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Nexus

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Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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sollte eines Tages eine Broschüre über die im Park vorkommenden Blumen, Sträucher und Bäume schreiben, so meinte er. Der Obergärtner würde sie mir erklären.
    Jeden Tag erwartete ich ein weiteres Telegramm. Einen Brief konnte ich erst in einigen Tagen erhalten. Da ich bereits Schulden hatte und nicht jeden Abend an die Stätte meiner Qualen zurückkehren wollte, beschloß ich, meine Leute um Unterkunft zu bitten. Sie stimmten ohne weiteres zu, obschon Monas Verhalten ihnen ein Rätsel war. Ich erklärte ihnen ausführlich, daß alles so geplant war, daß ich später nachkommen würde und so weiter. Sie wußten, daß es nicht so war, vermieden aber, mich noch mehr zu demütigen.
    So zog ich wieder ein. The Street of Early Sorrows . Derselbe Tisch,
    den ich als Knabe zum Schreiben gehabt hatte (nur hatte ich ihn nie benutzt). All mein Hab und Gut befand sich in meinem Koffer. Ich brachte kein einziges Buch mit.
    Es kostete mich wieder einen Dollar, Mona die neue Adresse mitzuteilen und ihr nahezulegen, mir nicht ins Büro zu schreiben oder zu telegrafieren.
    Wie Tony geahnt hatte, dauerte es nicht lange, bis ein weiteres Telegramm eintraf. Diesmal brauchten sie Geld für Essen und Wohnung. Bis jetzt hatten sie keine Arbeit in Sicht. Auf das Telegramm folgte ein kurzer Brief, aus dem ich erfuhr, daß sie glücklich waren, Paris sei einfach wundervoll, und ich solle einen Weg finden, bald zu ihnen zu stoßen. Kein Wort davon, wie sie ihre Zeit verbrachten.
    «Na, gefällt es ihnen drüben?» fragte Tony eines Tages. «Haben sie noch nicht wieder Geld verlangt?»
    Ich hatte ihm von dem zweiten Telegramm nichts gesagt. Diese Summe hatte mein Onkel, der Börsenmakler, ausgespuckt.
    «Manchmal juckt's mich, auch mal nach Paris zu fahren», sagte Tony. «Wir könnten da zusammen schöne Tage verbringen, was?»
    Außer der täglichen Büroarbeit gab es noch die verschiedensten Dinge zu tun. Da waren zum Beispiel die Reden, die das hohe Tier bei dieser oder jener Gelegenheit halten mußte. Der Direktor fand nie die Zeit, sie selbst auszuarbeiten. Tony mußte das für ihn tun. Wenn er sich genügend angestrengt hatte, setzte ich noch ein paar Glanzlichter auf.
    Die Ausarbeitung dieser Reden war eine langweilige Angelegenheit. Viel lieber waren mir die Unterhaltungen mit dem Obergärtner. Ich hatte bereits begonnen, Notizen für mein «Baumschulbuch» zu machen, wie ich es nannte.
    Nach einiger Zeit ließ der Arbeitseifer nach. Manchmal erschien Tony überhaupt nicht im Büro. Sobald der Direktor fort war, hörte alle Arbeit auf. Wir herrschten allein in unserem Reich — es waren unser nur sieben — und brachten die Zeit mit Kartenspielen, Würfeln, Singen und dem Erzählen schmutziger Geschichten zu. Manchmal spielten wir sogar Verstecken. Für mich waren diese Stunden schlimmer als die schwerste Arbeit. Es war unmöglich, mit irgendeinem außer Paddy Mahoney ein vernünftiges Wort zu sprechen. Er war der einzige, mit dem ich mich gern unterhielt. Sehr erbauliche Gespräche führten wir allerdings nicht. Meistens sprachen wir von den Vorgängen im vierzehnten Bezirk, wohin er sich jetzt noch oft begab, um mit seinen alten Freunden Billard zu spielen, zu trinken und zu würfeln. Maujer-, Teneyck-, Conselyca-, Devoe-, Humboldtstraße - wir nannten sie alle mit Namen, erlebten sie aufs neue, spielten wieder als Jungen in der brennendheißen Sonne, in kühlen Kellern, unter dem weichen Licht von Gaslampen, auf den Docks am schnell dahinströmenden Fluß ...
    Mehr als alles andere trug mir mein Talent als «Schreiber» Paddys Freundschaft und Verehrung ein. Wenn ich an der Maschine saß und nur einen Brief tippte, stellte er sich in die Tür und sah mir zu, als wäre ich ein Phänomen.
    «Was machen Se'n da? Walzen Se wieder was aus?» fragte er dann - womit er eine neue Geschichte meinte.
    Manchmal stand er einfach da, wartete eine Weile, sagte dann: «Viel zu tun?» Wenn ich sagte: «Nein. Warum?», antwortete er: «Es fiel mir grade ein.. . Erinnern Sie sich an die Wirtschaft Wythe Avenue and Grand?»
    «Natürlich. Was ist damit?»
    «Na da verkehrte immer ein Kunde, ein Schriftsteller wie Sie. Er schrieb Fortsetzungsromane. Aber zuerst mußte er sich volltanken.»
    Eine solche Bemerkung war nur eine Einleitung. Er wollte sich unterhalten.
    «Wie heißt der Alte noch mal, der in Ihrem Block wohnt? Martin . Ja, den meine ich. Er hatte immer ein paar Frettchen in seiner Rocktasche, wissen Sie noch? Verdiente einen Haufen

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