Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
einen Speerwall! Die Bogenschützen ins zweite Glied!« Der Eber hatte sein Schwert gezogen und lief zu seinen Schützen.
Volker schluckte. Sie waren in eine Falle gelaufen. Ricchar hatte geahnt, daß sie die Stadt verlassen würden, wenn er ihnen den passenden Köder hinwarf. Und er … Er war zu dumm g e wesen, es zu durchschauen. Der Spielmann fluchte. Er hatte sich hereinlegen lassen! Nun war es seine Sache zu retten, was noch zu retten war. Wenn er nur wüßte, mit wie starken Tru p pen der Frankenfürst bis Icorigium vorgestoßen war. Er hatte gewiß nicht seine ganze Armee bei sich. Volker drehte sich um. Der Eber rannte die Marschkolonne entlang und rief den Mä n ner Befehle zu.
»Achtung! Auf den Wald zurückfallen!« Der Barde wies auf den Hügel schräg hinter ihnen. Dort wären seine Männer vor Reiterangriffen sicher. »Bleibt dicht beieinander!«
Aus dem Stadttor trabte eine ganze Reiterabteilung. Auch wenn der tiefe Schnee die Pferde behinderte, würde Ricchars Kavallerie sie erreichen, bevor sie am Waldrand waren. Der Burgunde fluchte. Hätte er nur mehr ausgebildete Krieger! Nur solange sie es schafften, eine Schlachtlinie beizubehalten, waren sie vor den Reitern halbwegs sicher. »Schnallt die Schilde von den Packtieren! Golo, Rother, sucht die besten Männer für die erste Reihe aus. Die Verwundeten nehmen die Zügel der Mau l tiere. Ich möchte nicht, daß diese störrischen Biester durchg e hen, wenn wir angegriffen werden. Eber, du sicherst mit deinen Männern unseren Rücken. Nur für den Fall, daß unsere fränk i schen Freunde auch im Wald sitzen. Sollte unsere Schlachtreihe zu wanken beginnen, kommst du zurück und gibst uns D e ckung !«
Der Gesetzlose deutete einen militärischen Gruß an und grin s te. »Jawohl, Auserwählter !« Dann sammelte er seine Schützen und eilte dem Wald entgegen.
Volker sah ihm mit gemischten Gefühlen nach. Er war sich fast sicher, daß der Räuber sie im Stich lassen würde, wenn die Schlacht ungünstig verlief. Mit einer Drehung ließ der Barde den Schild von seinem Rücken rutschen und überprüfte den Sitz der Lederriemen an dessen Innenseite. Seine Hand glitt zum Schwert. »Maria, heilige Mutter Gottes, schütze meine Männer, die bereit sind, ihr Leben zu geben, um diese Kirche n schänder aus den Tempeln deines Sohnes zu vertreiben.«
Die Reiter fächerten zu einer langen Linie auf. Es mochten an die hundert Mann sein. Über den Kriegern schimmerte golden der Kopf der Drachenstandarte. Neben dem Signifer mit dem Feldzeichen ritt ein Mann in besonders prächtiger Rüstung. Volker fragte sich, ob Ricchar selbst die Einheit kommandierte. Der Spielmann blickte die Reihe seiner Krieger entlang. Die meisten Männer hatten ihre Position eingenommen. Golo und Rother gingen die Schlachtreihe ab und sorgten dafür, daß sich die letzten Lücken im Schildwall schlossen.
Wenn Ricchar es geschafft hatte, auch seine Fußtruppen bis hierher zu bringen, dann waren sie verloren. Volker winkte e i nem jungen Krieger, ihm einen seiner leichten Wurfspeere a b zugeben.
In leichtem Trab kamen Ricchars Reiter den Hang hinab. Ihre Hufe wirbelten den verharschten Schnee auf, so daß es fast schien, als schöben sie eine Welle vor sich her so wie ein Boot, das gegen die Strömung fährt. Keiner der Krieger fiel aus der Reihe. Es gab keine Kommandos oder Hornsignale. Nur das drohende Donnern der Hufe. Volker betete, daß seine Männer nicht in Panik gerieten. Es war unheimlich, die Franken zu b e obachten. Noch nie hatte er einen solchen Reiterangriff gesehen. Alle Krieger und Pferde schienen sich im gleichen Rhythmus zu bewegen, und die eisernen Masken ließen die Soldaten wie Gö t ter aus Erz erscheinen. Der Barde hörte, wie der Mann, der ihm den Speer gegeben hatte, leise betete.
»Keine Sorge! Sie sind sterblich, genau wie wir.« Volker faßte seinen Wurfspeer fester.
Die Reiter hatten inzwischen den Fuß des langgestreckten Hügels erreicht, der der Stadt gegenüberlag. Volker spürte den Boden unter dem Hufschlag erbeben. Seine Hände waren plöt z lich naß, die Kehle trocken. Auf ein lautloses Kommando zogen alle Franken gleichzeitig kurze Wurfspieße aus den Lederk ö chern, die hinter ihren Sätteln hingen. Sie waren jetzt keine zwanzig Schritt mehr entfernt.
»Nicht aus der Reihe brechen! Duckt euch!« rief Volker mit schriller Stimme. Ein Hagel von Speeren ging auf die Fußsold a ten nieder. Einige Männer stürzten, doch die Kämpfer aus der zweiten
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