Nextopia
sie im Urlaub sind.
Vor vielleicht 20 Jahren, als die wöchentliche Freizeit sechs bis sechsunddreißig Stunden kürzer war und nur ein Bruchteil aller Japaner ein Auto besaß, waren Urlaubsreisen nicht so häufig, nicht so lang und führten nicht an so weit entfernte Ziele. Mittlerweile haben wir die Zeit, das Geld und die Möglichkeit, uns ein Ticket für einen privaten Weltraumflug zu kaufen, also gibt es keine Beschränkungen mehr für das Universum an Geschmacksrichtungen, das wir auf unseren Reisen erforschen können. Und wir müssen nicht mal in Urlaub fahren, um ein unerschöpfliches Spektrum an Geschmacksvarianten zusammenzutragen, sondern bloß eine der über 1,4 Millionen Websites besuchen, die unter »Lebensmittel kaufen« zu finden sind.
In der Erwartungsgesellschaft kann niemand davon ausgehen, vor dem Alter von 39 Jahren alle besten Nahrungsmittel ausprobiert zu haben. Genauso unvernünftig wäre die Erwartung, dass man nach seinem 33. Geburtstag keine interessanten Mode-Statements mehr zu hören bekommt. Oder dass Sie ab 35 keinen Gefallen mehr an neuen Musikgenres finden. Nach Sapolskys Untersuchungen liegt die Wahrscheinlichkeit bei 95 Prozent, den persönlichen Stil im Alter von 33 Jahren gefunden zu haben und allem »Neumodischen«, dem man danach begegnet, wie beispielsweise neuen Schmuckformen, Frisuren oder Piercings, aus dem Weg zu gehen. Und wenn man mit 35 nicht aufgehört hat, Glam Metal oder Elektropop zu hören, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man jemals damit aufhört oder dass eine andere Musikrichtung diesen Platz einnimmt, kleiner als 5 Prozent.
Diese Zahlen bilden einen interessanten Gegensatz zu der Vielzahl häufig besuchter Blogs, die das Internet überfluten und sich gänzlich oder teilweise mit Mode und Musik beschäftigen. Unsere nächsten Seifenopern brauchen einen kontinuierlichen Strom neuer Musik für ihren Soundtrack, und kein Soap-Opera-Darsteller bleibt interessant, wenn er ständig dieselbe Kleidung und Frisur trägt.
Versuch’s mal?
OB DAS LEBEN NUN BESSER WIRD ODER NICHT, es ändert sich jedenfalls ständig. Und die meisten Menschen sind der Meinung, dass Veränderung an sich etwas Gutes ist. Mother Mary in dem Beatles-Klassiker, »whispering words of wisdom: let it be«, scheint bei der Weltbevölkerung wenig Gehör gefunden zu haben.
In der oben erwähnten Studie an 13
000 Menschen in zwölf verschiedenen Ländern gab es ein Schlusslicht in der Rangordnung von Faktoren, die sich auf das Wohlbefinden auswirken. Schauen Sie sich nochmal die Tabelle auf Seite 32 an, und Sie stellen fest, dass lediglich 11 Prozent der Befragten sämtlicher Länder der Meinung waren, der Status quo wirke sich auf ihr Wohlbefinden aus, in manchen Ländern erwähnten sogar 0 Prozent – also niemand – den Status quo. Status quo bedeutet »gegenwärtiger Zustand«. Offensichtlich spielt der gegenwärtige Zustand keine Rolle. Die Menschen wollen die Gegenwart nicht einfrieren. Sie wollen den Wandel.
Um den Einfluss von Auswahlmöglichkeiten auf das Konsumverhalten zu testen, führten Wissenschaftler Experimente mit ein paar Hundert Erst- und Viertklässlern und ihren Eltern durch. Sie durften von einem Tablett, das vor ihnen stand, so viele Geleebonbons essen, wie sie wollten. Ihr durchschnittlicher Verzehr ist in der folgenden Tabelle dargestellt.
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Wie die Tabelle zeigt, aßen beide Gruppen mehr Geleebonbons, wenn sie aus vierundzwanzig Farben auswählen konnten statt aus sechs. Im Durchschnitt verzehrten die Kinder etwa 50 Prozent mehr Geleebonbons, wenn sie vierundzwanzig Farben zur Auswahl hatten (11,5 Geleebonbons), als wennsie nur sechs Farben hatten (7,5 Geleebonbons). Bei den Erwachsenen war es nicht anders, ihr Konsum erhöhte sich von 17 auf 25,5 Geleebonbons, wenn die Anzahl der Farben stieg. Als die Forscher die Geleebonbons nach Farben auf dem Tablett anordneten (alle roten zusammen, alle grünen zusammen und so weiter), aßen sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen noch mehr davon, und die Zahl der verzehrten Geleebonbons stieg um mehr als das Doppelte, wenn mehr Farben zur Verfügung standen.
Der Grund, warum die Menschen bei diesen Experimenten mehr konsumierten, ist natürlich, dass die neuen Farben eine Veränderung mit sich brachten; sie wollten nichts auslassen. Während sie bei sechs verschiedenen Farben offenbar mit 7,5 Geleebonbons zufrieden waren (von jeder Farbe eins plus eins oder zwei zusätzlich von der ausgewählten
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