Niccolòs Aufstieg
Claes. »Ich sehe schon, es ist nicht erwünscht. Ich nehme es zurück. Es war ein Stachelschwein im Käfig.«
»Das ist doch das gleiche«, sagte Lorenzo Strozzi, schon wieder mißmutig. »Wie geht es Meester Julius? Und den anderen?«
Der päpstliche Troß hatte sich weiterbewegt, so daß nun sie in die Stadt einziehen und lärmend durch die schmalen Straßen reiten konnten, wo jeder zweite Mann und manches junge Mädchen ihnen einen Gruß zurief.
»Meester Julius geht es gut, soweit ein schlichter Mensch wie ich das beurteilen kann«, sagte Claes. »Wenn er nicht gerade in dem einen Palast ist, um Verträge aufzusetzen, ist er im anderen und feilscht um Gebühren und Proviant oder tanzt höfische Tänze mit feinen Damen.«
»Astorre auch?« fragte Anselm.
»Der nobelste Tänzer in ganz Italien«, sagte Claes. »Wenn ihr Astorre sehen könntet - Hand in Hand mit der Herzogin, auf dem Kopf ein Barett, das sich unter Blumenschmuck biegt, und am Wams so lange Rüschen und Bänder, daß auf jeder Seite ein Page nötig ist, der sie trägt. Ihr würdet vor Bewunderung in Tränen ausbrechen. Und was den Doktor angeht, so sollte sich Euer Schwager vorsehen, Messer Lorenzo. Eure Schwester ist die hübscheste junge Frau in ganz Mailand, und Meester Tobias hat nicht lang gebraucht, um das zu bemerken.«
»Du hast Caterina gesehen?« Lorenzos Blick leuchtete auf. »Und meine Mutter? Hatten sie Nachricht von Filippo?«
»Und Loppe? Und Bruder Gilles …?«
»Die Pferde? Hast du Lionetto gesehen?«
»Und die Mädchen? Sag schon, wie waren die Mädchen wirklich?«
Es war eine fröhliche Heimkehr.
Nachdem die anderen gegangen waren und sie mit viel gutem Zureden die beiden Schwestern, die alles aufgeregt und mit großen Augen verfolgt hatten, zum Schlafengehen bewegen konnten, saß Felix noch bis in die Nacht im kleinen Arbeitszimmer seiner Mutter am Feuer und redete wie ein Wasserfall, während Claes zuhörte. Jemand mit schärferem Blick hätte sich angesichts seines Aussehens vielleicht gefragt, warum er nach der langen Reise noch so lange aufblieb.
Ein Teil seiner Geschäfte war erledigt. Da seine Herrin nicht da war, brauchte er niemandem Rechenschaft abzulegen. Nach dem Abladen waren Thomas und die Soldaten für den Abend entlassen worden, und Claes hatte den erwarteten Besuch in der Färberei gemacht, um sich von seinen Freunden auf die Schulter klopfen zu lassen und die eher einfachen Fragen des Meisters Henning zu beantworten. Danach war er, wie es sich für einen Kurier gehört, kreuz und quer durch die Stadt gezogen und hatte Briefe abgegeben. Einige Türen blieben verschlossen, einige Kaufleute traf er nicht an. Er würde dafür sorgen müssen, daß die nicht zugestellten Sendungen ihre Empfänger später erreichten. Auch einige mündliche Berichte hatte er noch zu erstatten.
Ein paar Kunden, die neugierig waren, wollten ihn noch einmal sprechen, bei einem Gläschen. Morgen mußte er zu Angelo Tani. Nein, heute. Es war schon spät.
»… das war nach der Explosion«, sagte Felix gerade.
»Explosion?« Als erstes hatte Claes natürlich alles über das Mädchen gehört. Das Mädchen, das Felix - endlich - um seine Unschuld gebracht hatte. Es war nicht Mabelie gewesen, wie Claes vermutet hatte, sondern ein Mädchen aus Varsenare, das als Küchenhilfe eingestellt worden war. Sie war so neu in der Stadt, daß nicht einmal die Seeleute Gelegenheit gehabt hatten, sich an sie heranzumachen. (O ja, die Flandern-Galeeren waren noch hier. Ein großer Teil der Seeleute war in den Werften mit Kalfatern und Ausbesserungsarbeiten beschäftigt, und die Stadt bemühte sich auch für die anderen um Arbeit, trotzdem war für diese ausländischen Schweine jeden Abend Karneval. Wobei Felix einfiel, daß …)
»Es ist nicht mehr lang bis zum Karneval, ich weiß. Ich werde hier sein. Was gibt’s sonst noch?« fügte Claes hinzu - und erfuhr es in breiter Ausführlichkeit.
Die Stadtväter hatten inzwischen offenbar allen Humor verloren und sich über die kleinste Kleinigkeit in einer Weise aufgeregt, die absolut lächerlich war, was wiederum Felix’ Mutter fürchterlich erbost hatte, typisch Frau. Die Dinge, von denen Julius gesprochen hatte? Naja, ein paar davon waren erledigt. Er hatte jemanden gefunden, der Schnallen herstellte, und sie hatten mehrere Platten englisches Kupfer gekauft, von einem Schiff, das Calais nicht anlaufen wollte. Eine Frau hatte zugesagt, Unterhauben zu nähen. Aber dann hatte es diesen Ärger
Weitere Kostenlose Bücher