New York für Anfaengerinnen
werfen. Ich spaziere ungern nachts um eins mit Diamantencolliers im Wert von ein paar hunderttausend Dollar durch die Gegend.« Eros machte eine vorsichtige Pause: »Bist du fertig geworden?«
»Ja, fertig schon, aber ich habe panische Angst, dass Voldemort es mir transatlantisch um die Ohren hauen wird. Meinst du, der Schluss ist okay so?«
Sie las vor.
Natürlich wird er sich nie von seiner Frau trennen. Warum sollte er auch? Er hat doch alles, was er will. Und die Geliebte? Sie wird weiterhin auf ihn warten.
»Mach dir keine Sorgen, Süße«, versuchte Eros sie zu beruhigen, aber seine Augenlider flatterten nervös. »Der Schluss ist zwar gnadenlos trostlos, aber er gefällt ihm bestimmt. Er wird sich in deinem Stück wiederfinden. Schließlich leidet er ja selber darunter, ein Geliebter zu sein.«
In diesem Moment begann die Erdkugel sich langsamer zu drehen, um dann ganz stehen zu bleiben. Die gelben Taxis unten vor der Tür hielten an. Flugzeuge über dem nächtlichen Himmel von Manhattan blieben mitten im Flug einfach am Horizont kleben. Wie in Zeitlupe schlug Zoe die Hände vors Gesicht, denn ihr Gehirn konnte diese klitzekleine, vermeintlich völlig unwichtige Information schneller verarbeiten und an ihre Gliedmaßen senden, als eine Antwort an ihre Zunge zu funken.
»Aaron Papst ist WAS?«
»Na, ein Geliebter! Wusstest du das nicht? Das gibt es heutzutage auch bei Männern. Der Papst ist seit ein paar Jahren der andere Mann der Hamburger Reederei-Erbin Gravenbroicht. Er soll ihr sogar schon vergeblich einen Heiratsantrag gemacht haben. Aber sie trennt sich einfach nicht von ihrem Gatten.«
»WARUM HAT MIR DAS KEINER GESAGT?«, brüllte Zoe und wollte gar nicht an die Einzelheiten denken, die sie schonungslos über die betrübliche Spezies der Geliebten geschrieben hatte.
»Na, weil es doch jeder weiß.«
»ABER ICH NICHT!«
Jetzt ging Eros ein Licht im Baustellenscheinwerferformat auf. »Oh, Mist. Mist. Mist. Was machen wir denn nun? Kannst du die E-Mail nicht noch mal zurückholen?«
»Was ist denn das für eine doofe Frage? Bin ich Steve Jobs oder was? Habe ich Apple-Mail erfunden?« Zoe merkte, wie sie langsam hysterisch wurde.
»Da hilft nur eins«, sagte Eros bestimmt. »Lass uns einen trinken gehen.«
»Ich brauche keinen Drink, Eros. Ich brauch eine ganze Bar«, jammerte Zoe. »Meine Karriere ist am Ende.«
»Ich weiß den perfekten Ort«, lachte »Musica è«, schob Zoe aus dem Büro und in den Aufzug, danach in ein gelbes Taxi und befahl dem Fahrer: »Meatpacking District. 13th Street Ecke Washington Street, zu Hogs & Heifers . «
»Was is’n das?«
»Das ist die legendärste Biker-Bar südlich des Nordpols.«
Das Hogs & Heifers stach wie ein Relikt aus alten Meatpacking-District-Zeiten aus der neuen Sauberkeit heraus. Vor der Tür parkten chromblitzende Harley Davidsons auf dem holprigen Kopfsteinpflaster, flankiert von im wahrsten Sinne des Wortes schweren Jungs in Ganzkörperleder. Innen drin war es zappenduster und es roch wie in einer Seemannskneipe nach altem Zigarettenqualm und noch älterem Bier. Der Boden papp-quietschte beim Drüberlaufen. Fehlten nur noch die Sägespäne eines Western-Saloons. Hipster, Wall Streeter und Rocker gaben ein krude gemischtes, aber friedliches Publikum ab. Jon Bon Jovi donnerte aus den Lautsprechern.
»Das ist genau der richtige Ort für die letzte flüssige Mahlzeit vor der Exekution einer Unwissenden«, stellte Zoe anerkennend fest.
Eros bestellte Bier und Tequila. Zoe hasste Bier und Tequila. Sie tranken Bier und Tequila. Erst eine Runde, dann zwei, dann drei. Dann hörte Zoe auf zu zählen. Irgendjemand legte Brown Sugar von den Rolling Stones auf; vielleicht kam der Song auch nur aus der Jukebox. Zoe wusste es nicht. Ein Mädchen sprang auf die Theke, hinter der ein riesiges Elchgeweih hing. Davon konnte man allerdings kaum etwas sehen, weil hunderte von BHs auf ihm hingen. Schwarze, weiße, pinkfarbene. Mit Blümchen oder Spitzen verzierte oder in Lackleder gehaltene. Die Menge johlte erwartungsvoll, als das Mädchen lasziv die Hüften kreisen ließ. Sie hielt eine Flasche Bud light fest in der Hand. Das Mädchen warf die Bierflasche einem der Johler zu, damit sie beide Hände frei hatte. Die schob sie sich dann in Zeitlupe unter das T-Shirt und fummelte die Schnalle ihres BHs auf. Die Meute johlte, geriet fast außer sich. Geschickt zog das Mädchen den himbeerfarbenen Push-up aus einem T-Shirt-Ärmel raus und schwang
Weitere Kostenlose Bücher