Niccolòs Aufstieg
mit dem Holzbein. Als ich den Posten beim venezianischen Kommodore nicht annahm. Da hat er wohl seinen Acciajuoli-Cousins geschrieben und ihnen alles über Euch erzählt.«
»Und warum?« Tobias nieste herzhaft.
»Weil Ihr Quilico ausgefragt habt. Ihr erinnert Euch doch. Der Schiffsarzt, der früher in der Levante gearbeitet hat. Er glaubte wohl, Quilico könne mich für die Kolonien begeistern merkte aber nicht, daß er einen Färber, einen Arzt und einen Mann aus dem Alaun-Geschäft zusammengebracht hatte und daß wir vielleicht Schlüsse ziehen würden. Vermutlich hat er sich ziemliche Sorgen gemacht. Und hätte er nicht herausgefunden, wer Ihr seid, wäre mir wohl ein kleiner Unfall zugestoßen. Euer Onkel ist ein mächtiger Mann, nicht wahr?«
»Vergiß meinen Onkel«, sagte Tobias, und ohne nachzudenken setzte er sich aufs Bett. »Der Grieche mit dem Holzbein. Wußtest du, daß sein Bruder die Konzession für Alaun in Phokäa hat?«
»Damals nicht. Aber ich glaube, Anselm Adorne wußte es.«
»Adorne?« Tobias erinnerte sich. Dieser gutaussehende Bürger von Brügge mit seiner Jerusalemkirche, dessen Verwandte Dogen von Genua waren.
»Ja«, bestätigte Claes. »Seit zweihundert Jahren treiben die Genueser Handel mit der Levante. Die Zaccharia, die Doria, die da Castro, die Camulio. Adorne ist fast genauso lange einer der großen Namen auf Chios gewesen. Wenn Ihr interessiert gewesen wärt, hättet Ihr hier in Mailand Prosper de Camulio kennenlernen müssen. Er weiß mehr über Alaun als sonst jemand.«
»Da Castro, interessant. Warum war Giovanni da Castro heute abend da? Es herrscht weltweit Mangel an Alaun. Die Mine in Phokäa ist die ergiebigste, und Venedig und Bartolomeo, der Bruder des Griechen, haben von den Türken das alleinige Verwertungsrecht. Eine konkurrierende Alaunmine dürfte kaum in ihrem Interesse liegen. Warum wurde dann der Patensohn des Papstes eingeladen, der doch auf Gelder hofft, um eine weitere finden zu können? Warum waren wir beide eingeladen, wenn sie wissen, daß Quilico dir von einer weiteren Mine erzählt hat, und sie annehmen, mir ebenfalls?«
Claes’ große Augen glänzten. Er wirkte so gespannt, als warte er auf das Ende eines Märchens.
Tobias machte den Mund auf, aber es kam nur ein Niesen, Er zog ein Taschentuch hervor, hielt es vor die Nase und sagte so bissig, wie er konnte: »Die Acciajuoli unterstützen wohl Euch beide dich und Giovanni da Castro. Und als Gegenleistung für die Gewinne aus der neuen Mine werden sie dich bezahlen, damit du da Castro beim Ausbeuten des Alaunvorkommens hilfst.« Er putzte seine Nase.
Claes sah ihn interessiert an. »O nein, tut mir leid. Nein. Giovanni da Castro hat noch gar nicht angefangen, nach Alaun zu suchen. Er hat es auch nicht besonders eilig. Ich glaube, er war da, weil die Acciajuoli froh wären, wenn ich ihn umbringen würde. Denn die vom Alaun aus Phokäa Profitierenden wollen natürlich nicht, daß eine neue Mine gefunden wird.«
»Sie erkaufen dein Schweigen ?« Ein ehrfürchtiger Schauer ergriff Tobias, und er wischte sich schnell mit dem Taschentuch über die Stirn.
»Und Eures natürlich. Sie glauben, daß Ihr wißt, was ich weiß.«
Tobias starrte den ehemaligen Lehrling an. »Es dürfte mir schwerfallen, diesen Eindruck zu erhärten.«
»Da sind noch die Informationen, die sie ebenfalls kaufen«, sagte Claes gutgelaunt. »Der Vertrag ist noch ganz neu. Ich habe ihnen einen Kurierdienst verkauft. Darum waren Monsieur Gaston, Marco Parenti und die Schwester der Strozzi da. Mit Alaun hat das nichts zu tun. Ein ganz normales Geschäft. Das Haus Charetty stellt die Kuriere, und ich beschaffe spezielle Informationen. Sie hoffen, Ihr bleibt vielleicht in Mailand und beaufsichtigt das Ganze. Sonst braucht Ihr nichts zu tun. Ihr nehmt einfach das Geld und gebt vor, etwas dafür zu tun. Und schweigt über den Alaun.«
Claes hielt inne und runzelte die Stirn. »Schwierig wird es nur, wenn Ihr das Geld nicht nehmt. Dann glauben sie, daß Ihr nicht schweigen werdet.«
»Vielen Dank«, sagte Tobias. »Du hast mich in eine Verschwörung zum Schutz eines Alaun-Monopols verwickelt. Und jetzt bringst du mich auch noch mit Spionage in Verbindung.«
»Spionage?« wiederholte Claes. »Davon verstehe ich nichts, Meester Tobias. Botschafter spionieren, Gesandte und Unterhändler. In solchen Kreisen bewege ich mich nicht. Ich höre nur, worüber die Schreiber von Handeltreibenden reden und die Verwalter von Kaufleuten,
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