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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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ihren feinsten Kopfputz. Das Haar bedeckt wie immer. Sie gab sich keinen Illusionen hin. Nichts Bräutliches, nichts Jugendliches, alles unverändert, um die gierigen Gaffer zu täuschen. Sie brauchten nicht zu wissen, daß sie abends, allein, zum eigenen Genuß die Nadeln aus dem Haar zog und es offen trug.
    Auf Nicholas’ Bitte hin hatte sie einen Blick in seinen Schrank geworfen. Wieder war es Felix gewesen, der spöttisch bemerkt hatte, Nicholas gehe wohl seit neuestem zum Schneider. Da er nicht anders gekleidet ging als vorher, konnte sie nur annehmen, daß er seinen Schrank hatte auffüllen müssen. Aber dann fiel ihr auf, daß die Wämser, die Gewänder, die Hosen, wenn auch weiterhin gedämpft in den Farben, besser geschnitten und aus gediegeneren Stoffen waren, von der Art, wie es dem Oberhaupt einer Hausgemeinschaft zukam. Er hatte sich außerdem einen langen Überrock aus schwerem Stoff mit unaufwendigem Besatz anfertigen lassen. Anders als sie hatte er vorausgesehen, daß ein Anlaß wie dieser kommen würde.
    Sie war so neugierig, in den Büchern nachzusehen, aber für keins dieser Stücke war ein Ausgabenbetrag eingeschrieben. Das bedeutete wenig. Er konnte einen Gewinn einstreichen und ihn am selben Morgen ausgeben, und sie würde es nicht bemerken. Aber ohne zu wissen, warum, war sie sicher, daß er mit anderen Mitteln bezahlt hatte. Sie hatte nichts gesagt, als sie den Überrock zur Hand genommen und gutgeheißen hatte. Er war dem Anlaß so angemessen, wie der Mann selbst es sein würde.
    Es wurde ein glänzender Abend, der allerdings wohl einiges an Belastung und eine Menge harter Arbeit gekostet hatte. Das ganze Haus war mit Wachslichtern erleuchtet und voller Menschen, deren lebhafte Stimmen von Trompetenklängen übertönt wurden. Alle, die sie erwartet hatte, waren da, und noch viele mehr. Sie unterhielt sich mit der Frau Louis von Gruuthuses, einer gescheiten und freundlichen Person, die ihr erzählte, wie fasziniert ihr Mann von Nicholas und seinem Interesse am Schießpulver gewesen sei.
    Sie traf mit Guildolf von Gruuthuse zusammen, der ihr gefiel und mit seinen fünfzehn Jahren in vieler Hinsicht reifer war als Felix.
    Sie traf mit dem Vater Katelina van Borselens zusammen, der ihr Freundliches über ihr Aussehen sagte und gern mehr über den neuen Kurierdienst erfahren wollte, den der tatkräftige Nicholas auf die Beine gestellt hatte. Wie sie sehe, sei die Stadt bereits voller Schotten, die zur Heilig-Blut-Prozession und zur Messe gekommen seien, und es würde ihn wundern, wenn sie unter ihnen nicht einige neue Auftraggeber fände, die Briefe nach Italien zu befördern hätten.
    Sie sah auch hier eine ganze Anzahl Schotten. Wylie. George Martin. Sandy Napier, mit dem Nicholas gerade sprach. Einige dieser Leute hatten vermutlich letztes Jahr in Damme zu Bischof Kennedys Entourage gehört. Ob sie sich noch an den Zwischenfall mit dem Lehrling Claes und der Kanone erinnerten? Napiers Gesicht jedenfalls zeigte nicht mehr als angeregtes Interesse.
    Beim Essen saß sie neben Jean de Ghistelle, Hofjägermeister von Flandern und mit Gruuthuses Schwester verheiratet. Nicholas, der inzwischen nicht mehr durch Ausbrüche herzhaften Gelächters auf sich aufmerksam machte, saß ziemlich weit weg, auf der anderen Seite von Graf Franck neben einem sehr jungen, pummeligen Mädchen - Florens van Borselens jüngerer Tochter Gelis, wie ihr nach kurzem Nachdenken einfiel, die Tilde beim Karneval so zornig gemacht hatte. Marian lächelte zum anderen Ende der Tafel hinunter. Wäre Nicholas mit Kindern nicht ein wahrer Zauberer gewesen, er hätte ihr leid getan.
    Ihr Mitleid, oder auch das anderer, wäre nicht vergeudet gewesen. Von dem Moment an, als Nicholas das steinerne, ihn musternde Gesicht des pummeligen Mädchens gesehen hatte, wußte er, daß er am Rand der Katastrophe stand. Aber er hatte natürlich seit dem Tag, an dem die Demoiselle die Einladung angenommen hatte, mit so etwas gerechnet. Um sich zu schützen, traf er sich vorher einmal geschäftlich mit Florens van Borselen und seiner Frau. Er wollte ihre Reaktion auf seine Hals über Kopf geschlossene Ehe prüfen. Die Frau hatte innerlich wahrscheinlich gekocht, aber in seinem Beisein richtete sie sich nach ihrem Mann, der nichts als unvoreingenommene Höflichkeit zeigte.
    Felix hatte natürlich längst die Geschichte von dem Abendessen in Gent herumposaunt. Wenn man genau achtgab, konnte man sogar mitbekommen, daß Nicholas dabeigewesen war. Aber

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