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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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hatte es nicht eilig. Sie scheuchte den Schreiber weg und tat es gleich noch einmal, ungehaltener, als der Mann zögerte. Er tat Felix leid. Als er aber ohne seine Herrin ging, die Tür zuzog und von außen den Schlüssel umdrehte, verdrängte Beunruhigung Felix’ Mitleid. Da der Schreiber die Kassette nicht mitgenommen hatte, blieb Felix voll Unbehagen in Gesellschaft Esota de Fleurys und seines Stiefvaters zurück.
    Felix wartete auf Jaak de Fleurys Rückkehr. Er schien ihm lange auszubleiben. Nicholas ging auf und ab, und Felix beobachtete ihn. Er bemerkte sogar, wie Nicholas ans Fenster trat und unten im Hof jemandem zunickte, den er kannte, als hätte er keine Sorge der Welt. Aber erst als Nicholas mit einem Halstuch in der Hand auf Esota de Fleury zuging und sich höflich zu ihr hinunterbeugte, hatte Felix das Gefühl, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging, und drehte sich herum.
    Da lag das Tuch schon fest gebunden über dem vollen, geschminkten Mund der Demoiselle, und Nicholas schwang eine bauchige Korbflasche zum Schlag auf seinen, Felix’, Kopf. Felix wollte noch schreien, aber eine große Hand, die ihm vertraut schien und nach frischer Tinte roch wie Colard Mansion, hielt ihm den Mund zu.
    Ein absurder Gedanke schoß ihm noch durch den Kopf, bevor alle Gedanken ausgelöscht wurden. Wenn Colard Mansion hier war, mußte auch Claes in der Nähe sein.
    Und Claes würde ihm helfen.

KAPITEL 32
    Felix de Charetty, der Mitte April von zu Hause aufgebrochen war, um auf Genappe mit dem Grafen von Charolais und dem Dauphin, Graf von Vienne, auf die Jagd zu gehen, kehrte nicht zurück. In Brügge war allgemein bekannt, daß er nach Süden geritten war, um seine Mutter und den jungen Burschen einzuholen, jenen Nicholas, mit dem er immer zusammengewesen war und der die Demoiselle geheiratet hatte.
    Dann gab es welche, die es etwas seltsam fanden, daß Nicholas nach dem Brand einfach so weggegangen war. Obwohl die Witwe sehr gute Helfer hatte in dem fleißigen neuen Rechtskonsulenten Gregorio und in Cristoffels, der in hohem Ansehen stand bei allen Geldvermittlern, die mit ihm Geschäfte machten. Es war wirklich erstaunlich, was sie alles getan hatten, um das Unternehmen binnen weniger Wochen wieder in Gang zu bringen.
    Dennoch sah man Marian de Charetty die Veränderung an. Was immer man von der Heirat hielt, dieser junge Mann hatte Köpfchen und war ihr nützlich. Und jetzt war er weg, und ihr Sohn auch. Und etwas blieb rätselhaft. Denn auf die ein oder andere Weise hatte Felix Nicholas sicherlich eingeholt. Und von dem Brand erfahren. Und wie jeder gute Sohn hatte er bestimmt den Wunsch gehabt, nach Hause zu kommen, seine Mutter zu trösten und ihr zu helfen. Der Mai war vergangen und die erste Juniwoche war angebrochen, aber Felix war nicht gekommen.
    In der Spanjaardstraat sahen Felix’ heiratsfähige Schwestern keinen Grund zur Sorge. Ihre Mutter überlegte, daß er und Nicholas sich vielleicht verpaßt hätten. Felix sei womöglich schon sehr weit geritten, ehe er von dem Brand erfuhr. Catherine fand auch ohne Felix die Handelsmesse im Mai und die Heilig-Blut-Prozession recht vergnüglich. Allmählich war sie darüber hinweggekommen, daß sie all ihre schönen Dinge verloren hatte - Kleider und alte Spielsachen, die Tagesdecke fürs Bett, die sie selbst gemacht, und die Truhe, die ihr ein Mann aus Danzig geschenkt hatte.
    Jetzt bekam sie mehr Geschenke, weil die Leute Mitleid hatten, und als Gegenleistung erzählte sie allen von dem Brand. Je häufiger sie sich erinnerte, um so besser wurde die Geschichte, und es gab immer neue Leute, denen sie davon erzählen mußte.
    Auch Tilde erholte sich, wenngleich etwas langsamer, denn so manches Erinnerungsstück an ihren Vater würde sie nie Wiedersehen. Und manchmal dachte sie nachts an Felix und erinnerte sich an den kleinen Dolch, den er immer bei sich trug, und wie aufbrausend er war. Wenn die beiden sich trafen, würde Nicholas hoffentlich nicht vergessen, die richtigen Worte zu Felix zu sagen, wie er es immer getan hatte. Zuerst war sie der Meinung gewesen, Nicholas habe etwas so Entsetzliches getan, daß keiner von ihnen mehr mit ihm sprechen sollte. Dann verfiel sie auf die Ansicht, daß alles die Schuld ihrer Mutter sei. Und seit dem Brand tat ihre Mutter ihr so sehr leid, daß sie beiden verzieh. Zumindest würde Nicholas, wenn er zurückkam, mit ihnen in einem Haus wohnen, und ihre Mutter würde glücklich sein.
    Nur waren Anfang Juni weder

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