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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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einer
»Schöner-Wohnen«-Zeitschrift, Rubrik Kinderzimmer. Von
der rosa Tapete mit »floralen Mustern« über die verschnörkelten,
weiß lackierten Metallbetten mit rosa Himmel bis hin zum
antiken Schaukelpferd und den Porzellanpuppen auf dem
obersten Regalbord ist alles vorhanden, was sich eine Inneneinrichterin
in einem perfekten Kinderzimmer nur vorstellen
kann. Und natürlich gibt es Massen von Spielzeug, ordentlich
in die Regale einsortiert. Auf dem Boden ist ein Barbie-Wohnparadies
aufgebaut: ein Schloss, ein Schönheitssalon, eine
Villa, eine Poollandschaft, Autos, Motorroller, Pferde – alles in
Pink! Und natürlich jede Menge Barbiepuppen.
    Mittendrin sitzen zwei dünne Mädchen mit blonden Pferdeschwänzen
in ebenfalls pinkfarbenen Sommerkleidern.
Ihre schmalen Gesichter haben sie mir zugewandt, und ich
staune, wie ähnlich die Zwillinge aussehen. Als hätte ich das
Spiegelbild von ein und demselben Kind vor mir.
    »Hi, ich bin Niki«, stelle ich mich unsicher vor und versuche,
freundlich zu lächeln.
    Gwyneth und Gwendolyn – welche ist bloß welche? –
schauen mich teilnahmslos an.
    »Eure Mom hat euch bestimmt erzählt, dass ich den Sommer
mit euch verbringen werde.« Es klingt mehr wie eine
Frage.
    Keine Reaktion.
    »Ich freue mich, euch kennenzulernen. Und ich bin sicher,
dass wir eine tolle Zeit haben werden.«
    Das Lächeln wird anstrengend.
    Was erzähle ich denn bloß? Ich freue mich, euch kennenzulernen
… Das hört sich ja an wie auf einer steifen Dinnerparty!
Leider hat Herr Weckmann versäumt, uns beizubringen, wie
man sich am besten auf Englisch zwei kleinen Mädchen vorstellt,
die noch mit Barbiepuppen spielen.
    Gwyneth und Gwendolyn wenden sich wieder ihren Barbies
zu. Aus einem großen Haufen suchen sie Kleider heraus,
ein weißes mit Rüschen und ein rosafarbenes mit Glitzersteinen.
Sie flüstern miteinander. Ich kann kein Wort verstehen.
    »Ähm«, räuspere ich mich. Die Zwillinge flüstern weiter.
»Wir müssen jetzt los.« Ich versuche, bestimmt zu klingen.
    »Eure Mom hat gesagt, dass ihr pünktlich bei Professor Ono sein sollt. Kommt ihr also bitte?«
    Zwei Barbies werden ausgezogen und in die eben ausgewählten
Kleider gesteckt. Mein Blick fällt auf eine große
Prinzessinnen-Uhr an der gegenüberliegenden Seite des Kinderzimmers:
zehn nach elf. In fünf Minuten steht die Limousine
vor der Tür.
    »Gwyneth, Gwendolyn?« Es klingt weit weniger entschieden,
als mir lieb wäre. Was soll ich denn jetzt tun? Ich habe
noch genau fünf Minuten, um diese beiden Mädchen neunzehn
Stockwerke nach unten und in eine Limousine zu befördern.
Nur machen sie leider keinerlei Anstalten, sich auch
nur vom Boden zu erheben.
    »Bitte!« Ich flehe beinahe. »Please!«
    »Gwyn, Gwen.« Danuta steht im Türrahmen, den sie in der
Breite fast ausfüllt. »Mrs Carter wäre sicher nicht erfreut zu
hören, dass ihr den Unterricht verpasst habt.«
    Sie schnipst einmal mit ihren fleischigen Fingern und die
Zwillinge erheben sich augenblicklich. Mit einem zeitgleichen
Sprung kommen sie grazil auf die Füße, fassen sich an
der Hand und laufen an mir und der polnischen Haushälterin
vorbei in den Flur.
    Danuta zwinkert mir zu, bevor sie sich mit ihrem Staubwedel
über die Regale voller Spielzeug hermacht.
    Mr MIB sagt auch heute kein Wort. Aber immerhin scheint
er den Weg zu kennen. Nachdem ich die Zwillinge in die
Ledersitze der Limousine verfrachtet habe, manövriert der
Chauffeur den Wagen souverän durch das Verkehrschaos der
New Yorker Straßen. Autos links von uns, Autos rechts von
uns. Und überall gelbe Taxis. Jetzt weiß ich wenigstens, was
Madeleine mit Yellow Cab gemeint hat. Die Straße ist sechsspurig,
eine schmale Baumreihe trennt jeweils drei Fahrstreifen
voneinander. Auf beiden Seiten ragen die hohen Häuser wie Riesen in den Himmel. Ein Taxi schneidet vor uns in die
Spur, bremst abrupt, rote Lichter flammen auf, dann zieht es
in die nächste Spur. Mir wird vom Zusehen übel.
    Wir biegen ab – und der Wagen bleibt stehen. Stau. Das
Stop-and-go schlägt mir auf den Magen. Wie sollen wir es
bloß rechtzeitig zu Professor Ono schaffen?
    Nach einer gefühlten Ewigkeit hält Mr MIB die Limousine
neben dem Bordstein an, springt aus dem Wagen und öffnet
die Autotür. Hitze schlägt mir entgegen, als ich aus der klimatisierten
Luxuskarosse klettere. Auf dem kurzen Weg in den
Wagen habe ich gar nicht gemerkt, wie warm es eigentlich
ist. Und schwül wie in einer Dampfsauna. Nach Sekunden
klebt mir

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