New York für Anfaengerinnen
so zügig aus der Parklücke aus, dass er fast einen vorbeifahrenden UPS-Laster rammte. Er würde wohl ein sechstes Mal wiederkommen müssen.
Trotzdem war Zoe ein bisschen mulmig, als sie mit dem fiesen Prüfer ins Auto stieg. Er sagte kein Wort, gestikulierte nur, dass sie am Fußballplatz links abbiegen sollte. Zoe blinkte gehorsam, wartete den Gegenverkehr ab und bog links ab. Dann wieder links und wieder links und wieder links. Bis sie einmal um den Fußballplatz herumgefahren waren. Zum Schluss musste Zoe noch rückwärts einparken. Nicht gerade ihre Spezialität. Die Parklücke konnte man aber nicht wirklich als solche bezeichnen, weil hinter ihr gar kein anderes Auto stand. Es war also keine Lücke, sondern – ja, was eigentlich? Der freie Seitenstreifen einer Straße? Zoe jedenfalls fehlte das Auto hinter ihr als Anhaltspunkt, sodass sie etwas zu weit weg vom Bordstein landete, was ein Durchfallkriterium war und was sie sofort korrigierte. Der Prüfer kritzelte ein paar Zeilen auf einen Zettel, gab ihn Zoe wortlos und stieg aus. Fünf Minuspunkte für »zu viel Manövrieren beim Parken«. Fünf Pluspunkte für »besonders schöne Linkskurven beim Abbiegen«.
»Ich habe bestanden!«, rief Zoe und fiel Eros um den Hals.
Jetzt erschien auch auf dem Gesicht des Prüfers ein kleines Lächeln und er sprach zum ersten Mal. »Das Fahren auf dem Highway sollten Sie erst noch üben. Vielleicht mit Ihrem Vater. Am besten am Sonntagmorgen. Da ist am wenigsten los.«
Eros und Zoe nickten nur gehorsam und taten alles Menschenmögliche, um nicht laut loszulachen.
»Jetzt erklärt sich mir so einiges«, sagte Eros leise und auf Deutsch, nachdem er die Runde um den Fußballplatz ebenfalls erfolgreich hinter sich gebracht hatte.
»Was denn?«
»Warum amerikanische Autofahrer Dinge tun, wie eben mal auf der rechten Spur des Highways zu halten, den Rückwärtsgang einzulegen und zur verpassten Ausfahrt zurückzusetzen – ohne, dass sich irgendjemand drüber aufregt und hupt.«
*
»Und was machen wir jetzt mit unserem Mietwagen?«, fragte Eros.
»Na, den geben wir auf dem Weg in die Stadt gleich wieder ab. Du fährst.«
»Mach ich doch glatt. Schließlich habe ich jetzt einen Führerschein«, grinste Eros.
Während er das Gefährt Richtung Mietwagenzentrale steuerte, checkte Zoe ihr iPhone. Wenig motiviert klickte sie sich durch die siebenundfünfzig E-Mails, die sich an diesem Morgen bereits vorwurfsvoll in ihrer In-Box angesammelt hatten, und sortierte in Gedanken, welche sie sofort beantworten musste, weil sie andernfalls rausgeschmissen werden würde, und welche sie einfach ignorieren konnte. Sie musste an Tom denken, an das Wochenende in den Hamptons und an den Snowflake Ball. Sie war bester Laune – als hätte sie ganz alleine für Weltfrieden gesorgt oder so. Verliebt sein ähnele rein physiologisch gesehen einer Geisteskrankheit, hatte Zoe einmal bei Recherchen für eine Geschichte gelernt. Verliebte hatten quasi null Appetit. Das hatte sich die Natur echt frauenfreundlich ausgedacht. Verliebte brauchten auch wenig Schlaf – obwohl sie sich die meiste Zeit im Bett aufhielten. Stresshormone wie Dopamin und Adrenalin sorgten für dauerhafte Flitzebogenspannung. Und das Gehirn von Verliebten zeigte deutlich weniger Aktivität.
Zoe seufzte zufrieden.
Ihre Arbeitsmoral litt allerdings umgekehrt proportional zu ihrem Ausnahmezustand. Zoe Schuhmacher schob lustlos eine E-Mail nach der anderen in den Papierkorb. An einer Betreffzeile blieb sie dann aber doch hängen: Deutscher Frauenjournalistenpreis. Absender war der Deutsche Frauenjournalisten Verband, kurz DFJV, dem Zoe, soweit sie sich erinnern konnte, gar nicht angehörte.
Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Ihre Wettbewerbseinsendung zum Deutschen Frauenjournalistenpreis mit dem Titel »Die Geliebte« erhalten haben und sie für die Endrunde in der Kategorie »Online« nominiert wurde. Die Preisverleihung wird am 19. Januar in Hamburg stattfinden. Die Gewinner werden live vor Ort bekannt gegeben.
Journalistenpreis? Einsendung? Endrunde? Zoe Schuhmacher hatte noch nie einen Journalistenpreis gewonnen, weil es ja schließlich auch nicht ganz einfach war, mit Sachen wie »Die Sommerresidenzen der Victoria-Secret-Models« für den Kisch-Preis oder gar den Pulitzer nominiert zu werden. Und sie gehörte auch nicht unbedingt zu den Kollegen, die die Liste aller verfügbaren Auszeichnungen abarbeiteten und dann gezielt Themen wie
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