Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
gegeben. Nachdem wir im Buchenhain die … die toten Sachsen … «
»Ich nehme an, Volker weiß nicht, was du vorhast.«
Sie nickte. »Wozu. Er wollte mich doch ohnehin nach Treveris bringen und dort bei irgendeiner Familie in Obhut geben. Stimmt das nicht?«
»Nun … Das weiß ich nicht.«
»Ihr hättet mich am liebsten gleich in Castra Bonna gelassen, Herr Golo. Ich weiß es … Ich habe Euch einmal belauscht, als Ihr nachts mit Volker gesprochen habt.«
Der junge Ritter stemmte die Hände in die Hüften. »Du hast uns also belauscht … « Er lächelte. »Das hätte ich mir denken können. Ja, es stimmt! Ich war dagegen, dich mitzunehmen, weil ich mir sicher war, daß es auf dieser Reise noch Ärger g e ben würde. Ich halte es immer noch für falsch, daß du uns b e gleitest. Du bist nur unnötig in Gefahr.«
»Ihr wolltet mich nicht mitnehmen, weil Ihr Euch Sorgen um mich macht?«
»Also … Im Herbst durch die Wälder zu reiten ist nicht so n derlich angenehm, wie du ja sicherlich auch schon bemerkt hast. Was macht es für einen Sinn, dich all diesen Strapazen auszusetzen, wenn es am Ende doch so sein wird, daß wir dich irgendwo zurücklassen müssen. Dann hätten wir dich auch gleich in Castra Bonna lassen können, wo du Freunde und Verwandte hast. Dieser Meinung bin ich übrigens noch i m mer!«
»Ich habe dort keine Freunde, und meine Familie … Der Eber hat sie alle getötet.« Sie schloß die Faust fester um das Messer. »Dafür wird er sterben!«
»Willst du ihn zum Duell fordern?« höhnte Golo. »Er hat dich umgebracht, bevor du überhaupt dein Messer gehoben hast.«
Mechthild warf den Kopf zurück, schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht und blickte ihn trotzig an. »Ich bin eine Frau. Ich habe es nicht nötig, ihn zum Duell zu fordern. Es gibt noch andere Wege … «
Der junge Ritter mußte lächeln. Sie war recht hübsch. Bis jetzt hatte er sich noch keinerlei Gedanken darüber gemacht. Er ha t te Mechthild immer nur als lästigen Ballast auf ihrer Reise g e sehen. Doch auch wenn sie für ihr Alter schon recht ansehnlich war, so würden doch noch ein oder zwei Jahre verstreichen müssen, bevor sie sich wirklich eine Frau nennen könnte. »Du willst den Eber also verführen und dann, wenn er in deinen Armen liegt, niederstechen. Du weißt, daß dein erster Stich ihn töten muß, sonst wird er dich umbringen. Er ist stärker als du, und er weiß, wie man tötet. Dein einziger Vorteil ist die Übe r raschung. Wie würdest du dein Messer denn benutzen? Wü r dest du es ihm in den Bauch stechen?«
In den Augen der Kleinen spiegelte sich eine tödliche En t schlossenheit. Es wäre ihr egal, ob sie der Anschlag das Leben kostete. Sie wußte, daß sie, selbst wenn es ihr gelang, den Eber zu ermorden, seinen Männern nicht entkommen würde. »Ich werde ihm die Klinge von oben ins Herz stoßen, nachdem er mich genommen hat und erschöpft ist.«
»Vielleicht hast du damit Glück … Wenn du jemanden mit e i nem Messer töten willst, ist es allerdings immer besser, den Stoß von unten zu führen. Stichst du von oben zu, gleitet die Klinge an den Rippen ab, und du kannst deinen Gegner nicht tödlich verletzen. Es sei denn, er liegt … Dann mag es dir vie l leicht gelingen. Aber ein Plan, in dem der eigene Tod von vornherein unvermeidlich ist, ist niemals ein guter Plan. Volker mag darüber vielleicht anders denken … Was mich angeht, bin ich meines Lebens jedenfalls noch nicht überdrüssig.«
»Für dich wäre es leicht, den Eber zu töten, nicht wahr?«
Golo runzelte die Stirn. Worauf wollte sie hinaus? »Ich weiß nicht, ob ich es könnte. Ich habe ihn noch nicht im Zweikampf gesehen. Auf jeden Fall scheint er ein sehr guter Bogenschütze zu sein. Aber mach dir keine falschen Hoffnungen! Ich würde ihn nicht herausfordern, um deine Eltern zu rächen. Es gibt für mich keinen Grund, mit ihm zu kämpfen.«
Mechthild starrte den jungen Ritter lange an. Inzwischen war es völlig dunkel geworden. Golo hob das Reisigbündel auf und winkte ihr. »Komm, laß uns zurück zur Höhle gehen, und ve r giß deine Rachegedanken. Es wird dir nicht gelingen, den Eber zu töten.«
Das Mädchen preßte trotzig die Lippen zusammen. »Du hä t test mich nach Treveris gebracht, wenn Volker heute im Duell gestorben wäre, nicht wahr?«
Golo nickte knapp. Der Regen war stärker geworden, und er wollte zurück ins Trockene.
»Aber du warst auch von Anfang an dagegen, mich mitz u nehmen … Trotzdem wärest
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