New York - Love Story
ihn. Er sieht natürlich
perfekt aus: dunkle Jeans, dazu ein weißes Hemd, das seine
gebräunte Haut betont. Wie ein Vorzeigemodell aus einem
Elite-College-Prospekt.
»Nein, das ist
German Gemütlichkeit
«, antworte ich gereizt.
»Und jetzt lass mich bitte durch. Ich muss mal schauen, ob
ich eine passende Hose zu meinem Shirt finde!«
Immerhin sieht er ein wenig erstaunt aus, als ich an ihm
und den Zwillingen vorbei aus dem Zimmer eile.
»I ch glaube, das ist keine gute Idee!« Davids Stimme
dringt durch die angelehnte Tür des Arbeitszimmers zu mir.
Ich bin im Flur stehen geblieben, als mir klar wurde, dass
er und seine Mutter dort drinnen ein Gespräch führen. Ich
starre auf die Tür – und lausche.
»Aber sie ist unser Gast«, erwidert Madeleine ungeduldig.
»Sie ist die
Nanny.
« David betont das Wort, als handele es
sich um eine ansteckende Krankheit. »Und sie ist schwierig.«
»Nein, sie ist ein Au-pair. Und sie ist die Tochter einer
Freundin. So müssen wir sie auch behandeln.«
Ich rolle mit den Augen. So werden also die Töchter von
Freundinnen in diesem Haushalt behandelt: wie Dienstmädchen.
Dienstmädchen erster Klasse vielleicht. Aber immer
noch Dienstmädchen!
»Ich habe wirklich Wichtigeres zu tun!« Davids Stimme
wird lauter.
Ich weiche einen Schritt zurück. Nicht dass die beiden mich
hier vor der Tür ertappen! Eigentlich habe ich Madeleine gesucht,
um ihr zu sagen, dass ich keine Lust auf den City-Trip
mit ihrem Sohn habe. Nach unserem kurzen, aber heftigen
Zusammenstoß gestern würde ich alles tun, um David aus
dem Weg zu gehen.
Doch jetzt, als ich höre, wie er über mich herzieht, regt sich
Widerstand in mir. Was bildet sich dieser arrogante Schnösel
eigentlich ein? Hält sich wohl für etwas Besseres! Na, dem
werde ich zeigen, wie wir
German girls
so ticken. Von wegen
Gemütlichkeit!
Kräftig klopfe ich an die Tür und stoße sie im selben Moment
auf.
»Ich bin fertig!«, rufe ich mit gespielter Begeisterung. »Können
wir los?«
David atmet tief durch und schaut Madeleine herausfordernd
an. Die blickt zu mir, dann zu ihm.
»David, please.« Es klingt wie ein Befehl.
Vor dem Haus wartet schon die schwarze Limousine auf
uns. Eine Stadtrundfahrt im Protzschlitten – na, das kann
was werden! Mr MIB steht an die Motorhaube gelehnt und
raucht eine Zigarette. Als er uns aus der Eingangstür kommen
sieht, tritt er sie schnell auf dem Bordstein aus.
»¿Hola Jesús, cómo estás?«, fragt David den Chauffeur.
Welche Sprache war das jetzt? Ich verstehe nur »Jesús« und
muss über den ungewöhnlichen Namen beinahe lachen.
»Muy bien, gracias«, antwortet Mr MIB. Immerhin kapiere
ich jetzt, warum der Chauffeur nie ein Wort mit mir spricht.
Seine Englischkenntnisse beschränken sich vermutlich auf
»Follow me«.
Jesús reißt die hintere Wagentür für uns auf und David
lässt mir den Vortritt. Ich schiebe mich in die hinterste Ecke
der Ledersitze und mein Begleiter nimmt möglichst weit von
mir entfernt Platz. Zum Glück ist die Limo so geräumig, dass
wir darin sitzen können wie zwei Fremde, die sich nur aus
Versehen dasselbe Auto teilen.
Beherzt wie immer zieht unser Fahrer den Wagen in den
Verkehr und schon nach kurzer Zeit muss David als von Madeleine
eingesetzter Stadtführer das Schweigen brechen.
»The Metropolitan Museum.« Ohne hinzuschauen, weist
er mit dem Daumen über seine Schulter aus dem Fenster.
Durch die verspiegelten Scheiben kann ich allerdings kaum
etwas erkennen, und ich werde einen Teufel tun, mich zu
ihm oder gar über ihn zu beugen.
»Central Park.« Wieder weist Davids Daumen aus dem
Fenster. Und wieder sehe ich: nichts.
Sehr witzig,
denke ich ironisch. Wenn das Davids Vorstellung
von Sightseeing ist – eine Besichtigungstour ohne
Sicht – kann ich wirklich gut darauf verzichten. Schon bereue
ich, vorhin vor Madeleine auf der Stadtführung bestanden zu
haben. Den Tag hätte ich besser nutzen können, um weiter
nach Simon zu suchen!
Die Limousine braust weiter. Schon haben wir den Park
hinter uns gelassen und links und rechts des Wagens tauchen
Schaufenster auf.
»Fifth Avenue«, erläutert David mit ausdrucksloser Miene
und gelangweilter Stimme. »Super zum Shoppen. Allerdings
nicht für Nannys, dafür sind die Geschäfte zu exklusiv.«
So, jetzt reicht es! Dass mich dieser arrogante Schnösel nur
widerwillig begleitet und mit einer aussichtslosen Stadtführung
abzukanzeln versucht, ist das eine. Aber beleidigen lasse
ich mich nicht!
»Wow,
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