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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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flitzen. Mr Carter darf man nicht warten lassen,
so viel habe ich in den vergangenen drei Tagen bereits gelernt.
Madeleines Mann ist ein viel beschäftigter Banker mit
sehr viel Geld und sehr wenig Zeit. Normalerweise kommt er
nicht vor Mitternacht nach Hause. Seit ich hier bin, habe ich
ihn nur einmal kurz zu Gesicht bekommen, als er im Appartement
vorbeikam, um sich für einen Empfang umzuziehen.
    Hugo Carter sieht genau so aus, wie man sich einen erfolgreichen
Geschäftsmann vorstellt: vom maßgeschneiderten
Anzug über die randlose Brille bis hin zur polierten Halbglatze.
Er hat mir freundlich die Hand geschüttelt und gefragt,
wie mir New York gefällt. Aber bevor ich antworten konnte,
war sein Interesse an mir bereits erschöpft.
    Gwyn und Gwen haben sich gemeinsam in eins der Himmelbetten
verkrochen und die Decke über den Kopf gezogen.
Ich sehe nur vier nackte Füße, was dafür spricht, dass sie bereits
in ihren Nachthemden stecken.
Glück gehabt!
    Hinter mir weht Madeleines Duftwolke ins Zimmer.
    »Bye, girls, be good«, flötet sie.
    Wie der Blitz schießen Gwyn und Gwen unter der Decke
hervor und rennen zu ihrer Mommy.
    »Achtung, nicht anfassen«, weist Madeleine die Zwillinge
energisch zurück und hält jedes der Mädchen mit ausgestreckten
Händen eine Armlänge von sich entfernt. »Mommys
Kleid soll doch nicht schmutzig werden.« Sie verteilt
Luftküsse und dreht sich mit einer fließenden Bewegung zur
Tür. Im Rausgehen erteilt sie mir letzte Anweisungen: »Nur
eine Gutenachtgeschichte, heute auf Französisch.«
    Ich ziehe die gesammelten französischen Märchen aus dem
Bücherregal und gehe damit zum Bett. Na, das kann ja heiter
werden! Französisch habe ich erst seit einem Jahr in der
Schule. Und ich werde es bei erster Gelegenheit wieder abwählen.
Fremdsprachen und ich scheinen einfach nicht zusammenzupassen.
    Gwyn und Gwen stecken wieder unter ihrer Decke, ich
hocke mich daneben auf die Bettkante, schlage das Buch
bei der ersten Geschichte auf und scheitere bereits am Titel:
»Cendrillon.«
Was soll das heißen? Und wie spricht man es
aus?
Ich versuche, das Wort möglichst französisch klingen zu
lassen: »Sendrilon.« Kichern unter der Decke. Noch einmal:
»Tschendrilon.« Wieder Kichern. Ein Kopf kommt hervor.
    »Sendrijon«, verbessert mich Zwilling eins.
    »Das ist Cinderella.« Zwilling zwei streckt ebenfalls den
Kopf heraus und verdreht die Kulleraugen.
    Nach dieser Belehrung verschwinden beide tuschelnd unter
der Decke.
    Mir reicht es. Ich schmeiße das Buch aufs Bett. Sollen sie
ihr blödes Märchen doch allein lesen. Oder ohne Gutenachtgeschichte
einschlafen.
    Als ich eine Stunde später am Kinderzimmer vorbeischleiche,
höre ich Gwyn und Gwen noch immer miteinander
plaudern.
Egal.
Sollen sie wach bleiben, bis ihnen von selbst
die Augen zufallen. Oder bis ihre Mutter nach Hause kommt.
Ich habe Wichtigeres zu tun.
    Möglichst leise öffne ich die Tür zum Arbeitszimmer, in
dem es nach meiner Putzaktion kräftig nach Möbelpolitur
riecht. Zwar ist außer mir und den Zwillingen niemand in
der Wohnung – Danuta hat mir erzählt, dass sie mit ihrem
Mann und vier mehr oder weniger erwachsenen Kindern in
Queens wohnt –, aber ich will auf keinen Fall riskieren, dass
Gwyn und Gwen etwas von meinem geheimen Ausflug ins
Reich ihrer Eltern mitbekommen.
    Mit einem leisen Summen, das mir ohrenbetäubend vorkommt,
fährt der Hightech-Rechner in Sekunden hoch. Passworteingabe.
Zwar habe ich vorhin nicht genau erkennen
können, welche Kombination Madeleine in die Tasten getippt
hat, aber als ich bemerkte, dass es sich nur um Zahlen handelt,
hatte ich gleich einen Verdacht. Ich ziehe den Brief aus
meiner Hosentasche und gebe den Code für den Lift ein, den
Madeleine mir an meinem ersten Tag gegeben hat. Volltreffer!
Der Desktop baut sich auf. Madeleine gehört also auch zu den
Leuten, die nur ein Kennwort für alles haben.
    Ohne große Hoffnung öffne ich mein Mailprogramm. In
Deutschland ist es jetzt mitten in der Nacht. Garantiert hat
Maja mir auf meine Mail noch nicht geantwortet. Aber ich
werde freudig überrascht. Eine neue Nachricht im Posteingang.
    Liebste Niki,
    das klingt grauenhaft! Du Allerärmste von allen! Ich drück und
knuddel dich und wünsche dir ganz viel Power, damit du dich bei
deiner Horrorfamilie durchkämpfen kannst – was dir gar nicht
liegt, ich weiß, aber wie du selbst gesagt hast: Außergewöhnliche
Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.
    Ich schmeiß mich

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