New York für Anfaengerinnen
Karosserie. Jetzt war Zoe an der Reihe zu denken, sie sei auf einem Filmset gelandet.
»Mimi?«
»Wird ja Zeit, dass du endlich auftauchst, Schätzchen. Ab ins Auto!«
»Schönen guten Tag auch. Was machst du hier? Wie geht es dir?«
»Mir ginge es wesentlich besser, wenn du deinen kleinen Hintern jetzt in dieses Auto bewegen würdest. Wir haben ein Flugzeug zu erwischen.«
Sagte es, schob Zoe gen Mercedes, drückte ihren Kopf runter wie bei CSI New York im Fernsehen, wenn jemand verhaftet wurde, damit er sich denselben nicht anhauen und die Cops anschließend wegen Körperverletzung verklagen konnte, und verfrachtete Zoe ins Auto. Der Chauffeur ließ den Motor aufheulen, Mimi sprang auf den Beifahrersitz, und schon fuhren sie auf der Staatsstraße 2223 gen Autobahn.
»Ist das eine Entführung oder was? Und was trägst du da überhaupt für einen Fummel, Mimi? Ist das nicht etwas übertrieben für deine Rolle in geheimer Mission?«
»Komplexe Aufgaben bedürfen exquisiter Kleidung.«
»Jetzt mal ehrlich, Mimi. Was machst du hier?«
»Ich wollte nur sicher gehen, dass es dir gut geht, mein Schatz.«
Erst jetzt bemerkte Zoe, dass noch jemand mit ihr auf der Rückbank des Mercedes saß. »Und wer um Himmels Willen sind Sie?«
»Ich bin die Visagistin und werde Sie jetzt schminken, bis wir in Nürnberg am Flughafen angekommen sind. Kleid und Schuhe sind im Kofferraum.«
»Kann mir mal bitte jemand erklären, was hier abgeht?«
»Da offenbar niemand anderer auf dieser Welt dazu fähig ist, die sture, stolze Zoe von ihrem Glück zu überzeugen, muss ich es eben machen«, erklärte Mimi theatralisch. »Wir fliegen nach Hamburg. Zur Verleihung des Frauenjournalistenpreises. Gratulation. Du hast übrigens gewonnen.«
19. Januar. Die idiotische Preisverleihung hatte Zoe schon wieder verdrängt. Schublade Voldemort / New York. Gaaanz weit hinten in ihrem Gehirn. Sie hatte nicht im Traum daran gedacht, dort ernsthaft hinzugehen.
»Wollten die die Sieger nicht erst auf der Gala verkünden?«
»Die Liste liegt bereits seit Wochen beim DFJV im Computer rum. Sagt zumindest mein Hacker, aber der versteht kein Deutsch und hat sie mit Google ziemlich kauderwelschig übersetzt.«
»Dein Hacker?«
»Außergewöhnliche Umstände verlangen außergewöhnliche Methoden, my dear !«
*
Die Preisverleihung fand in den Deichtorhallen in der Hamburger Altstadt statt. Das Foyer war schon leer, als Mimi und Zoe eintrafen. Zoe trug ein cremefarbenes, langes Prada-Kleid, dessen Träger am Rücken überkreuz liefen, was dem Fummel etwas Geometrisch-Modernes verlieh. Dazu ein London Face mit blutrotem Lippenstift. Im Saal machte Sabine Christiansen auf der Bühne bereits die Anmoderation. Mimi zog Zoe an der Hand hinter sich her, im Slalom um weiß betischtuchte Dinnertische herum, bis sie an der Nummer 9 in der zweiten Reihe mittig angekommen waren. Zwei Plätze waren noch frei. Ihre Plätze. Die restlichen Gäste an Nummer 9 sahen aus, als wären sie erleichtert, dass die beiden es noch rechtzeitig geschafft hatten.
Aaron Papst tätschelt Zoe lächelnd die Hand und sagte: »Es freut mich, dass Sie kommen konnten.«
Wenn Zoe Lord Voldemort nicht so gut kennen würde, hätte sie es ihm fast geglaubt. Andererseits passte es zu dem irren Papst, dass es das Normalste der Welt für ihn war, die in New York verschollene Zoe Schuhmacher plötzlich quietschlebendig in Hamburg an seinem Tisch sitzen zu haben. Er stellte ihr keine einzige Frage, was Zoe nicht nur darauf zurückführte, dass das Programm bereits begonnen hatte. Sie fragte sich, ob Tom womöglich mit ihm gesprochen hatte? Ihn gebrieft hatte, was vorgefallen war? Ob sie Voldemort darauf ansprechen sollte? Nein, die Blöße wollte sie sich nicht geben.
Die nächste Stunde lief ab wie in einem Traum. Zoe gewann den Preis in der Kategorie Online. Sandra Maischberger hielt die Laudatio. Küsschen, Foto und ein Glas Champagner hinter der Bühne. Im Publikum folgten dann weitere Küsschen, weitere Fotos und noch mehr Champagner. Mimi raunte plötzlich, sie müsse ganz schnell gehen. Zoe sah sie noch heftig flirtend am Arm eines jungen, attraktiven – und verheirateten – Boulevard-Chefredakteurs nach draußen eilen. Mimi hatte eine eiserne Regel: Sie schlief grundsätzlich nur mit verheirateten Männern – weil die nachts noch nach Hause zu Mutti mussten und Mimi dann morgens ihre Ruhe hatte.
Und so ergab es sich, dass Aaron Papst und Zoe Schuhmacher allein an der
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