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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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jeder Gesellschaft Eindruck.«
    »Und weiter?«
    »Messer Cicco war sofort mit Freuden bereit, Loppe zurückzugeben. Und ich sagte, daß ich hoffe, dem Herzog als Entschädigung schon bald ein Geschenk machen zu können, das ihn weit mehr erfreuen wird.«
    »Ach nein?« sagte Nicholas. »Was denn? Einen Sack billigen Alaun? Einen eleganten Helm? Einen Überrock mit Hermelinschwänzen? Oder … Felix? Woran hast du gedacht?«
    »An etwas, das er deiner Behauptung nach bestellt hat, obwohl er selbst von seiner Bestellung keine Ahnung hat«, antwortete Felix. »Ich habe vorgeschlagen, dem Herzog einen Vogel Strauß zu schenken.«
    Unten fragten sich die Gäste erschrocken, ob die beiden jungen Männer aus Flandern gerade dabei seien, sich gegenseitig abzuschlachten, ein solches Gepolter und Gebrüll drang von oben durch die Zimmerdecke. Aber als die zwei etwas später mit roten Gesichtern und zerzausten Haaren herunterkamen, hatte der Ältere dem Jüngeren einen Arm um die Schultern gelegt, und sie schienen beide zu lachen.

KAPITEL 34
    Die verwitwete Herzogin der Bretagne, die in frühester Jugend eine kurze, kinderlose Ehe geführt hatte, war weder besonders alt noch besonders klug. Auch ihre verstorbene Schwester Marie, die den Monarchen des benachbarten Frankreich geheiratet hatte, war eine im Grunde recht alberne Person gewesen, wenn man ihr auch eine gewisse Freude an der schönen Literatur und an Dichtern anerzogen hatte. Ihr Hof war damals wegen seiner Vorliebe für Dichter fast in Verruf geraten, wobei weniger von Ausschweifungen die Rede gewesen war als von ihrer kindlichen Leichtfertigkeit.
    Die Herzoginwitwe Isabelle war, auch wenn sie zu heftigen Temperamentsausbrüchen neigte, eine sehr oberflächliche Frau, die sich leicht ablenken ließ, nur nicht von ihrer Angst, nach Schottland zurückgeschickt zu werden. Ihr kleiner Hofstaat lag anders als der des jungen Herzogs, ihres Neffen, sehr abgeschieden und abseits vom Weltgeschehen. Deshalb gestattete man ihr auch, die Schar ihrer Katzen und Hofdamen um ein Mitglied der Familie van Borselen zu erweitern, die burgundisch orientiert war. Das war ein Zugeständnis. Frankreich, das die Bretagne beherrschte, war kein Freund von Burgund. Und Burgund, so ging das Gerücht, war kein Freund von Frankreichs Protege, dem englischen König aus dem Haus Lancaster.
    Trotzdem war der Herzog der Bretagne, nachdem er einen Kennerblick auf Katelina van Borselen hatte ruhen lassen, durchaus dafür, sie zu behalten und seiner verwitweten Tante aufzuwarten. Sie würde nichts Gefährliches in Erfahrung bringen können. Und vielleicht würde es ihnen sogar gelingen, sie zur bretonischen Sichtweise zu bekehren. Zu gern würde er dieses glänzende Haar und diesen Körper in ihrem natürlichen Zustand sehen, aber dann würde Antoinette ihm wieder ihr Bett verweigern.
    Ohnehin schätzte er an seinen Frauen für gewöhnlich einen frischeren Teint.
    Im April hatte die neue Hofdame der Herzoginwitwe tatsächlich noch etwas mehr Farbe gehabt. Die Veränderung ihres Teints hatte zusammen mit einigen anderen im Mai begonnen. Und jetzt, Mitte Juni, konnte Katelina keinen Zweifel mehr an ihrem Zustand haben. Sie trug das Kind eines unehelich geborenen Mannes aus dem untersten Stand. So heftig hätte der Schock eigentlich nicht sein dürfen, denn sie selbst hatte ja in einem Anfall von Trotz die Götter bewußt herausgefordert. Sie hatte Claes belogen. Sie hätte alles gesagt, um ihn dahin zu bringen, das zu tun, was er getan hatte.
    Aber was sollte sie nun tun? Die arme, dumme Schwester der Herzogin hatte grüne Äpfel und Essig zu sich genommen, um eine Mutterschaft zu verhindern. Das könnte sie auch probieren oder stärkere Mittel anwenden. Sie war in der Bretagne, weit weg von zu Hause, niemand würde etwas merken. In jedem Hofstaat gab es eine Dienerin, die jemanden kannte - einen Barbier, eine Hebamme, die der Natur ins Handwerk zu pfuschen verstand. Aber es mußte auch klappen. Manchmal setzte sich das Kind durch und kam mißgebildet zur Welt. Manchmal starb man dabei.
    Und wenn sie das Kind heranreifen ließe? Dann müßte sie den Hof verlassen, Freunde finden, die sie verbargen, und das Kind in Pflege geben. Das hatten Frauen mit Geld schon getan. Sie aber hatte keine Mittel. Und sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie eine solche Angelegenheit geheimzuhalten war. Die Schande für ihre Familie wäre nicht auszudenken. Um ihrer Familie willen mußte sie dem Kind einen Vater geben. Und

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