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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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geboten, doch war es unmöglich gewesen, die Krieger dazu zu bewegen, diesen Ort zu betreten.
    Golo drehte sich um und blickte über den gefrorenen See zu den Ruinen. Grauer Dunst quoll aus den Rändern des naheg e legen Waldes, so daß unheimliche Schleier zwischen den Gra b steinen und den geborstenen Häuserwänden dahinzogen. Der junge Ritter schluckte. Es fiel nicht schwer, sich vorzustellen, daß es dort drüben am anderen Ufer nicht ganz geheuer war. Doch das würde ihnen diesmal zunutze kommen. Volker war sich sicher, daß Ricchars Männer es eilig hätten, am Dorf vorbei zu kommen, und daß sie in ihrer Hast nicht so gut auf den Weg achten würden, wie sie es sonst vielleicht getan hätten. Sie mußten einfach in die Falle gehen!
    Die Späher des Ebers hatten berichtet, daß eine Kolonne von weniger als zweihundert Mann mit vielen Packtieren von der Mosel her auf der Straße in die Berge zog. Im Laufe des Mo r gens mußten sie an den Maaren vorbei. Dies war der einzige Weg, der von Süden nach Dune führte. Sie waren den Franken um das Dreifache überlegen und hatten auch noch den Vorteil, ihre Gegner überraschen zu können. Es war unmöglich, diese Schlacht zu verlieren. Wenn sie nur nicht so lange warten mü ß ten! Golo hatte Mühe, seine Angst zu besiegen. Dabei war es nicht einmal sein erstes Gefecht. Wie es den anderen wohl g e hen mochte? Wie viele ihrer Bauernkrieger jetzt wohl die Stu n de verwünschten, in der sie sich Volkers Rebellenarmee ang e schlossen hatten? Golo dachte an die Schlacht in den Sümpfen, als das Nachtvolk die Armee des Bischofs angegriffen hatte, und daran, wie Berengar an seiner Seite gestorben war. Er war einer der besten Ritter auf dem Feld gewesen, und doch hatte ihn seine Waffenkunst nicht vor dem verirrten Pfeil bewahren können, der seine Kehle durchschlug. Der Tod in der Schlacht kam schnell und meist überraschend. Niemand war davor g e feit. Wie viele der Männer, die er in den letzten Wochen ausg e bildet hatte, heute abend wohl noch leben würden? Er sollte sich nicht solche Gedanken machen … Er hatte versucht zu vermeiden, mit den Männern Freundschaften einzugehen. Meistens war es ihm gelungen. Dennoch kannte er sie alle mit Namen und …
    Vom südlichen Ende der Straße erklang ein Käutzchenruf. Das vereinbarte Signal! Er blickte über den Rand des Felsens, hinter dem er kauerte. Einer der Männer weiter vorne winkte ihm zu. Noch war nichts auf der Straße zu sehen, und doch ha t te sich etwas verändert. Plötzlich schien eine fast greifbare Spannung in der Luft zu liegen. Golo spürte den leichten Wind auf dem Gesicht und glaubte, fast den Schnee mit den Spitzen seiner Zehen, durch die dicken Stiefel hindurch, ertasten zu können.
    In der Ferne erklang das empörte Schreien eines bockigen Maultiers. Es konnte keinen Zweifel mehr geben, sie kamen. Er preßte sich in die flache Mulde, die er hinter seinem Felsblock in den Schnee gewühlt hatte, und zog sein Schafsfell höher auf die Schultern. Nur noch wenige Augenblicke! Sie würden a n greifen, sobald sich die ganze Marschkolonne auf dem Sattel zwischen den Maaren befand. Keiner der Franken durfte ihnen entkommen! Volker hatte ihnen befohlen, sich die Gesichter mit grauer Asche einzureiben. So sahen sie fast wie Tote aus. Die Franken würden vor Entsetzen wie gelähmt sein, wenn sie sich zwischen den zerklüfteten Felsen an den Steilhängen erhoben. Hoffentlich …
    Wie eine kalte Hand fühlte Golo den Schnee auf seiner Wa n ge. Jetzt war ihm die Kälte willkommen. Sie ließ ihn spüren, daß er noch lebte! Noch …
    Angespannt lauschte er auf den Marschtritt der Soldaten. Doch der tiefe Schnee verschluckte die Geräusche. Statt dessen hörte man das Klappern der Kisten und Waffen, die auf die Packsättel der Maultiere geschnallt waren. Als die Franken n ä her kamen, waren auch einzelne Wortfetzen zu verstehen. Die Stimmen klangen gedämpft, so als wagten die Soldaten es nicht, an diesem Ort laut zu sprechen.
    Obwohl Golo von seinem Versteck aus die Straße nicht eins e hen konnte, hatte er das Gefühl, daß die Krieger dort oben in Eile waren. Auch sie spürten die seltsame Stimmung, die über dieser merkwürdigen Landschaft lag, und wollten dem Ban n kreis der Maare so schnell wie möglich entgehen.
    Golo mußte an den kleinen drahtigen Mann denken, mit dem er in der letzten Nacht am Feuer gesessen hatte. Er war ein Bauer aus der Nähe von Dune, der die Gegend hier gut kannte, und er hatte behauptet,

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