Newtons Schatten
gebräuchlichsten Worte zu erraten versuchen und sich so vielleicht hundert Stunden Arbeit sparen.»
«Ich danke Euch, Doktor Wallis. Ihr wart mir eine große Hilfe.»
«Dann überlegt es Euch noch mal mit Eurer Optik, Sir.»
Newton nickte. «Ich werde darüber nachdenken, Doktor», sagte er.
Was er aber nie tat.
Als wir Doktor Wallis verließen, war Newton im Besitz einer neuen Geheimschriftprobe sowie mehrerer nützlicher Bücher. Er vermochte seine Erregung kaum zu zügeln, wenn er sich auch schon bald ärgerte, dass er das übrige verschlüsselte Material nicht mitgenommen hatte.
«Jetzt kann ich nicht an dem Problem arbeiten, während wir in der verdammten Kutsche sitzen», brummte er.
«Kann ich die Botschaft einmal sehen?», fragte ich.
«Natürlich doch», sagte Newton und zeigte mir den Brief, den
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Wallis ihm gegeben hatte. Ich sah ein Weilchen darauf, konnte aber auch nicht mehr damit anfangen als mit allen bisherigen Schreiben.
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Ich schüttelte den Kopf. Allein schon auf den Buchstabensalat zu schauen entmutigte mich und mir wollte nicht einleuchten, wie irgendjemand Vergnügen daran haben konnte, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
«Vielleicht könnt Ihr ja eines der Bücher lesen, die Euch Doktor Wallis geliehen hat», schlug ich vor, was ihn tatsächlich ein wenig besänftigte, denn es gab für ihn nichts Schöneres als eine lange Reise mit einem guten Buch.
Wir waren zwei oder drei Stunden unterwegs, als Newton das Buch einen Moment beiseite legte und aufs Beiläufigste bemerkte, jetzt sei ihm klar, womit sich Mister St. Leger Scroope als Lügner erwiesen habe.
«Meint Ihr den Gentleman, der Eurem College diese überaus prächtigen Silberbecher gestiftet hat?», fragte ich.
«Ich konnte diesen Mann von Anfang an nicht leiden», gestand Newton. «Ich traue ihm nicht. Er ist wie ein schwanzloser Hund.
Höchst undurchschaubar.»
«Aber warum nennt Ihr ihn einen Lügner?»
«Manchmal», sagte Newton, «seid Ihr wirklich vernagelt. Wisst
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Ihr nicht mehr, wie er uns erzählte, Macey habe ihm einen französischen Brief gebracht, damit er ihn übersetze? Nun, es ist doch so offensichtlich wie die Tatsache, dass Ihr eine Nase im Gesicht habt, dass dieser Brief ebenfalls verschlüsselt gewesen sein muss, genau wie jener, den er Doktor Wallis zeigte.
Vielleicht war es ja sogar ein und derselbe. Es gab nie einen französischen Brief.»
«Aber warum sollte Scroope so etwas erfinden?»
«Tja, warum, Mister Ellis? Genau das werden wir herausbekommen.»
«Aber wie?»
Newton dachte einen Moment nach.
«Ich habe eine Idee, wie wir es anstellen könnten», sagte er schließlich. «Macey konnte kein Latein. Dennoch hat er, laut Mister Lowndes, dem Buchhändler, ein lateinisches Buch über Geheimschriften erworben, um es jemandem zu schenken. Das kann nicht Doktor Wallis gewesen sein, der ja bereits zwei dieser Bücher besaß. Und Mister Lowndes' Buchhandlung liegt nicht weit von Mister Scroopes Geschäftslokal. Ich denke daher, wir werden Mister Scroope noch einen Besuch abstatten. Und während ich ihn in ein Gespräch verwickle, werdet Ihr Gelegenheit finden, Euch davonzuschleichen und seine Bibliothek zu inspizieren.»
«Und nach dem Buch des Trithemius Ausschau halten?»
«Ihr sagt es.»
«Ein altes Buch», sagte ich. «Das ist doch noch kein Beweis für ein Verbrechen.»
«Nein», stimmte mir Newton zu. «Das kommt später. Zuerst müssen wir uns selbst Klarheit verschaffen.»
Als die Kutsche kurz vor Einbruch der Dunkelheit in London ankam, stiegen wir aus und fanden uns verlaust, was meinen Herrn jedoch kaum ärgerte, weil ihn die Aussicht, die Chiffre
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entschlüsseln zu können, in beste Laune versetzte. Er begleitete mich unverzüglich zum Tower, um das restliche verschlüsselte Material mitzunehmen, damit er sich gleich an die Arbeit machen könnte. Als wir im Tower und in der Münze alles in Ordnung fanden, gingen wir in die Amtsstube, wo in unserer Abwesenheit die Wände geweißt und die Fenster geputzt worden waren, was immerhin erklärte, wie Mister Defoe hineingelangt war, denn ebendiesen fanden wir dort, das
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