Niccolòs Aufstieg
Güte an und verlangen dafür eine neue condotta. Mit dem Geld aus diesem neuen Vertrag zahlen wir unsere Schulden bei Pigello und den Waffenschmieden und haben danach noch eine Menge übrig.«
»Hauptmann Astorre hat also von diesem prächtigen Plan keine Ahnung?«
»Er hat für Faustfeuerwaffen nichts übrig«, erklärte Claes. »Meester Tobias hingegen schon. Und Thomas ebenfalls.«
»Meester Julius wohl nicht, wie?« fragte Marian de Charetty. »Oder hast du nur vergessen, daß ich der Truppe für Aufträge, Kontrakte und Einkäufe eigens einen hochbezahlten Konsulenten mitgegeben habe?«
Er hörte auf zu lächeln und schob scheinbar nachdenklich die Lippen zusammen. Gleichzeitig hob er beide Arme, faltete die Hände über dem Kopf und kniff wie unter einem unsichtbaren Regenschauer die Augen zu.
»So schwierig kann die Frage doch nicht zu beantworten sein. Es sei denn, du hast Kopfschmerzen.«
Seine Hände fielen herab, und das Lächeln flammte jäh wieder auf, ein Zeichen, daß ihr Seitenhieb gesessen hatte.
»Doch, soweit es Julius angeht, ist die Frage schwierig. Er ist ein kluger Mann. Er hört lieber auf Euch oder Tobias als auf mich.«
»Mit anderen Worten«, entgegnete sie schroff, »Tobias weiß, wie er dich einzuschätzen hat, und Julius nicht. Warum sagst du es nicht rundheraus?«
»Hat Felix getrunken?« fragte er.
Er ließ nie ein Mißverständnis zwischen ihnen zu, sondern ging ihm stets ohne Umschweife direkt auf den Grund. Sie hätte das bedenken sollen. »Ja«, antwortete sie. »Du hast ihm gefehlt. Die Schellen … Die Ziegen …«
»Ja. Das tut mir leid«, sagte er. »Aber ich habe nicht viel Zeit, um einen Punkt zu finden, wo ich ansetzen kann. Ihr gebt ihm Geld?«
»Nicht für eine Turnierausrüstung.« Und als er sie weiter ansah, fügte sie hinzu: »Und auch nicht für Hermelinschwänze.«
»Dann -«, begann er und brach ab. Da hörte auch sie es. Felix war draußen und rief nach ihnen.
»Sollen wir -«
»Nein«, entgegnete Claes. »Lassen wir es ihn ruhig sehen. Keine Einzelheiten. Nur ein kleines Geschäft im geheimen, das er für sich behalten muß. Er wird sich daran halten. Es ist schließlich sein Unternehmen.«
Die Tür flog auf. Da stand Felix mit seinen Hermelinschwänzen, Argwohn im Blick. »Sie haben mir gesagt, daß ihr beide hier seid.«
»Das will ich hoffen«, versetzte Marian de Charetty. »Ich habe schließlich Anweisung gegeben, dich hierher zu schicken, sobald du nach Hause zu kommen beliebst. Wo bist du gewesen?«
»Aus«, antwortete er kurz. »Was ist das hier?«
Er nahm Claes die Kerze weg und stöberte herum, während sie es ihm erklärte. Dann ergriff er einen spitzen Helm und setzte ihn Claes so heftig auf, daß der zusammenzuckte. Felix lachte. »Schlimmer als der da ist nur noch das Zeug, das du bei deiner Rückkehr getragen hast. Warum suchst du dir nicht etwas aus und kaufst es uns ab?«
Marian de Charetty, die wie erstarrt war, wollte etwas sagen, aber Claes kam ihr zuvor. »Ich habe alles, was ich brauche. Außerdem wirst du dir das Beste davon selbst nehmen wollen.«
Felix lachte. »Das Beste wovon? Das ist Kriegszeug für Soldaten, die im Dreck waten.«
»Mein Fehler«, sagte Claes.
»Das will ich meinen. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich in so einer Aufmachung -«
»Nein, natürlich nicht«, versicherte Claes. »Mich hat ja Astorre ausgebildet. Und dich nicht, das hatte ich vergessen.«
»Ich friere«, sagte Marian de Charetty. »Felix, nimm die Lampe und leuchte mir zur Tür. Claes, das reicht. Blas die Kerzen aus und sperr ab.«
Claes stand gehorsam auf und blies die Kerzen aus. Felix trat ihm in den Weg und sagte mit dem Rücken zu seiner Mutter: »Was soll das heißen, Astorre hat dich ausgebildet und mich nicht? Was glaubst du eigentlich, warum Mutter ihn eingestellt hat?«
»Dein Vater hat ihn eingestellt. Als Leibgarde.«
»Und was für eine Ausbildung erhält man bei einer Leibgarde?« Felix fiel es nie schwer, den Standpunkt zu wechseln, schon gar nicht, wenn er wütend war. »Herrgott, eine Woche bei einem gemeinen Söldner, und schon willst du mich das Kämpfen lehren. Ein Mann von vornehmer Herkunft gibt sich nicht mit Ringkämpfen im Hinterhof ab. Er übt sich im ritterlichen Turnierkampf. Glaubst du, was ich kann, hätte ich von Astorre gelernt?«
Claes, der geduldig gewartet hatte, blies eine Kerze neben Felix aus. »Von wem hast du es denn gelernt?«
Felix setzte zu einer Antwort an und brach ab. »Du
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