund besaß. Leider! Denn das hieß, dass sie endlich mit ihrem Artikel über »Die Geliebte« fertig werden musste und sie nicht weiter über den Stand ihrer Nicht-Beziehung mit Tom dauergrübeln konnte. Es war kurz vor halb fünf Uhr nachmittags, Zoe hatte einen Venti Skinny Vanilla Latte – das war der in Putzeimergröße – und ein Dokument mit sagenhaften zwei von benötigten dreihundert Zeilen vor sich auf dem Schreibtisch. Morgen früh um neun Uhr deutscher Zeit war Abgabe für den Channel Sex & Partnerschaft samt ihrem Aufmacherstück. Das roch verdammt nach Nachtschicht. Wenn sie »Die Geliebte« – ihr erstes Stück für den neuen Chefredakteur – versemmelte, würde Lord Voldemort sie vermutlich vierteilen, ihre sterblichen Überreste auf offenem Feuer grillen und medium-rare seinen Praktikantinnen zum Lunch vorwerfen. So viel stand fest!
    Überhaupt war Zoe überrascht, dass der neue Chef ein Projekt, das die alte Chefin angestoßen hatte, noch wollte. Genauso, dass der neue Chef eine Digital Queen, die die alte Chefin eingestellt hatte, noch wollte. Aber woher sollte man schon wissen, was in den düsteren Gehirnwindungen eines Menschen vorging, der seit seinem dreizehnten Geburtstag nur Schwarz trug?
    Zoe spürte, wie Panik in ihr aufstieg. Ihr Herz raste, ihre Hände wurden schwitzig und es fühlte sich an, als würde sie langsam von einer dunklen Wolke voller noch dunklerer Gedanken eingehüllt. Was passierte, wenn ihr nichts einfiel und sie morgen früh immer noch mit zwei Zeilen dasaß?
    Es wurde suppig-warm in Büro. Draußen waren es noch einmal fast dreißig Grad und drinnen im Chrysler Building hatte die Hausverwaltung die Klimaanlage einfach abgedreht. Man sollte meinen, dass man in einem Erste-Welt-Land selbst bestimmen durfte, wann man schwitzen oder frieren wollte. Etwa in Form eines Zimmerthermostates. War in vielen amerikanischen Gebäuden aber nicht vorgesehen. Im Sommer machten die Kolleginnen sogar immer sperrangelweit die Fenster im Büro auf, weil die zentralkommunistisch gesteuerte Klimaanlage so saukalt dauerpustete. Und zu Büroschluss, pünktlich um achtzehn Uhr, wurde sie dann einfach abgestellt.
     
    Diverse panische innere Monologe und quälende Stunden später sammelten sich doch immer mehr Buchstaben und Sätze auf Zoes Bildschirm – und irgendwann war sie endlich fertig.
    Zoe Schuhmacher war halt doch ein Profi.
    Es war nach Mitternacht. Sie hatte ihren Text so oft durchgelesen, dass sie gar nicht mehr beurteilen konnte, ob er jetzt genial war oder einfach nur abgrundtief bescheuert. In Berlin hatte sie den Ausdruck eines Reportage-Manuskripts einmal in ähnlicher Panik abends mit nach Hause genommen und auf ihrem Schreibtisch liegen lassen. Am nächsten Tag hatte ihr Kater Mr. Big einmal quer darüber gekübelt. Man musste es ihm lassen, der Vierbeiner hatte ein gutes Gespür für das journalistische Handwerk. Zoes damaliger Ressortleiter hatte das Stück nämlich ebenfalls zum Kotzen gefunden, und sie musste es noch einmal völlig neu schreiben.
    Zoe ergab sich also mutig ihrem Schicksal und drückte auf »E-Mail senden«. Weg war »Die Geliebte« – und ihre Karriere vielleicht ebenfalls. Sie packte ihre Sachen, ging zur Tür, die sich plötzlich von ganz alleine öffnete, und ein Mann stand vor ihr.
    »Ahhhh«, quietschte Zoe erschrocken.
    »Ahhhh«, quietschte der Mann erschrocken.
    »Eros, was machst du hier mitten in der Nacht?«
    »Zoe, was machst du hier mitten in der Nacht? Ich habe noch Licht gesehen bei dir im Büro.«
    »Ich habe ‚Die Geliebte‘ für Lord Voldemort fertig geschrieben, du Nase.«
    »Und ich komme gerade vom Fotoshooting mit Cara Delevigne zurück und wollte nur noch schnell den ganzen Leihschmuck in den Safe

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