Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
getroffen haben, daß du nicht mehr weißt, wie man ein Schwert in Händen hält, Barde.« Der Statthalter ernte mit seiner Bemerkung einige Lacher. Die meisten Zuschauer jedoch blieben ruhig. Es schien, als sei der Franke nicht sonde r lich beliebt in der Stadt.
»Komm her und lehre mich, wie ich eine Waffe zu führen h a be. Oder bist du mit dem Boden verwachsen, Heliodromus?«
Der Krieger verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Einen Augenblick lang schien er unschlüssig. Das Schwert zur Parade erhoben, kam der Recke langsam näher. In gespannter Unruhe folgte Volker jeder Bewegung. Heliodr o mus war ein gewandter Schwertkämpfer. Nicht einen Atemzug lang gab er sich eine Blöße. Volker fluchte innerlich. Könnte er nur das Gesicht des Franken sehen! Den meisten Kriegern sah man es an, wenn sie sich zu einem überraschenden Angriff en t schlossen. Sie preßten die Lippen aufeinander, ihr Blick wurde härter … Es gab Dutzende kleiner Vorzeichen, die den Geda n ken an einen Schwerthieb einen halben Herzschlag, bevor er erfolgte, verrieten. Doch Heliodromus war nichts anzumerken, bis er plötzlich vorwärtsschnellte. Wie ein Pfeil, der von der Sehne eines Bogens flog, kam die funkelnde Schwertklinge des Franken auf Volker zugeschossen.
Statt auszuweichen drückte Volker die Hand auf seinem Schwertknauf herunter, und gleich einem stählernen Stachel ragte die Waffe nun waagerecht dem Franken entgegen, wobei die Spitze dicht unterhalb des Halses auf sein Brustbein zielte. Erschrocken zuckte Heliodromus zurück. Volker machte einen Ausfallschritt nach vorne. Seine Schwertspitze schrammte über das Kettenhemd des Franken, der fast das Gleichgewicht verlor und sich taumelnd außer Reichweite der Waffe brachte. Mit einer schnellen Drehung riß der Burgunde sein Schwert herum und führte einen Schlag nach dem Kopf des Statthalters. Heli o dromus versuchte seine Klinge zur Parade hochzureißen, doch er war zu langsam. Funken stoben, als Volkers Schwertspitze kreischend über die eiserne Gesichtsmaske schrammte. So als habe ihn die Faust eines Riesen getroffen, schwankte der Stat t halter und brach dann in die Knie. In der eisernen Maske klaffte ein Schnitt, der von der Schläfe bis zum Kinn reichte. Dunkles Blut floß über das polierte Metall. Heliodromus fiel die Waffe aus den Händen. Im Licht der Fackel, die er vor Beginn des Kampfes zu Boden gelegt hatte, blinkte ein Ring mit einem go l denen Löwenkopf. Ein ungewöhnlicher Schmuck für einen Kämpfer …
Einige Herzschläge lang herrschte atemlose Stille auf dem Marktplatz. Dann eilten einige der Krieger des Statthalters he r bei, um den Magister Equitum aufzuheben und fortzutragen. Volker schob sein Schwert in die Scheide und dankte Gott in einem stummen Gebet.
Ein Krieger mit einem Maskenhelm, über dem sich ein breiter Federkamm erhob, trat vor den Barden. »Für heute hast du g e wonnen, Burgunde. Nimm die Zauberin und sieh, daß du d a vonkommst. Heliodromus hat dir versprochen, daß der Sieger freies Geleit bekommt. Ich werde sein Wort nicht in Frage ste l len, doch glaube ich nicht, daß du auf ehrliche Weise gewonnen hast. Jeder konnte sehen, auf welch wunderliche Art du dein Schwert führst, Burgunde. Das haben dich Dämonen gelehrt! In ehrbarem Kampf hättest du den Statthalter niemals besiegt. Wisse also, daß ich dich der schändlichen Zauberei anklage, und von morgen an werden meine Männer dich jagen und dich und die Deinen töten, wo immer sie dich finden.«
Volker bedachte den Offizier mit einem abfälligen Blick, dann zog er seinen Dolch und stieg auf den Scheiterhaufen, um die Fesseln der Bardin zu lösen. Belliesa nickte ihm dankbar zu und massierte einen Augenblick lang ihre blutunterlaufenen Han d gelenke. Dann löste sie den Knebel und sprang mit einem Satz von dem Holzstoß. Der Spielmann sah ihr verwundert nach. Er hatte nicht gerade erwartet, daß sie ihm um den Hals fiel und küßte, aber mit etwas mehr Dank für ihre Rettung hatte er schon gerechnet. Belliesa ging auf ihr Pferd zu, holte einen la n gen schwarzen Umhang aus den Satteltaschen und legte ihn sich um die Schultern. Mit einem Satz war sie im Sattel und blickte zu ihm. »Kommt, Barde, wir haben noch einen weiten Weg bis zur Dämmerung.«
Volker wollte etwas sagen, biß sich aber im letzten Moment auf die Lippen. Wenn er jetzt etwas auf ihre Frechheiten erw i derte, würde die ganze Sache peinlich für ihn. Wie konnte sie es wagen, einfach die Führung an
Weitere Kostenlose Bücher