Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
offenbar auf die Seite der Bardin schlagen! Es war höchste Zeit, das Ruder wi e der in die Hand zu bekommen. »Wir werden Richtung Treveris reiten und nehmen dein großzügiges Angebot, uns als Führerin zu dienen, gerne an, Belliesa. Unser Weg hätte uns ohnehin dorthin geführt.«
Die Bardin musterte ihn scharf. »Von Dienen kann hier nicht die Rede sein. Ich habe dich um nichts gebeten, Ritter. Es war allein deine Entscheidung, Heliodromus herauszufordern. Ich habe mich für das bedankt, was du unaufgefordert für mich getan hast. Damit ist die Angelegenheit für mich erledigt.«
»Du hattest zwar einen Knebel im Mund, aber deine Blinke waren beredter als tausend Worte, kleine Bardin … «
»Offenbar sprechen wir dann wohl nicht dieselbe Sprache, Spielmann.« Belliesa wendete ihr Pferd und trieb es den steilen Waldweg hinan.
Volker sah ihr schweigend nach.
»Wäre es vielleicht nicht doch klüger, wenn wir ihr folgen würden?«
»Findest du ihr Verhalten in Ordnung, Golo?«
Der junge Ritter wich Volkers Blicken aus. »Sie hat sicher eine Menge durchgemacht … Wir können uns morgen ja immer noch von ihr trennen.«
»Du hast recht. Wir sollten ihr Gelegenheit geben, sich von i h rem Schrecken zu erholen. Dann wird sie sicher umgänglicher werden. Gott allein mag wissen, was die Franken ihr angetan haben. Wenn wir nicht auf sie aufpassen, wird ihr vielleicht noch etwas zustoßen.«
Golo brummte etwas Unverständliches. Dann folgten die be i den Ritter und Mechthild der Bardin.
Prüfend tastete Golo über die abgestorbenen Äste, die unter dem Brombeergestrüpp lagen. Sie waren ein wenig feucht, aber doch noch trocken genug, um als Brennholz für das Lagerfeuer zu dienen. Verfluchter Regen! Es würde nicht mehr lange hell sein, und er hatte erst einen Arm voll Reisig zur Höhle hochg e tragen. Das reichte bei weitem nicht aus, um ein Feuer zu entf a chen, an dem sie alle ihre Kleider trocknen konnten. Nach längstens zwei Stunden wäre alles aufgebraucht und dann … Golo schauderte es bei dem Gedanken, in halbnassen Gewä n dern in der kühlen Höhle zu übernachten. Der Sommer war schnell vorübergegangen. Gerade eine Woche war es her, daß er über die Hitze unten am Fluß geflucht hatte. Und jetzt … Seit sie Castra Bonna verlassen hatten, war das Wetter immer schlechter geworden. Kein Tag verging, an dem es nicht ein paar Stunden geregnet hätte, und wenn die Sonne einmal durch die Wolken brach, dann hatten ihre Strahlen kaum die Kraft, die klammen Kleider wieder zu trocknen.
Mit Schrecken dachte Golo an die Geschichten, die man sich über den Winter in den Bergen erzählte. Manchmal wurden die Häuser bis zum Giebel eingeschneit, so daß man ein Loch ins Dach brechen mußte, um nach draußen zu gelangen. Und jetzt noch diese Sache mit den Franken. In keiner Stadt und keinem Weiler in den Bergen würden sie sich noch blicken lassen kö n nen. Wahrscheinlich würde auch Graf Ricchar nicht eher ruhen, bis er sie beide gefaßt hatte. Das klügste wäre es, sich von der Bardin auf verborgenen Wegen bis nach Treveris bringen zu lassen. Dort herrschten die Burgunden, und sie waren in S i cherheit. Golo schnaubte resignierend. Wenn sie tatsächlich in die Stadt ritten, dann wäre es das erste Mal, daß Volker sich entschied, das Klügste zu tun. Er sollte besser nicht damit rec h nen … Golo hob das Reisigbündel auf, um als nächstes in dem Tannengehölz hinter den Brombeerbüschen nach trockenen Ästen zu suchen.
»Herr … «
Erschrocken fuhr der junge Ritter herum. Mechthild stand hinter ihm. Er hatte sie nicht kommen hören. Sie mußte wie ein Wiesel über die Lichtung geschlichen sein.
»Mach das nicht noch mal. Du hättest mich fast zu Tode e r schreckt.«
»Ich … Entschuldigt. Ich wollte Euch nur auf Wiedersehen s a gen, Herr.«
Golo schaute sie verblüfft an. Es waren die ersten Worte, die sie an ihn richtete. »Du kannst ja reden, Kleine.«
Sie blickte verlegen zur Seite. »Ich werde jetzt gehen, Herr.«
»Wohin willst du denn? Hat Volker dich zum Wasserholen geschickt?«
Mechthild schüttelte den Kopf. »Ich suche … den Eber.«
»Was?« Golo ließ das Reisigbündel fallen. »Was willst du denn von diesem gottverfluchten Bastard?«
Das Mädchen zog ein schmales Messer aus dem Ärmel ihres Gewandes. »Ich werde ihn töten … hiermit. Er hat meine Eltern ermordet und meine Brüder … Ich … «
Der junge Ritter starrte die Waffe an. »Woher hast du das?«
»Volker hat es mir
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