New York für Anfaengerinnen
schnell die Hände unter Zoes Pulli hervor und drehte sich so geschickt zur Küchentür um, dass die knallrot angelaufene Zoe voll von ihm verdeckt wurde. »Auf der Terrasse, bitte.«
Zoe winkte seitlich hinter ihrer Tom-Mauer hervor und rief: »Hallo auch.«
Lucia sagte: »Sehr wohl« und verschwand Richtung Terrasse. Und Zoe und Tom kicherten wie zwei Teenager, die beim Knutschen im Geräteraum der Turnhalle ertappt wurden.
»Hätte auch meine Mutter sein können.«
»Die das unsittliche Geplänkel auf ihrer Küchentheke sicherlich nicht goutiert hätte. Wie lautet hier eigentlich das offizielle Protokoll? Werden unverheiratete Besucherinnen ins hinterste Gästezimmer verbannt?«
Tom lachte nur und konzentrierte sich wieder auf ihr Ohrläppchen. »Mal sehen.« Dann küsste er sie wieder – bis Lucia erneut im Türrahmen stand und ganz offensichtlich die Küche in Beschlag nehmen wollte.
»Lass uns zum Strand gehen, bis der Lunch fertig ist«, schlug Zoe ein wenig entnervt vor. »Du hast das Personal ganz offensichtlich nicht im Griff.«
Die Terrasse der Fiorinos grenzte an einen Rasen, auf dem man mühelos einen Neun-Loch-Golfplatz hätte einrichten können. An dessen Ende führte ein von der Witterung ergrauter Holzsteg an wässrig-blau blühenden Hortensienbüschen und hohen Pampasgräsern vorbei über die Dünen zum Atlantik. Der breite Strand war menschenleer.
»Das architektonische Ungetüm nebenan ist Calvin Kleins Sommerresidenz«, erklärte Tom und deutete auf einen langgezogenen, gläsernen Kasten, der Zoe an diese neuen Abgeordnetengebäude in Berlin erinnerte. »Er hat ihn für fünfundsiebzig Millionen Dollar bauen lassen, inklusive Tiefgarage und Designersanddünen, weil ihm die Form der natürlichen Dünen nicht gefallen hat. Meine Eltern sind not amused .«
»Du lebst in einer anderen Welt«, sagte Zoe nur kopfschüttelnd.
»Und du lebst jetzt in meiner«, antwortete er, legte den Arm um sie, zog triumphierend grinsend ihren Kopf an seine Schulter und küsste sie ins Haar.
Nach dem Lunch wählte Tom den waldgrünen Jaguar XT aus der Autosammlung in der Garage aus und zeigte Zoe Southampton. Sie spazierten Hand in Hand die Jobs Lane hinunter, vorbei an Läden wie Chanel, Versace und Saks Fifth Avenue. Selbst auf den Bürgersteigen herrschte eine Atmosphäre wie beim Fünf-Uhr-Tee im Four Seasons Hotel. Neben ihnen stöckelten sorgfältig ondulierte, aber spärlich ernährte Damen in Pelzmänteln über Designerkostümen und mit Hüten auf den Köpfen, die farblich zu ihren Handtaschen passten. In ihrem Outfit aus Jeans, Pulli und den waldgrünen Hunter-Boots kam Zoe sich plötzlich gehörig underdressed vor. Das alles hier fühlte sich irgendwie völlig falsch an für ein Städtchen am Strand.
Am Straßenrand parkten Bentleys, Bugattis und ein paar Mercedes. Ein vielleicht zwölfjähriger Junge in einem rosafarbenen, langärmeligen Poloshirt von Ralph Lauren und exakt gebügelten Khakihosen stand breitbeinig zwischen einem Mercedes der S-Klasse und einem der M-Klasse und betrachtete beide theatralisch angewidert, als wären es Kakerlaken. Die Arme hatte er demonstrativ vor dem Oberkörper verschränkt.
»Papa, schau mal«, rief er lauthals und zeigte mit dem Finger auf die deutschen Fabrikate. »Lauter Hampton-Chevys! Igitt!«
Der Papa, im exakten Partnerlook, amüsierte sich köstlich über den famosen Wortwitz seines Sprösslings, zückte lachend den Schlüssel zu einem zitronengelben Ferrari und die beiden stiegen ein.
Tom zuckte nur mit den Schultern. »Im Grunde kommt die ganze Upper East Side Manhattans im Sommer und an Wochenenden hier heraus. Vielleicht sollten wir nach Montauk umziehen oder rüber auf die North Fork.«
»Ist es dort anders? Ich dachte, die gesamten Hamptons wären mehr oder weniger versnobbt?«
»In Montauk steigen die Surfer, Maler und Schriftsteller ab, und drüben auf der anderen Gabel der Insel, auf der North Fork, hat sich eine bunte Bourgeoisie aus Weinliebhabern, Künstlerfamilien und Slow-Food-Fans zwischen Biofarmen, Gestüten und Weingütern niedergelassen.«
»Da will ich hin!«
»Kein Problem. Möchtest du fahren?«, fragte Tom und hatte ganz offensichtlich Zoes Wunsch erraten. »Hast du überhaupt einen Führerschein?«
Sie nickte. Zwei Mal. Zoe Schuhmacher hatte einen Führerschein und wollte fahren. Sie hatte noch nie in einem Jaguar gesessen, geschweige denn jemals einen gefahren.
Es war Zoe ein bisschen peinlich, als sie mit ihrem
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