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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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löste sich von der Schulter der Mutter und rannte ihm plötzlich entgegen. Nicholas legte den Arm um sie und küßte sie auf die Stirn. Dann ging er mit ihr weiter und zog mit einer Hand die Frau und das jüngere Mädchen wortlos an sich. Das lange, zerzauste Haar der Mutter umwehte sie alle.
    Was er sagte, war nicht zu verstehen, aber die Augen der Frau sprachen für sich. Tatsächlich brauchte sich niemand, der sie beobachtete, zu fragen, was sie zur Heirat veranlaßt hatte. Schließlich löste sich ihr junger Ehemann behutsam von ihr und den Mädchen und rief dem Mann in Schwarz etwas zu, der sich umdrehte, antwortete und sich umschaute; dann sah er Simon und deutete auf ihn.
    In seinem schwarzen Umhang und dem festlichen Seidengewand, das durch Betkine allerdings etwas zerknittert war, wartete Simon, während Nicholas herüberkam und vor ihm stehenblieb. Unter dem Schmutz war das Gesicht des jungen Mannes bleich »Da die Welt voll ist von einträglichen Unternehmen«, sagte Simon, »warum in eins einheiraten, das so sehr stinkt, wenn es heiß wird? Wie ich höre, hast du vorgehabt, dich morgen eiligst in Sicherheit zu bringen. Aber du siehst, daß wir uns dennoch getroffen haben.«
    Sie mochten ihn jetzt Nicholas nennen, aber vor ihm stand immer noch der Bursche, der all die Prügel bezogen hatte. »Von Gregorio höre ich«, sagte Nicholas, »daß er all unsere Rechnungsbücher in Eurer Obhut gelassen hat.«
    »Gregorio?« Simon sah sich um.
    »Der Mann in Schwarz, unser Rechtskonsulent. Er wußte natürlich nicht, wer Ihr seid.«
    Dann entdeckte Simon den Mann in Schwarz und lächelte ihm zu. Der Mann kam herüber.
    »Oh, noch so ein ritterlicher Färbergeselle, der nach Urin stinkt. Sag ihm, er soll wegbleiben. Natürlich nur, wenn das der Mann ist, den du meinst. Ich habe weder ihn noch deine armseligen Rechnungsbücher je gesehen. Bist du sicher, mein lieber Nicholas, daß nicht euer Rechtskonsulent es günstiger fand, sie ins Feuer zu werfen? So etwas ist schon vorgekommen.«
    Gregorio war bei ihnen angelangt. Er wandte sich an den jungen Mann, den er als seinen Herrn ansehen mußte, und fragte: »Was hat er damit gemacht?«
    »Vermutlich ins Feuer geworfen«, antwortete Nicholas. »Dieser Edelmann hier ist Simon von Kilmirren. Und da kann ich gleich noch einmal wiederholen, was ich neulich gesagt habe. Wenn er versucht, irgendeins unserer Häuser zu betreten, einen unserer Leute zu behindern oder gegen ihren Willen mit der Demoiselle zu sprechen, dann müßt Ihr sofort Meester Metteneye und Meester Adorne rufen.«
    Simon betrachtete die Augen des Burschen, die in dem geschwärzten Gesicht groß und weiß wie Blasen wirkten. »Es muß doch eine Beleidigung geben, die dich zu einer männlichen Haltung zwingt. Bei Gott, ich weiß wirklich nicht, was es sein könnte. In meinem einigermaßen bewegten Leben, Meester Gregorio, ist mir nie ein Knecht begegnet, der so feige war wie jener, der sich Eurer Herr nennt.« Lächelnd ging er davon, und keine Erwiderung folgte ihm.
    »Ich nehme an, Ihr habt Eure Gründe«, sagte Gregorio einen Augenblick später.
    Nicholas drehte sich um. »Ich weiß nicht, ob ich welche habe. Es muß über mehr nachgedacht werden als über eine Streiterei.«
    »Die Rechnungsbücher …«
    »Die sind nicht unersetzlich. Und wenn Ihr fragen wolltet, ob er den Brand gelegt hat, ich weiß es nicht.«
    »Aber Ihr werdet versuchen, es herauszufinden?«
    »Nein. Das tut Ihr. Und Ihr werdet viel Hilfe dabei haben. Die Stadt nimmt diese Dinge sehr ernst. Aber ich erwarte nicht, daß etwas gefunden wird.«
    »Und die Darlehen … Die Bürgschaft für all diese Darlehen, und die Einnahmen, die Ihr für die Rückzahlung braucht…«
    »O ja, es hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt passieren können. Wer immer den Brand gelegt hat, hat das einkalkuliert. Und wahrscheinlich haben sie auch einkalkuliert, daß die Hälfte von uns in den Flammen umkommt. Aber keiner ist verbrannt. Und das ist wirklich das wichtigste.«
    Die Demoiselle war mit den Mädchen zu ihnen gekommen. »War das nicht…«
    »Gekommen, um zu sagen, wie leid es ihm tue. Na, nicht ganz. Über all das reden wir später. Jetzt wollen wir sehen, was getan werden muß.«
    Nicholas brach am Dienstag nach Genf auf, nur zwei Tage später als ursprünglich beabsichtigt. Ihn begleitete die angeheuerte Eskorte, mit Mauleseln und Pferden, die er mitsamt Zaumzeug aus den Ställen gerettet hatte. Ebenso aus den Ställen gerettet waren die

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