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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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nach oben. Er erinnerte sich, daß Claes einmal auf diese Weise hochgehoben worden war. An Bord der Flandern-Galeeren. Bevor sie ihn ins Meer schleudern wollten.
    Hatte er ihm das alles übelgenommen? Die ganze Zeit? Ihn gehaßt und verabscheut, und ebenso Julius, Jaak und seine Mutter?
    Eine Tür ging auf, und er wurde abgesetzt, gehalten von einer einzigen Hand. Die Tür schloß sich, sperrte den Lärm von unten aus, und ein Schlüssel drehte sich im Schloß. Felix zerrte an dem Arm, der ihn festhielt, und warf den Kopf wie ein Schlachtroß, um die hinderliche Kapuze abzuschütteln. Sein Kopf begann heftig zu schmerzen. Eine zweite Hand ergriff seinen anderen Arm. Als er sich wehrte, wurde er nach hinten gestoßen, daß er taumelnd auf ein niedriges Bett fiel. Seine Kapuze wurde zurückgeschlagen, aber sein Mund blieb geknebelt.
    Nicholas stand neben dem Bett und sah auf ihn herunter. »Hörst du, wie still es ist? So dick ist die Tür. Und außerdem stehen meine Leute draußen. Also versuch erst gar nicht zu schreien. Ich brauche etwas zu essen und Schlaf, und du auch. Doch zuerst will ich mit dir reden.«
    Felix hatte sich eine Zeitlang gefragt, warum Nicholas ihn und seine Diener nicht gleich umgebracht hatte. Aber das geschah natürlich nur deshalb nicht, weil er fürchtete, verfolgt zu werden. Jetzt war er diese Sorge los und konnte Felix so sterben lassen, daß er selbst deswegen nicht in Teufels Küche geriet und die Schuld vielleicht an einem anderen hängenblieb.
    Felix verspürte nicht den Wunsch, mit seinem Mörder zu reden. Theatralisch schloß er wieder die Augen, während der andere noch sprach, streckte sich auf dem Bett aus und reckte das Kinn in die Höhe. Das Kennzeichen eines Kaufmanns ist Würde. Er hoffte, daß er auch gelangweilt aussah. Herz und Lunge, die nicht gelangweilt waren, weigerten sich allerdings mitzumachen.
    »Hör zu, wenn ich mich bei dir entschuldigen will, könntest du mich wenigstens anschauen. Tut dein Kopf noch so weh?«
    Schweigen. Das Scharren eines Stuhls. Wieder Nicholas’ Stimme, die ganz ergeben klang. »Ich hätte an deiner Stelle wahrscheinlich nicht den Mut so dazuliegen. Du mußt ja glauben, ich würde dich in Stücke schneiden und die Teile deiner Mutter schicken. Ich habe dir auf den Kopf geschlagen, weil ich dich da wegkriegen mußte. Ich mußte dich da wegkriegen, weil ich dich mit dem Geld nicht allein heimreiten lassen konnte und weil ich auch nicht mitkommen konnte. Ich konnte nicht mitkommen, weil ich nach Mailand mußte. Und ich mußte nach Mailand, weil deine Mutter, Anselm Adorne und eine Menge anderer Leute mit einem höchst geheimen Handelsgeschäft zu tun haben, das dich so reich machen wird, daß der Brand gar keine Rolle mehr spielt. Aber nur, wenn ich nach Mailand komme. Und nur, wenn andere Leute nichts darüber erfahren. Leute wie Jaak de Fleury.«
    Felix lag ganz still. Sein Kopf tat weh.
    »Da du das jetzt also weißt«, sagte Nicholas, »werde ich nun den Knebel lösen. Ich habe einen Dolch, Felix. Ich weiß, daß du nicht überzeugt bist, aber du kannst mich nicht überwältigen. Ich will nur, daß du zuhörst. Dann werde ich alle Fragen beantworten, die du stellen möchtest. Und danach werde ich dir meinen Dolch geben. Wenn du Weggehen willst, kannst du es tun.«
    Sein Kopf wurde angehoben. Felix öffnete die Augen. Der Knebel wurde von seinem trockenen Mund abgenommen. Er würgte, schluckte, würgte wieder. Nicholas goß etwas aus einer Flasche in einen Becher. »Spuck ihn aus, wenn du willst, aber es ist guter Wein aus Kreta, und du brauchst ihn. Sieh, ich habe etwas getrunken. Jetzt trinkst du die vergiftete Hälfte.«
    In Nicholas’ Stimme schwang so etwas wie ein Lächeln mit, aber Felix lächelte nicht. Er trank, als ihm der Becher an die Lippen gehalten wurde. Seine Hände waren immer noch gefesselt. »Und wenn du mir dann den Dolch gibst, mache ich die Tür auf, und deine Leute töten mich auf dem Weg nach draußen.«
    »Aber zuerst wirst du mich umgebracht haben. Komm, hör zu. Hast du einen Schlag auf den Kopf bekommen, oder was ist los?«
    »Ich werde dir erst dann glauben, wenn du meine Handgelenke losbindest, deine Leute wegschickst und mich den Gastwirt rufen läßt, damit er mir hilft, dich unter Bewachung nach Genf zu bringen. In Genf kannst du über alles sprechen.«
    »Nicht über ein Alaun-Monopol«, sagte Nicholas mit konzentriertem Blick und runzelte die Stirn wie immer, wenn er sich an etwas erinnern wollte. »Du

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