Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
Vom Netzwerk:
als noch relativ junger Mann an Verdiensten vorzuweisen hatte, konnte keiner in den Schmutz ziehen.
    Tommaso hatte seine starken Seiten. In die Verantwortung genommen, wenn Tani unterwegs war, verstand er es, gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und verärgerte Kunden zu besänftigen. Aber er war für Schmeicheleien anfällig. Bei seiner Rückkehr fand Tani stets diese oder jene Abmachung, diese oder jene Darlehensvereinbarung in den Büchern, die ihn und seine Arbeitgeber nachdenklich stimmten. Und bei Kritik zog Tommaso meist beleidigt ab, um seinem Kollegen bei den Strozzi, diesem Narren Lorenzo, sein Herz auszuschütten. In solchen Momenten rieb Angelo sich kurz über den runden Kopf mit den krausen Locken und griff dann zur Feder, um für Tommaso mit dem noblen, asketischen Gesicht und dem ausgeprägten Kulturbewußtsein einen Reiseplan zu entwerfen, der ihn nach Brüssel und Nieppe führen würde, wo er sich Herzog Philipp und seiner eigenwilligen Herzogin mitsamt ihren besser gekleideten Höflingen andienen konnte.
    Das war gut fürs Geschäft, und der gesellschaftliche Erfolg hielt Tommaso bei Laune. Angelo wünschte bisweilen, Tommaso würde heiraten, statt sich in endlose Verlöbnisse mit wuchtigen Frauen ohne Hirn zu verstricken. Wahrscheinlich wollte Caterina di Tommaso Piaciti wie alle guten florentinischen Mütter ihren Sohn einzig mit einer Florentinerin verheiratet sehen. Pigello war bereits verheiratet und hatte zwei vielversprechende Söhne. Nun ja, wenn eine seiner reizlosen Mätressen ihm einen ebenso reizlosen Sohn schenkte, würde das Tommaso vielleicht endlich antreiben, sich eine Braut aus Italien kommen zu lassen. Aber vielleicht lag ihm gar nichts daran, einen weiteren Zweig der Familie Portinari zu gründen, deren Stammbaum schon jetzt mehr als zweihundert Jahre zurückreichte. Angelo fragte sich oft, wie den Portinari in ihrer Rolle als Angestellte der Medici eigentlich zumute war. Die Portinari hatten eben nie Reichtümer oder gar ganze Städte erworben, während Cosimo beides gelungen war.
    Nun also nahm Angelo Tani seinen Stellvertreter mit in sein Zimmer, ehe der neue Kurier eintraf. »Es wäre sicher klug, zu vergessen, daß dieser Claes ein kleiner Lehrling war, Tommaso. Es gibt offenbar Leute in Mailand, die ihn für nützlich halten. Wir sollten ihn freundlich empfangen.«
    Tommaso trug einen neuen Ring mit einem Stein aus dem Orient, den er wohl bei seinem Einkauf von Waren der Flandern- Galeeren als eine Art Provision erhalten hatte. »Das wird ihn wundern«, erwiderte er. Seine Augenbrauen waren von modisch geschnittenen Stirnfransen verdeckt. »Als ich ihn das letzte Mal sah, trug er eine Schere unter dem Arm und hatte eine Schürze um, die man bis zum Belfried riechen konnte.«
    »Ich erwarte selbstverständlich nicht«, erklärte Tani, »daß du ihm die Füße küßt. Aber höfliche Anerkennung seines kleinen Aufstiegs wäre nicht fehl am Platz. Es sei denn, du würdest ihn lieber gar nicht sehen.«
    Vergebliche Hoffnung. Üppig beringt und tadellos gekleidet stand Tommaso an Angelo Tanis Seite, als Claes ins Vorzimmer trat. Er trug an diesem Tag keine Schürze, und seine Füße steckten statt in Holzschuhen in kurzen Stiefeln. Die Witwe Charetty hatte ihre Leute vor der Reise nach Mailand alle mit blauem Tuch eingekleidet, und Claes schien sich in dieser Tracht wohl zu fühlen: ein Wams mit hohem Kragen, darüber eine kurze, schlichte Jacke und auf dem Kopf eine Mütze mit doppelter Krempe. Er hatte sich von einem Bader rasieren lassen, und statt der alten zerschlissenen Tasche trug er eine neuere bei sich, mit einem stabilen Schloß. Sonst waren keine auffälligen Veränderungen an ihm zu erkennen. In seinen Wangen erschienen die Grübchen. »Ihr habt einen neuen Ring«, sagte er zu Tommaso. »Der Herzog Francesco hat auch so einen. Und eine passende Brosche dazu. Einer seiner Goldschmiede hat sie angefertigt. Was habt Ihr bezahlt?«
    Tommaso überlegte einen Moment, dann nannte er eine Zahl.
    Claes stieß einen kurzen Pfiff aus und nahm auf der angebotenen Sitzbank Platz. »Etwas Besseres könnte auch ich Euch nicht besorgen. Da habt Ihr ein gutes Geschäft gemacht. Messer Angelo, habt Ihr die Briefe gelesen? Waren sie in Ordnung?«
    »In bestem Zustand, mein Freund«, antwortete Angelo liebenswürdig. Er schenkte Wein ein, reichte die drei Becher herum und setzte sich neben Claes. »Wenn man den Weg bedenkt und das Wetter. Und zweifellos hattest du noch andere

Weitere Kostenlose Bücher