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Nexus

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Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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Geld mit diesen verdammten Frettchen, der Kerl. Er arbeitete für die besten Hotels in New York . . . fing ihnen die Ratten weg. Auch ein Geschäft, wie? Ich hatte Angst vor diesen Biestern. Konnten einem die Klöten wegbeißen, wenn Sie wissen, was ich meine. War mir immer unheimlich, der Kerl. Und was für ein Saufkünstler! Ich sehe ihn noch durch die Straßen stolpern, während ihm diese scheußlichen Frettchen aus der Tasche schauten. Und jetzt soll er keinen Tropfen mehr trinken, sagen Sie? Das ist kaum zu glauben. Früher warf er sein Geld wie ein Narr zum Fenster hinaus - in der Wirtschaft an der Wythe Avenue.»
    Von den Frettchen konnte er auf Pater Flanagan oder Callaghan kommen - ich weiß nicht mehr genau, wie er hieß -, den Priester jedenfalls, der sich jeden Samstagabend bis über die Ohren vollsoff. Man mußte sich vorsehen, wenn er einen weg hatte. Trieb es gern mit den Chorknaben. Dabei hätte er jede Frau haben können, so hübsch und anziehend war er.
    «Wenn ich früher zur Beichte ging, schiß ich beinahe vor Angst in die Hose», sagte Paddy. «Ja, der kannte jede Sünde, die es nur gibt, der Schweinehund.» Er bekreuzigte sich, als er das sagte. «Wir mußten ihm alles sagen, sogar, wievielmal wir wöchentlich gewichst hatten. Das schlimmste war, er hatte die Gewohnheit, einem ins Gesicht zu furzen. Aber wenn man was ausgefressen hatte oder was brauchte, ging man zu ihm. Er half einem immer. Ja, in unserem Viertel gab es damals einen Haufen toller Burschen. Manche von ihnen sind leider unter die Räder gekommen ...»
    Ein Monat war vergangen, und ich hatte erst zwei kurze Briefe von Mona. Sie wohnten in der rue Princesse in einem reizenden, sehr sauberen und sehr billigen kleinen Hotel. Im Hotel Princesse. Es würde mir sofort gefallen, wenn ich es nur sehen könnte! Sie hätten inzwischen eine Anzahl Amerikaner kennengelernt, die meisten von ihnen Künstler und sehr arm. Sie hofften, bald aus Paris herauszukommen und sich ein wenig in der Provinz umzusehen. Stasia wollte unbedingt nach dem Midi. Das sei der Süden Frankreichs, wo es Weinberge, Olivenhaine und Stierkämpfe gäbe und so weiter. Stasia werde sehr von einem Schriftsteller, einem närrischen Österreicher, verehrt. Er halte sie für ein Genie.
    «Wie geht es ihnen?» fragten meine Leute von Zeit zu Zeit.
    «Sehr gut», antwortete ich gewöhnlich.
    Eines Tages erzählte ich ihnen, Stasia hätte ein Stipendium für den Besuch der Kunstakademie bekommen. Ich sagte das, damit sie eine Zeitlang Ruhe gaben.
    Inzwischen freundete ich mich mit dem Obergärtner an. Der Verkehr mit ihm wirkte erfrischend auf mich. Seine Welt war frei von den Streitereien und Zwistigkeiten der Menschen. Er hatte nur mit Wetter, Boden, Käfern und Genen zu tun. Was er anfaßte, gedieh. Er lebte im Reich der Schönheit und der Harmonie, wo Friede und Ordnung herrschten. Ich beneidete ihn. Es lohnte sich, seine Zeit und Energie Pflanzen und Bäumen zu widmen. Keine Eifersucht, keine Rivalität, kein Treiben und Hasten, kein Lug und kein Betrug. Das Stiefmütterchen genoß dieselbe Aufmerksamkeit wie der Rhododendron, der Flieder wurde nicht schlechter behandelt als die Rose. Einige Pflanzen waren von Geburt an schwach, andere gediehen unter allen Verhältnissen. Seine Beobachtungen über Bodenbeschaffenheit, verschiedene Düngemittel und die Kunst des Pfropfens faszinierten mich. In dieser Wissenschaft kam man nie an ein Ende. Die Rolle der Insekten zum Beispiel, das Wunder der Bestäubung, die unaufhörliche Arbeit der Würmer, der Gebrauch und Mißbrauch des Wassers, das verschieden schnelle Wachstum, die sprunghaft auftretenden Spielarten, die Unkräuter und die verschiedenen Seuchen, der Kampf ums Dasein, die Invasion von Heuschrecken und Grashüpfern, die göttliche Hilfe der Bienen . ..
    In welch krassem Gegensatz stand das Reich dieses Mannes zu dem, in dem Tony sich bewegte! Blumen gegen Politiker, Schönheit gegen Hinterlist und Täuschung. Der arme Tony! Er bemühte sich so sehr, seine Hände rein zu halten. Er mußte immer die Idee hochhalten, vor sich und vor anderen, daß ein Politiker oder ein Beamter ein Wohltäter seines Landes sei. Von Natur aus ein treuer, ehrlicher und duldsamer Mensch, war er von den Praktiken seiner politischen Freunde angeekelt. Wenn er einmal Senator, Gouverneur oder sonst was wäre, von dem er träumte, würde er die Dinge ändern. Er war davon so überzeugt, daß ich nicht mehr über ihn lachen konnte. Aber der Weg war

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