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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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gegangen wäre, hätte der Stau ruhig eine kleine Ewigkeit dauern können. Sie kuschelte sich an Tom.
    »Meine Mutter kommt aus einer anderen Welt. Die Whitneys sind eine der mächtigsten Familien Amerikas. Man hat es ihr nie verziehen, einen Katholiken italienischer Abstammung geheiratet zu haben. Auch wenn seine Familie ebenso vermögend ist und er ein angesehener Mediziner. Sie haben Charles zwar willkommen geheißen, aber nie ganz akzeptiert.«
    »Heißt du deshalb mit Mittelnamen Prescott und nicht Charles?«
    »Gut kombiniert!«, antwortete Tom und hauchte ihr einen Kuss nach dem anderen an den Hals. »Ich bin nach meinem Urgroßvater mütterlicherseits benannt, nach Prescott Schuyler Whitney III.«
    »Es war also eine Liebesheirat zwischen deinen Eltern. Gegen alle Standesgepflogenheiten?«
    »Mein Vater verehrt Kitty. Er hat sie auf Händen getragen und tut es immer noch. Sie muss die lebenslustigste Debütantin ihrer Generation gewesen sein. Der Familienstreit wegen der Heirat hat sie hart gemacht, auch wenn er längst vorüber ist.«
    Toms Mund arbeitete sich langsam in Richtung ihres Schlüsselbeines vor. »Willst du nächsten Samstag mit mir auf den Snowflake Ball gehen? Als mein offizielles Date?«
    In diesem Moment hätte Zoe Schuhmacher jede Frage mit vollster Begeisterung bejaht. Zum Beispiel auch, ob er ihr mal zum Spaß einen Weisheitszahn ohne Betäubung ziehen dürfe. Oder ob sie nicht freiwillig seine Einkommenssteuer fürs vergangene Jahr zahlen wolle.
     

Bürokratie oder: Wie funktioniert dieses Land eigentlich noch?
     
    Amerika erinnert ja doch hier (die Schlaglöcher in den Highways) und da (die geduldige Willigkeit, überall Schlange zu stehen) an die frühere DDR. Wer bisher allerdings geglaubt hat, der US-Einwanderungsbeamte am Flughafen wäre der fieseste gewesen, der einem seit dem Fall der Mauer und dem Aussterben von DDR-Grenzern begegnen kann, hat noch nie eine US-Behörde betreten.
    Wer bisher gedacht hat, die Deutschen hätten die Bürokratie erfunden, wird feststellen, dass die Amerikaner sie geradezu kafkaesk verfeinert haben.
     
    ( New York für Anfängerinnen , S. 11)

 
    »Hast du eigentlich einen amerikanischen Führerschein?«, fragte Zoe gleich am Montagmorgen ihren Lieblingskollegen Eros. »Muss man den wirklich haben?«
    »Wie kommest du denn jetzt darauf? « , wollte der wissen.
    »Na ja«, zögerte Zoe, »weil ich am Wochenende womöglich illegal Auto gefahren bin.«
    Sie wollte Eros eigentlich nicht verraten, wie und vor allem mit wem sie ihr Wochenende verbracht hatte. Nicht, weil sie »Musica è« nicht vertraute, sondern weil sie irgendwie abergläubisch war. Wie wenn man niemandem von einem tollen neuen Job erzählen wollte, bevor man den Arbeitsvertrag nicht auch wirklich unterschrieben hatte.
    »Warst du etwa auf Dienstreise?«
    Jetzt musste Zoe lachen. »Nicht wirklich. Aber der Chef war dabei.« Sie konnte dieses fabelhaft-famose Wochenende doch nicht für sich behalten. »Ich war mit Tom in den Hamptons.«
    »TOM?«, rief Eros entrüstet. »Wie in: McNachbar-Tom. Chef-Tom. »Wir wollen Freunde sein«-Tom?«
    »Genau der«, grinste Zoe vergnügt. »Er entwickelt sich aber entgegen erster Erwartungen zu McDreamy-Tom.«
    »Oh je, meine Süße. Sag bloß, es ist etwas Ernstes.«
    »Ich glaube schon. Er nimmt mich als sein Date mit zum Snowflake Ball.«
    »Wow«, staunte Eros. »Und da willst du selber mit dem Auto hinfahren? Oder warum fragst du mich nach so schnöden weltlichen Dingen wie dem Führerschein?«
    »Will ich natürlich nicht. Ich wollte nur wissen, ob ich so eine amerikanische Pappe wirklich brauche. Falls ich wieder mit ihm in die Hamptons fahre.«
    »Theoretisch muss man seinen deutschen Führerschein umschreiben lassen, wenn man länger als drei Monate im Land ist, glaube ich«, antwortete Eros.
     
    Und deshalb gingen Zoe und Eros gleich am nächsten Morgen noch vor der Arbeit auf das Kraftfahrzeugamt der Stadt New York, DMV – Department of Motor Vehicles –, Außenstelle Brooklyn. Sie hatten sich das folgendermaßen vorgestellt: Sie würden ihre deutschen Führerscheine einfach vorzeigen und dafür eine amerikanische Pappe bekommen.
    » Easy peasy «, rief Eros noch gut gelaunt.
    Die DMV-Stelle in Brooklyn war in einem Einkaufszentrum an der Atlantic Avenue untergebracht und versprühte den fatalistischen Charme einer Behörde. Es roch nach Bohnerwachs, altem Schweiß – und totalem Ausgeliefertsein. Von dreiundzwanzig Schaltern waren

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