Niccolòs Aufstieg
drängten sich lachend um ihn.
Claes zeigte sein übel zugerichtetes Gesicht und sein gewohntes unbeschwertes Lächeln. »Einen guten Tag, Messer de Acciajuoli«, rief er. »Wenn Ihr für mich sammeln wollt, dann versucht’s diesmal lieber nicht beim schottischen König.«
Nicholai Giorgio de’ Acciajuoli verzog wie tadelnd den Mund unter dem dunklen Bart, doch sein Blick war amüsiert. »Und auch nicht beim Herzog von Burgund, würde ich meinen«, gab er zurück. »Nach dem Zwischenfall mit dem Badebassin und der Kanone. Und sicherlich nicht bei den Gastwirten und Geschäftsvermittlern mit den hübschen Dienstmädchen. Sorgst du in Löwen auch für soviel Aufruhr?«
Claes legte den Kopf schräg und richtete ihn vorsichtig wieder auf. »Vielleicht«, sagte er. »Aber wegen der Universität sind sie so was gewöhnt.«
»Und du versiehst dort natürlich den Dienst bei deinem jungen Herrn. Und seine Mutter, die Witwe de Charetty, hat euch unter Aufsicht. Ist sie streng?«
»Ja«, antwortete Claes mit einem Schaudern.
»Das freut mich«, sagte der Grieche mitleidlos. »Von Messer Adorne höre ich, daß sie auf dem Weg hierher ist und sich um diese Angelegenheiten kümmern will. Meester Julius ist bereits in deiner Sache vorstellig geworden. Es ist gut möglich, daß du noch vor Abend wieder auf freiem Fuß bist, wenn man sich auf einen Preis einigt. Was meinst du, wird deine Herrin dich in ihren Diensten behalten, wenn sie das so teuer zu stehen kommt?«
»Monsignore«, sagte Claes. Das sonst so heitere Gesicht wirkte besorgt.
»Ja?«
»Ich dachte, ich wäre bis zum Vormittag wieder draußen. Sie lassen einen sonst immer raus, sobald man die Prügel bekommen hat.«
»Beklagst du dich?« fragte de’ Acciajuoli, »Mit dem Angebot zu bezahlen hat dein Herr, der Rechtskonsulent, dir eine zweite Tracht so bald nach der ersten erspart.« Er hielt einen Moment inne. »Oder hattest du etwas vor?«
Das Gesicht hinter dem Gitter hellte sich wieder auf. »Genau so ist es«, rief Claes. »Und alle meine Freunde sind fort. Und wie ich Meester Julius kenne, wird er Felix nicht erlauben, mich zu besuchen. Und - ach, Monsignore, wäre es wohl unverschämt, Euch zu bitten, Felix de Charetty eine Botschaft zu überbringen?«
Nicholai de’ Acciajuoli, Abkömmling eines athenischen Fürstenhauses, der von seiner Unterkunft im Haus Anselm Adornes zu einer Verabredung in einem Gasthaus unterwegs und nur aus Neugier stehengeblieben war, mußte lachen. »Auf griechisch?« fragte er. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß das viel Sinn hätte. Außerdem, warum sollte ich?«
Man hätte meinen können, er habe schon zugestimmt, so strahlend lächelte Claes. »Weil Ihr stehengeblieben seid«, sagte er.
De’ Acciajuoli zögerte. Die Gefühle, die ihn in diesem Moment bewegten, wären Julius bekannt vorgekommen. Nach einer Weile sagte er: »Und wie lautet die Botschaft?«
»Sagt ihm, er soll es nicht tun«, bat Claes mit dürren Worten.
»Er soll es nicht tun«, wiederholte de’ Acciajuoli. »Und was soll er nicht tun?«
»Das, was er gerade tut«, antwortete Claes. »Er weiß schon.«
»Ja, vermutlich«, sagte de’ Acciajuoli. »Aber ich bin auf dem Weg zum Marktplatz, um mich dort mit meinem Freund Anselm Adorne zu treffen, der gerade an einer Magistratssitzung teilnimmt. Ich habe keine Ahnung, wo ich die Färberei Charetty finde.«
»Monsignore, das ist kein Problem«, entgegnete Claes. »Sobald das Bußgeld bezahlt ist, wird Felix mit Meester Julius in der Schenke sein - Zu den zwei Gesetzestafeln. Die Magistrate treffen sich immer im Stockwerk darüber, um diese Fälle zu besprechen. Ich habe gehört, daß die Türken verdammt sind und nicht trinken.«
Es war Zeit, wieder zu gehen. »Doch, manche trinken«, sagte de’ Acciajuoli. »Aber ich weiß nicht, ob man sie deswegen als gerettet betrachten kann. Ich kann dir nichts versprechen, junger Mann. Wenn ich deinen Freund sehe, werde ich ihm ausrichten, was du gesagt hast.«
Das strahlende Lächeln kehrte wieder. »Monsignore«, sagte Claes, »wenn ich Euch einmal einen Gefallen tun kann, braucht Ihr es nur zu sagen.«
De’ Acciajuoli lachte. Und sollte sich später an dieses Lachen erinnern.
Wenn an diesem Tag Simon von Kilmirren der zornigste Mann in Brügge war, so blieb Julius, der Rechtskonsulent des Hauses Charetty, kaum hinter ihm zurück.
Bis zum Mittag hatte sich die Geschichte von Claes’ nächtlichen Kapriolen in der ganzen Stadt herumgesprochen. Von den
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