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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Stadt erobern will, soll man dreimal so viele Truppen wie der Verteidiger aufbieten können. Am besten sogar noch mehr, wenn man ein Blutbad verhindern will. Das weiß jeder Stratege.«
    Der Spielmann beugte sich über die Karte. Nahe bei Dune w a ren drei kleine Seen eingezeichnet. Der Weg zur Festung führte an ihnen vorbei. »Was ist das hier für ein Gelände?«
    Der Eber schnitt eine Grimasse. »Die Maare? Das ist eine scheußliche Gegend. Niemand, der seine Sinne beisammen hat, geht dort freiwillig hin. Das Land dort sieht aus wie tot. Siehst du diesen See?« Der Gesetzlose zeigte auf die Karte, und seine Finger zitterten. »Das ist das Totenmaar. Dort stehen die Ru i nen einer römischen Siedlung. Die Franken haben sie vor hu n dert Jahren niedergebrannt. Man sagt, daß es dort spukt.«
    »Dann werden wir sie dort abfangen!«
    »Abfangen? Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen! Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Dieser Platz ist ve r flucht!«
    Volker nickte. »Ich habe dich sehr gut verstanden. Doch es waren die Franken, die dort gemordet haben. Sie werden noch sehr viel mehr Angst vor diesem Platz haben als unsere Mä n ner.«
    »Du willst doch nicht etwa die Stadt verlassen?« erhob Rother seine Stimme. »Sie sind uns fast um das Doppelte überlegen. Auf freiem Feld wird Ricchar unsere Truppen einfach ze r schmettern. Seine Männer sind besser ausgebildet und besser bewaffnet. Du solltest nicht vergessen, daß wir keine richtigen Soldaten kommandieren, sondern einen Haufen undisziplinie r ter Bauern.«
    »Gerade deshalb dürfen wir nicht warten. Was glaubst du, was passieren wird, wenn wir hier auf unseren Hintern sitzen bleiben, bis Ricchar vor den Toren aufmarschiert. Wenn wir ihm das Handeln überlassen, wird er vor der Stadt eine so ei n drucksvolle Truppenparade abhalten, daß sich unsere Männer freiwillig ergeben, ohne auch nur einen einzigen Schwertstreich zu führen!«
    »Es sind halt nur Bauern und keine Krieger«, brummte Ro t her.
    »Nein!« Volker schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Jeder von ihnen ist voller Begeisterung hierhergekommen und mit der Bereitschaft, sein Leben für die Sache einzusetzen, von der er überzeugt ist. Einen höheren Preis vermag auch ein au s gebildeter Krieger nicht zu geben. Sprich nicht so über unsere Männer. Sie werden an deinen Blicken sehen, was du von ihnen hältst. So schwächst du ihre Kampfkraft! Sie werden anfangen zu zweifeln, und die Angst wird in ihren Herzen keimen. Und was Ricchars Armee angeht … Natürlich bin ich nicht wahnsi n nig. Ich werde nicht sein ganzes Heer angreifen. Wir nehmen uns den nächsten Verstärkungstrupp vor, der zu ihm stoßen will. So werden wir die Übermacht haben.« Der Spielmann drehte sich zum Eber um, der sich erschöpft auf dem einzigen Stuhl im Kartenraum niedergelassen hatte. »Traust du dir zu, unsere Truppen für zwei oder drei Tage gegen die Späher Ri c chars abzuschirmen. Ich möchte, daß er nicht weiß, was wir tun. Ein anderer Trupp muß herausfinden, wann die nächsten Verstärkungen zum Armeelager stoßen.«
    Der Narbige schüttelte erschöpft den Kopf. »Du bist derjenige, der hier für Wunder zuständig ist. Ich habe zu viele Männer verloren … Du müßtest mir jeden Jäger und Wilderer überla s sen. Jeden, der sich in der Wildnis auskennt und mit einem B o gen umgehen kann. Um diese Aufgabe zu erfüllen, brauche ich mindestens fünfzig Mann. Besser noch mehr.«
    Volker strich sich nachdenklich über das Kinn. Es mußte mö g lich sein, die Franken zu täuschen. Er würde schlechtes Wetter abwarten. Dann würden nur wenige Sachsenspäher die Stadt beobachten. »Golo, du sorgst dafür, daß der Eber morgen neue Männer bekommt. Unsere Versammlung ist hiermit beendet. Wir werden morgen weitersehen.«
    »Aber … « Rother blickte den Spielmann finster an.
    Volker winkte ab. »Morgen. Wir brauchen unseren Schlaf, und ich möchte noch einmal in Ruhe überdenken, ob es vie l leicht noch eine andere Möglichkeit gibt, gegen Ricchar vorz u gehen.«
    Die anderen gehorchten. Nur Golo blieb noch einmal in der Tür stehen und blickte zurück. »Ist alles in Ordnung?«
    Der Spielmann nickte müde. »Ja.« Volker wollte allein sein. Als die Schritte seiner Gefährten auf der Treppe verklungen waren, stand er auf und folgte ihnen. Er mußte hinaus an die klare Nachtluft. In der engen Kammer hatte er das Gefühl, nicht mehr atmen zu können.
    Die Morgendämmerung war noch fern, als er

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