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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Willen nicht vorstellen, daß der Eber wegen einer Lüge ein schlechtes Gewissen hatte.
    »Erinnerst du dich an Belliesas Worte über das Land, das u n ter dem Schlamm des Flusses begraben liegt. Es ist schwarz und verdorben, doch weil sich die, die zurückgeblieben sind, vo r stellen können, daß es einst wieder blühende Wiesen und Fe l der geben wird, wird es eines Tages auch wieder anders sein … «
    Volker nickte. Er hielt das Bild, das die Bardin geprägt hatte, nicht für so eindrucksvoll wie der Räuber. Aber vielleicht war das nur so, weil er an den Ufern des großen Flusses aufgewac h sen war und genau wußte, daß man nach dem Hochwasser im Frühjahr nicht viel tun mußte. Im Gegenteil. Es brachte fruch t baren Boden, und die Felder begannen ganz von alleine wieder zu blühen …
    »Ich weiß, daß ich nicht der Held bin, von dem sie gestern g e sungen hat. Ich bin auch kein Narr. Ich weiß genau, daß sie mich letzte Nacht auch als einen Mörder und ein Ungeheuer hätte darstellen können … Wenn sie es gewollt hätte, wären meine Männer gekommen, um mir meine Eingeweide herau s zureißen, statt mich auf ihren Schultern zu tragen, so wie sie es getan haben.« Der Eber rieb sich sein vernarbtes Kinn. Einige Herzschläge lang herrschte Schweigen zwischen den beiden.
    »Ich weiß, daß ich an deiner Seite ein Held sein könnte … Auserwählter. Gestern abend von meinen Männern gefeiert zu werden, das war besser als eine Nacht bei einer Hure, die sich wirklich auf ihr Geschäft versteht und mich vergessen läßt, wie ich aussehe und was ich bin.«
    Der Eber ließ sich auf den grob gezimmerten Stuhl neben dem Lager aus Fellen nieder. Doch es war mehr als nur ein Sichse t zen, er schien regelrecht in sich zusammenzusinken. »Der Mord an dem Statthalter … Ich habe es wegen der Dinge getan, die er mir gesagt hatte. Ich kenne diesen Blick, von dem er gespr o chen hat, sehr gut. Die Angst und den Ekel. Gestern, das war so anders … Es hat mir gut getan. Doch jetzt ist das Gefühl wieder fort. Statt dessen bin ich traurig und … Nein, es ist auch keine richtige Trauer. Es ist … Weißt du, was ich meine?«
    Der Spielmann nickte. Er war sich zwar nicht ganz sicher, ob er den Räuber verstand, doch schien es ihm klüger, den Eber jetzt nicht zu unterbrechen.
    »Belliesas Geschichte war eine Lüge. Du weißt genau, daß ich nur deshalb nach Castra Corona gegangen bin, weil ich Angst hatte, daß meine Männer gegen mich rebelliert hätten, wenn am Ende des Winters die Vorratsspeicher leer gewesen wären. Und trotzdem hat mich ihre Geschichte berührt … weil es die Wah r heit hätte sein sollen. Ich habe mich nie darum geschert, ob ich geliebt wurde. Aber heute abend haben sie mich gefeiert, sie haben mich hochgehoben. Und das, Ritter, war der schönste Augenblick in meinem Leben.«
    »Wie war das, als du die Krieger angegriffen hast, um mich zu retten. Hattest du Angst?«
    »Ja.« Der Eber nickte.
    »Und dennoch hast du es getan, ohne darüber nachzudenken, ob du getötet werden könntest.«
    »Weißt du, ich habe nur noch die Franken gesehen. Dich konnte ich im Dunklen nicht erkennen. Ich habe auch nicht mehr an dich gedacht. Mein Weg war versperrt, und ich wollte nur noch so viele Feinde wie möglich mit ins Grab nehmen. Das war alles. Das ist meine Heldengeschichte … «
    Wieder herrschte Schweigen zwischen den beiden, bis schlie ß lich Volker fragte: »Und wenn du am Tor gestanden hättest und ich in der Falle gewesen wäre, hättest du mir geholfen?«
    »Hältst du mich für verrückt?« Der Eber grinste, dann wurde er plötzlich ernst. »Du wirst Gelegenheit haben zu sehen, ob ich mich ändern kann oder ob mich diese dummen Geschichten der Bardin nur in seltsame Stimmungen gestürzt haben. Ricchar hat all diejenigen aus den Städten, die noch unter seiner Her r schaft stehen, vertreiben lassen, die nicht öffentlich dem Chri s tentum abschwören wollten oder denen seine Männer unte r stellten, daß sie insgeheim auf Seiten der Rebellen stehen. Der Fürst hat Angst vor dir, Ritter. Ich möchte, daß er auch Angst vor mir hat. Als erstes werden wir in die Berge gehen und s e hen, wer von den Flüchtlingen noch lebt … Wir bringen sie nach hier oder in die Städte. Natürlich will Ricchar unsere Vorräte erschöpfen, indem er all diese unnützen Esser zu uns schickt … «
    Volker wollte protestieren. Er fühlte sich noch zu schwach, um wieder in die Berge zu gehen, aber der Räuber ließ ihn nicht

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