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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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daß es dort brannte, heftig.
    Leute rannten an ihm vorbei, mit klappernden Eimern. Er blieb einen Augenblick stehen und ging dann gemächlich hinter ihnen her. Was auch immer geschehen würde, es würde geschehen, ehe er dort war.
    Was natürlich stimmte. Als er ankam, hatte das Feuer gerade das Haus in seine Gewalt gebracht und drang durch den Hof vor. Die Straße, in die er einbog, wimmelte von hin und her eilenden schreienden und halbnackten Leuten.
    Am Tor und im Hof drängten sich Menschen. Pferde wurden hinausgeführt, Eimer blitzschnell weitergereicht. Silberne Bögen und Kaskaden von Wasser zogen durch die Luft und lösten sich in weißem, zischendem Dampf auf. Als das Feuer weiter vorrückte, wichen die Leute der Eimerkette und die, die auf die Flammen einschlugen, zurück. Lodernde Teile des Hauses wurden durch die Luft gewirbelt und setzten Säcke und Kisten in Brand, die auf den Hof geschleppt worden waren. Simon drängte sich weiter vor und kam an einem Mann mittleren Alters mit einer Nachtmütze vorbei, der einen Sack mit Koschenille herauswuchtete und dessen dicker, nackter Bauch scharlachrot gefleckt war.
    »Was ist mit den Leuten im Haus?« fragte Simon jemanden.
    Der Mann, den er angesprochen hatte, sammelte auf dem Boden verstreute Rechnungsbücher auf, die offenbar aus einem Fenster im Obergeschoß heruntergeworfen worden waren. »Die Hunde haben uns geweckt«, sagte er. »Ich glaube, wir haben alle herausgeholt.« Er trug ein schwarzes Wams, das offen war. Auch das Gesicht mit der Hakennase war schwarz und eingefallen vor Anstrengung.
    »Hört zu, darum kümmere ich mich«, sagte Simon. »Seht, was Ihr sonst noch retten könnt.«
    Er wartete, bis der Mann weggegangen war, und warf dann die Rechnungsbücher sorgsam eins nach dem anderen wieder ins Feuer. Danach trieb die Hitze alle zurück, und es reichte ihm, mit den anderen auf der Straße zu stehen und zuzusehen, wie die Firma Charetty niederbrannte, während das Rufen und Schlagen zu beiden Seiten weiterging, weil die Nachbarhäuser mit Wasser übergossen und geräumt wurden.
    Ringsum hatte sich die Menge in kleine Gruppen aufgeteilt, alles schwieg, nur wo Frauen sich tröstend umarmten, hörte man gedämpftes Weinen. In einer solchen Gruppe sah er den Mann, mit dem er gerade gesprochen hatte, neben einer kleinen, ansehnlichen Frau mit schönem Haar stehen. Zwei hübsche junge Mädchen mit verquollenen Gesichtern klammerten sich an sie. Er bemerkte sie zuerst nur wegen des freien Raums, der wohl aus Ehrerbietung um sie herum geschaffen worden war. Dann wurde ihm klar, wer sie waren.
    Das prächtig anzusehende Feuer hatte jetzt seinen Höhepunkt erreicht. Die Verschmelzung von seltenen und kostbaren Substanzen hatte einen Scheiterhaufen von außerordentlicher Leuchtkraft in Rot und Gelb hervorgerufen, durchzuckt von grellem Grün, Anilingelb und beunruhigendem Violett. Über das prasselnde Dröhnen hinweg kündigte ab und zu ein Knall oder ein Zischen das funkensprühende Aufflammen von Silberstreifen, Gummigutt oder einer Pfeilspitze Karmesinrot an, und all das spiegelte sich in den Wasserpfützen auf dem Hof.
    Dann drehte der Wind, und die schwarze Rauchwolke fand zugleich mit dem Gestank nach verbranntem Stoff den Weg zur Straße. Als wäre sie aufgeweckt worden, setzte sich die Menge in Bewegung. Das Haus, halb Asche, halb Feuer, stellte jetzt keine Bedrohung mehr dar. Die Nachbarhäuser waren nicht länger gefährdet, und die Leute gingen einer nach dem anderen weg. Die Frau, die Marian de Charetty sein mußte, stand noch da und schaute ihnen nach. Simon sah, daß der Mann im schwarzen Wams höflich mit ihr sprach. Dann ging er weg und blickte sich um. Bald war er umringt. Er würde natürlich für alle Leute der Witwe Unterkunft finden müssen.
    Aber sie war ja gar keine Witwe mehr; und es war absolut klar worauf sie wartete. Auf etwas, das wichtiger war als der Kummer ihrer Angestellten und deren Verluste. Und in der Tat, eine Gestalt löste sich aus der letzten Gruppe rußgeschwärzter Männer, die von den Löscharbeiten zurückkamen, und trat mit kräftigen, nackten Füßen zu der Frau und ihren beiden Töchtern. Dieser nicht totzukriegende Bastard Nicholas.
    Der Ausdruck in seinem Gesicht war verborgen unter einer klebrigen Schicht aus Ruß und Schweiß. Wo das offene Hemd seinen Körper nicht bedeckte, war die Haut nicht nur schmutzig, sondern auch verbrannt, Simon sah seine Zähne aufblitzen, und das größere der beiden Mädchen

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