Nibelungen 07 - Das Zauberband
sie getötet habt, dann habt Ihr recht daran getan. Dies dort ist nicht Arma, sondern ein Dämon. Sie war lange vorher schon durch das Totentor gegangen.«
»Dennoch!« Norwin griff nach seinem Umhang. Er hob sein Schwert auf, steckte seinen Dolch in seine Stiefel und band sich den Köcher samt Pfeilen und Bogen auf den Rücken. »Ich habe es nicht verhindert, daß sie zum Dämon wurde, weil ich schwach und selbstsüchtig war.«
»Und Ihr werdet nicht verhindern, daß dieses Wesen, das eine solch gewaltige Macht besitzt, Euch wieder mit dem Bannfluch belegt. Es nützt nichts, wenn Ihr jetzt aufbrecht, um Arma zu rächen.«
Norwin drehte sich zu Antana um und funkelte sie an. »Soll ich vielleicht hier sitzen und warten, bis dieses Ungeheuer alles zerstört? Sie wollten zum Wasserfall, vielleicht komme ich noch rechtzeitig, um irgend etwas zu tun.«
»Zum Wasserfall?« Antana hob die Brauen. »Wartet einen Augenblick.«
Norwin sah, wie die Frau sich niederkniete und ebenfalls ihre Sachen zusammenpackte. »Vielleicht habt Ihr recht, und es ist an der Zeit, daß wir dorthin gehen!« sagte die Heilerin.
»Wir?« Norwin, der bereits auf dem Weg nach draußen war, wandte sich noch einmal um.
»Ja, wir!« sagte Antana und beugte sich über Mirka. »Helft mir.« Sie befühlte die Stirn der Hohenpriesterin. »Wenn dieser Jemand, der die Macht hat, solche Dämonen zu schaffen, wie Arma einer war, auf dem Weg zum Wasserfall ist, dann wird es Zeit, daß wir die Hohepriesterin zurück in den heiligen Garten bringen!«
Norwin betrachtete erstaunt die Frau am Boden, die er für tot gehalten hatte. »Wollt Ihr damit sagen, Mirka lebt noch?«
»Ja.« Antana hob wieder die Brauen. »Wußtet Ihr das nicht?«
»Nein, ich habe Inmee und die Wölfin nicht fortgehen sehen. Ich wurde vorher ohnmächtig, nachdem ich Arma getötet hatte. Als ich Euch vorhin bei Mirka knien sah, dachte ich, Ihr trauert um sie.«
»Inmee und die Wölfin?« fragte Antana und spielte dabei nachdenklich mit einem der Schleifenbänder ihres Gewandes.
Norwin schnaufte. »Es ist nicht wirklich ein Tier, glaube ich. Es ist ein Dämon, schwarz und zottelig, und es gehorcht Inmee.«
Antana nickte. Sie ließ ihre Schleifenbänder los und kniete sich zu der Hohenpriesterin. »Kommt, alleine kann ich Mirka nicht auf mein Pferd heben, aber Ihr müßt vorsichtig sein. Ihre Wunden sind noch sehr tief, ich hatte kein Wasser aus dem Heiligtum der Göttin bei mir, so daß ich sie nur verbinden, nicht aber wirklich heilen konnte.«
Norwin nickte. Um ihr nicht zu schaden, hob der Krieger Mirka behutsam auf seine Arme. Ihr Kopf sank wie leblos herab. Fragend blickt der Krieger auf die Heilerin.
»Kümmert Euch nicht darum, sie spürt nichts. Ich habe sie in einen tiefen Traumzustand versetzt, sie ist der Göttin sehr nahe«, sagte Antana und strich der Hohenpriesterin noch einmal über die Stirn. »Tragt sie nach draußen, setzt sie auf mein Pferd und legt ihren Kopf auf den Nacken der Stute, dann führt es ein Stück weit von hier fort.«
»Und was ist mit Euch?«
»Geht«, sagte Antana, »und wartet auf mich. Es wird nicht lange dauern.«
»Was habt Ihr vor?«
Die Frau blickte sich langsam in dem Zelt um. »Ich werde dafür sorgen, daß die beiden«, sie deutete auf Arma und den blonden Burschen, »ihren Frieden finden. Wir können sie nicht so liegen lassen, es würde die Macht der Wölfin nur vergrößern.«
»Aber sie sind tot! Ihr könnt nichts mehr für sie tun!«
»Laßt mir ein wenig Zeit«, sagte Antana. »Dann werde ich Euch zum Wasserfall begleiten.«
»Wie Ihr wollt, doch beeilt Euch!«
Die Heilerin nickte, und ihre hellen Augen hatte einen fernen Glanz. Einen Lidschlag lang schaute sie ihn ernst an. »Wenn Euch gleich übel wird und Ihr Euch übergeben müßt, dann geratet nicht in Angst. Es sind nur die letzten Reste des dämonischen Zaubers, der auf Euch lag, die dann aus Eurem Körper weichen.«
Norwin nickte und verließ mit Mirka auf dem Arm das Zelt, wie Antana es ihm gesagt hatte. Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren, dachte er, wenn die Hohepriesterin der weißen Göttin noch lebt.
Allerdings kannte er Inmee sehr genau. Er fragte sich, ob sie Mirka absichtlich am Leben gelassen hatte.
Antana horchte. Sie hörte die weichen Tritte ihrer Stute, die sich allmählich von dem Zelt entfernte. Als der Krieger weit genug fort war und die Heilerin wußte, daß er sie nicht mehr hören konnte, rief sie leise nach Pyros.
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