New York für Anfaengerinnen
kannst, weil du noch nie auf den Bermudas warst«), sondern völlig sachlich.
Zoe wusste gar nicht, was sie darauf antworten sollte, so surreal erschien ihr diese Unterhaltung. Und erst jetzt dämmerte es auch Madame. »Sie sprechen hervorragendes Englisch, meine Liebe.«
»Danke«, sagte Zoe völlig überrascht von dem plötzlichen Kompliment.
»Doch Sie werden nie die Sprache meines Sohnes sprechen«, fügte Kitty an, drehte sich um und entschwand aus dem powder room .
Zoe blieb noch eine Minute vor dem Spiegel stehen und wusste nicht, ob sie lachen oder heulen sollte. »Diese Unterhaltung kann unmöglich gerade stattgefunden haben«, murmelte sie. Dann schüttelte sie sich, als wollte sie eine ekelige Spinne auf dem Arm loswerden. Draußen in der Halle wartete Tom schon auf sie. Zoe war versucht, ihm von dem charmanten Frontalzusammenstoß mit seiner Frau Mama zu erzählen, wollte aber weder ihm noch sich selbst den Abend verderben.
»Komm mit«, rief Tom und zog sie an der Hand gen Ausgang. Vor den Stufen des Metropolitan Museums wartete bereits der Chauffeur mit geöffneter Tür. »6th Avenue und 50th Street«, sagte Tom.
»Wo fahren wir hin?«, fragte Zoe.
»Das wirst du gleich sehen.«
Sie stiegen am Rockefeller Center aus, gingen durch den Seiteneingang von NBC hinein und nahmen den Aufzug zum Top of the Rock hinauf. Die Aussichtsterrasse gewährte einen 360-Grad-Blick über die Stadt. Im Süden strahlte das Empire State Building, im Osten das silber-beschuppte Chrysler Building und weiter hinten die geschwungene Brooklyn Bridge. Im Norden sah man das große nächtlich-dunkle Nichts des Central Parks und im Westen den Hudson River bis nach New Jersey hinüber. Zoe bekam Gänsehaut, weil es kalt war, vor allem aber, weil der Moment so überwältigend perfekt war. Selbst Kitty »Bermudas–im-Januar« Whitney Fiorino konnte daran nichts ändern.
»Du machst mich happy, Zoe Schuhmacher.« Tom legte die Arme um ihre Schultern und deponierte sein Kinn auf ihrem Kopf. »Du bist die erste Frau in meinem Leben, die mich wirklich happy macht.«
DEZEMBER
Miete, oder: Soll ich vielleicht unter der Brooklyn Bridge schlafen?
Die durchschnittliche Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im begehrten Manhattan beträgt derzeit rund 2.400 Dollar. Eine Zweizimmerwohnung ist ab 3.200 und eine Dreizimmerwohnung ab 4.300 Dollar zu haben. Tribeca bleibt weiterhin der teuerste Stadtteil Manhattans, wo eine Zweizimmerwohnung durchschnittlich 4.200 Dollar Miete kostet, eine Dreizimmerwohnung ab 7.800 zu haben ist.
( New York für Anfängerinnen , S. 208)
Am nächsten Morgen wachte Zoe im Apartment 47A auf. Draußen war es schon hell, und sie musste gar nicht erst die Hand ausstrecken, um zu wissen, dass Tom neben ihr lag. Sie konnte ihn förmlich fühlen. Ohne die Augen zu öffnen, dachte sie an den gestrigen Abend zurück, der zweifellos der schönste war, den sie bisher in New York erlebt hatte.
Tom und Zoe waren wieder in den Aufzug von Top of the Rock gestiegen, um nach unten zu fahren – und hätten fast den Ausstieg verpasst, wenn der Aufzugführer sich nicht dezent geräuspert hätte. Es konnte durchaus sein, dass er sich schon mehrfach dezent geräuspert hatte. Alle anderen Mitfahrenden hatten den Fahrstuhl jedenfalls längst verlassen und waren auch draußen im Gang nicht mehr zu sehen gewesen. Nur Tom und Zoe standen noch eng umschlungen in der hintersten Ecke des gläsernen Gefährts und hatten sich in eine Art Paralleluniversum geküsst.
»Ähjahmmm«, räusperte sich jetzt auch Tom, fischte umständlich einen Zehndollarschein aus der Hosentasche, steckte ihn dem verdutzten Fahrstuhlführer zu und bedankte sich überschwänglich. »Gut gemacht. Tolle Fahrt. Ganz ohne zu ruckeln. Weiter so.« Bis Zoe anfing wild zu kichern, Tom ihre Hand nahm und beide lachend nach draußen stürmten.
Zoe schlüpfte leise unter dem weißen Bettlaken hervor, um den schlafenden Tom nicht zu wecken, tapste an ihrem geliehenen Abendkleid vorbei, das in einem unordentlichen Haufen vor dem Bett auf dem Boden knüllte, und folgte der Entkleidungsspur – diverse Schuhe, eine Smokinghose, Handtäschchen, verzierte Haarklammern – Richtung Küche. Ein CSI-Ermittler würde den Tatort folgendermaßen analysieren: heftiges Geknutsche im Gang (Beweis: Stöckelschuhabsatz-Delle in und Straßendreck an der Wand), gefolgt von Handgreiflichkeiten auf der Küchentheke (Beweis: umgestoßene Wasserflasche, heruntergefallene
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