New York für Anfaengerinnen
ihn triumphierend wie ein Lasso über ihrem Kopf. Er landete auf dem Elchgeweih. Tosender Applaus. Das Mädchen tanzte glücklich wippend weiter.
»Dafür könnte man in anderen US-Bundesstaaten verhaftet werden«, brüllte Zoe Eros zu.
Der grinste nur.
»Das will ich auch.«
»Zoe, nein!«
Und schon stand sie auf der Theke.
*
Am nächsten Morgen weckte Zoe das schrille Standard-Klingeln ihres Handys. Jedes normale Klingeln war besser als individuelle Hitparaden-Klingeltöne. Zoe weigerte sich strikt, Lady Gaga oder Katy Perry auf ihr Handy zu laden. Sie war schließlich keine fünfzehn mehr und musste ihren Mitmenschen nicht via Musikgeschmack beweisen, wie cool sie war.
Es musste noch früh am Morgen sein, denn draußen dämmerte es gerade. Zoe lag auf einem unbekannten Sofa in einer unbekannten Wohnung, die hoffentlich nicht auch noch einem Unbekannten gehörte. Sie hatte nämlich nicht die geringste Ahnung, wie – und vor allem mit wem – sie hierhergekommen war.
Das Display ihres Handys zeigte: ein verpasster Anruf CHEFREDAKTION.
»Mist, Mist, Mist«, fluchte sie und drückte auf Wiederwahl. Dabei fiel ihr auf, dass es Samstagmorgen 5.21 Uhr war.
»Chefredaktion VISION «, flötete eine Sekretärin ins Telefon. Obwohl VISION ein Monatsmagazin war, machten die Kollegen in Berlin anscheinend auf Tageszeitung. Wochenendausgabe genauer gesagt.
»Zoe Schuhmacher hier. Aus New York. Sie hatten gerade eben angerufen, als ich noch geschlafen habe. Es ist nämlich halb sechs morgens hier.«
»Och, das tut mir aber leid«, sagte die Sekretärin ohne den geringsten Anflug von Leidtun in der Stimme. »Das mit der Zeitverschiebung hatte ich mal wieder ganz vergessen. Aber da Sie eh schon wach sind, stelle ich Sie zu Herrn Papst durch.«
Aufzugmusik. Zoes Magen zog sich zusammen. Bier, Tequila und der Papst waren eine tödliche Mischung für nervöse Magenschleimhäute.
»Papst.«
»Guten Tag, Herr Papst, hier ist Zoe …«
»Ich weiß«, unterbrach er sie rüde.
Jetzt würde er sie rausschmeißen. Kündigung per Telefon. Das hatte ja fast noch Stil. Joe von den Jonas Brothers hatte mit Demi Lovato schließlich per SMS Schluss gemacht. Und die Lovato fand sich dann mit ihren ganzen achtzehn Jahren in der Betty-Ford-Entzugsklinik wieder. Um mit persönlichen Problemen, wie es offiziell so schön hieß, psychologisch fertig zu werden.
»Ihr Stück ist nicht schlecht«, holte Voldemort sie aus ihrem gedanklichen Albtraum zurück. »Hätte Ihnen gar nicht zugetraut, dass Sie tatsächlich ein bisschen schreiben können. Und der neue Channel ist auch nicht ganz übel. Sie dürfen weiterhin von New York aus für mich arbeiten. Auch wenn ich eigentlich geplant hatte, Sie rauszuschmeißen.«
Tut tut tut.
Eingehängt.
Einfach so.
»Danke fürs Gespräch auch«, sagte Zoe noch. Sie wusste nicht, ob sie lachen sollte oder heulen. Voldemort mochte ihr Stück. Sie würde nicht sofort gefeuert werden und nicht zur Apothekenrundschau wechseln müssen.
»Sie dürfen weiterhin für mich arbeiten«, äffte Zoe Voldemort nach. »Auch wenn ich eigentlich geplant hatte, Sie rauszuschmeißen.« Das musste man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, bevor einem speiübel wurde, dachte Zoe. »Ein ‚Auf Wiederhören‘ hätte das ungehobelte Männchen zumindest noch anfügen können.«
Zoe sah sich um. Wenn ihr Voldemort nicht den Appetit vermasselt hätte, würde sie jetzt frühstücken wollen. Stattdessen musste sie erst einmal nachforschen, in wessen Butze sie hier überhaupt gelandet war. Und vor allem warum? Sie schlich also auf Zehenspitzen dem rasselnden Schnarchgeräusch nach, das vermutlich aus dem Schlafzimmer kam. Es standen eindeutig Männerschuhe davor, andererseits war eine Lichterkette mit gelben Tweetie-Figuren über dem Rahmen drapiert. Die Tür war einen Spalt geöffnet und gab den Blick auf einen sehr nackten, sehr voluminösen und vor allem sehr behaarten Hintern preis.
»Igittttt.« Zoe schüttelte es. Die Rückseite von Eros »Musica è« Mittermayer, der es offenbar bevorzugte, unbekleidet zu nächtigen. Eros wälzte sich auf die andere Seite, und seine Vorderansicht, die seinem Vornamen nicht wirklich Ehre machte, kam ins Blickfeld. Zoe flüchtete zurück ins Wohnzimmer und zog die Decke über den Kopf. Realität konnte grausam sein.
Es rumpelte. Jemand stand auf.
»Süße, bist du wach?«, fragte eine verschlafene Stimme, die vom Gefühl her etwa drei Meter von ihr entfernt stehen
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