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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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können.«
    »Finden wofür?« fragte Tobias. »Und Patenschaft ? Ich habe mit Claes nichts zu tun. Weswegen brauchen sie ihn denn?«
    Überrascht sah sein Onkel ihn an. »Wegen seiner Talente. Du mußt doch wissen, wie gefragt er war, als er Brügge verließ.« Er hielt inne. »Und er weiß tatsächlich viel mehr, als er sollte.«
    Tobias mußte an Quilico denken, kam jedoch zu dem Schluß, daß sein Onkel unmöglich von diesem Arzt wissen konnte, der so vertraut war mit den Alaunminen von Phokäa. Und der im Rausch dazu neigte, kranken Schlaubergern und seinen Kollegen etwas von anderen, unerschlossenen Alaunlagern zu erzählen. Doch dann wurde ihm klar, daß der Professor vielleicht schon alles über Quilico wußte, falls Claes es ihm gesagt hatte. Aber warum hätte er das tun sollen? »Das müßt Ihr mir erklären«, bat Tobias vorsichtig.
    »Spricht so ein Arzt? Wo bleibt deine Diagnose, mein Junge! Du hast das Kartenspiel gesehen. Der junge Mann schnappt im Handumdrehen Sprachen auf, und er kann mit Zahlen umgehen. Was wird so einer wohl aus einem privaten Kurierdienst machen?«
    Tobias spürte, wie er aus purer Erleichterung lächelte. Das war es also. Der Kurierdienst. Das hätte er sich auch denken können. Er erinnerte sich an die Mappe, die Loppe auf der Reise stets bei sich getragen hatte, und an die schönen Briefe mit den Schnüren und Siegeln. Wer komplizierte Spielkästchen schnitzte, dessen Hände taugten auch zum Stehlen und Fälschen. Und der war sogar schlau genug, die Schriftstücke anderer Leute zu entschlüsseln. Die Männer, die in der herzoglichen Kanzlei oder in den Kontoren der Medici die Geheimschriften erfanden, waren genau von dieser Art.
    »Wollen sie ihn bestechen, oder heuern sie ihn an?« fragte Tobias, der immer noch lächelte. »Oder täuschen sie beides vor und mischen ihm dann etwas Tödliches in den Wein?«
    »Mit dem Gedanken haben sie vermutlich gespielt«, entgegnete sein Onkel sanft. »Jedenfalls so lange, bis sie erfuhren, daß er ein Freund meines Neffen ist, und mich um Rat baten. Und ich war sehr gern behilflich und bin es noch.«
    »Ein Freund von mir? Danke vielmals, aber dieser Kerl ist ein Färberlehrling.«
    »Nun, du hast ihm das Leben gerettet. So wurde mir jedenfalls berichtet. Und bist mit ihm nach Mailand gekommen. Zudem hast du großes Interesse an einer Neuigkeit gezeigt, die du in Brügge aufgeschnappt hast. Oder hast du nicht einmal soviel Verstand, zu begreifen, worum es bei alldem geht?«
    Das Lächeln wich aus Tobias’ Gesicht. Nie wieder würde er Vermutungen anstellen. Sie sprachen also keineswegs nur von einem Kurierdienst. Sie sprachen von Alaun, und alle - selbst sein Onkel - wußten viel mehr als er. Und sie versuchten, ihn mit hineinzuziehen. Ein lukratives Geschäft mit Claes war eine Sache. Sich von der Acciajuoli-Familie manipulieren zu lassen eine ganz andere. »Verstehe«, sagte Tobias. »Nun, sollten sie mich fragen, ich habe nichts damit zu tun.«
    »Hast du etwa Angst?« fragte sein Onkel. »Dein junger Freund Niccolò hat keine.«
    »Er hat nichts zu verlieren.«
    »Da hast du recht. Doch das spielt kaum eine Rolle. Du steckst schon mittendrin und kommst nicht mehr heraus.«
    »Da erlaube ich mir, anderer Ansicht zu sein.«
    Tobias versuchte danach noch zweimal, sich zu verabschieden, wurde aber von seinem Onkel aufgehalten. Keiner fragte ihn etwas, keiner bot ihm etwas an, außer Essen und Trinken und belangloser Plauderei, was ihn nur noch wütender machte. Da er keine Gelegenheit hatte, etwas zu erklären, zu widerlegen oder abzustreiten, begnügte er sich damit, Claes soweit wie möglich zu ignorieren. Als es ihm endlich gelang, sich zu verabschieden, war er empört, denn sein Onkel halste ihm Claes auf. Sie wohnten doch im selben Gasthof, meinte Giammatteo. Und jetzt nach Einbruch der Dunkelheit sei es für seinen Neffen und den jungen Mann sicherer, den Heimweg gemeinsam anzutreten. Messer Agnolo werde ihnen sicher eine Laterne leihen.
    Die dann Claes trug. Wutschnaubend ging Tobias vor ihm die Treppe hinunter und durchquerte den Innenhof. Die Laterne in Claes’ Hand schaukelte hin und her. Tobias’ Schatten hüpfte von Pfeiler zu Pfeiler und stolzierte mit hoch erhobenem Kinn grotesk über die Wände. Als sie auf die Straße hinaustraten, fluchte Tobias laut, drehte sich um und packte Claes beim Handgelenk. Dann zog er die Laterne an sich und löschte sie.
    Das trübe Licht von der Vorhalle der Acciajuoli ließ Claes’

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