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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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warst?«
    Lieber
würde ich mir glühende Nadeln in die Augen stechen.
    »Ich glaube nicht. Da würden wir nur im Weg herumstehen. Aber halt
mich auf dem Laufenden, ja?«
    »Mach ich. Ich hab vorhin mit Mavis gesprochen. Sie hat mich
angerufen, um mich dasselbe zu fragen wie du: Wie findet Nick das Haus? Was zum
Teufel war da oben eigentlich los?«
    Nick schwieg einen Augenblick. Vor ihnen tauchte das Lady Grace
Hospital auf. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er noch nichts von Kate
gehört hatte, und aus irgendeinem Grund machte ihn das besorgter, als es ihn
hätte machen sollen.
    »Ich weiß nicht, Tig. Beau und ich haben verrücktes Zeug gesehen.
Schwer zu erklären. Wir müssen los, Tig, wir sind jetzt am Lady Grace.«
    »Okay. Melde dich.«
    »Mach ich.«
    Beau hielt vor dem Haupteingang. Unter dem Vordach stand Lemon
Featherlight und rauchte eine Zigarette. Er sah ziemlich mitgenommen aus. Als
sie ausstiegen, kam er zum Wagen.
    »Nick, die wollen mich nicht mit Rainey sprechen lassen. Reden Sie
mit ihnen. Ich glaube, ich könnte helfen.«
    »Das glaube ich auch«, sagte Nick. »Gehen wir.«

Charlie Danziger schaut mal rein
    Nach einem sehr hektischen, aber produktiven Nachmittag,
in dessen Verlauf er sich eine äußerst unterhaltsame Prozedur für den Austausch
der CD gegen Bargeld in allen Einzelheiten
ausgedacht und Byron Deitz kreuz und quer durch Niceville geschickt hatte, war
Charlie Danziger wieder zu Hause auf seiner mittelgroßen Pferderanch im
Hügelland nördlich von Niceville. Es war ein großes, solides Holzhaus mit
Naturholzmöbeln, mexikanischen Teppichen, Gewehrgestellen und
Sattelledersesseln – wie Ralph Lauren besaß Danziger einen schlichten
Cowboygeschmack. Daneben gab es ein paar neue, aus Fichtenholz gebaute
Stallungen, einen Corral zum Zureiten und ein paar Hektar hügeliges Grasland,
genug, um acht Quarter Horses zufriedenzustellen.
    Er duschte, rasierte sich, duschte sicherheitshalber noch einmal,
erneuerte den Verband – er musste zugeben, dass dieser perverse sizilianische
Zahnarzt wusste, wie man eine Schusswunde in der Brust zu versorgen hatte –,
zog frische Sachen an und verbrannte die alten, bis auf die marineblauen
Stiefel. Ein kluger Cowboy warf niemals seine Glücksstiefel weg.
    Er briet sich ein großes blutiges Steak, schenkte sich eine Karaffe
kalten Pinot Grigio ein und aß und trank mit echtem Genuss. Dann zündete er
eine geliehene Camel an – er schuldete Coker inzwischen drei Schachteln – und
setzte sich ausgeruht und einigermaßen gelassen an den Computer, um zu sehen,
wie gut der USB -Stick,
den er Boonie Hackendorff gegeben hatte, funktioniert hatte.
    Außer den Namen sämtlicher Wells-Fargo-Angestellter war darauf
nämlich auch ein Programm, das, sobald der Stick mit dem Computer verbunden
wurde, irgendeinen Voodoozauber machte, der bewirkte, dass Danziger durch einen
Hintereingang in Boonie Hackendorffs Computer spazieren und sich ansehen
konnte, was dort passierte.
    Er schaltete den Computer an und gab ein paar Befehle ein. Dabei
hörte er mit dem Polizeifunkgerät, das in seinem halb abgedunkelten
Arbeitszimmer auf einer Kommode stand, das Hin und Her der Meldungen der
Polizei von Niceville und der State Patrol ab. An den Wänden hingen einige sehr
schöne, in Öl gemalte Landschaftsbilder vom Snake River und den Grand Tetons,
wo Danziger aufgewachsen war, und dem Land am Powder River, wo er eines Tages
beerdigt werden wollte, sofern nach seinem Ableben noch genug von ihm übrig
war, das diesen Aufwand rechtfertigte.
    Auf dem Bildschirm erschien auf kühlem blauem Hintergrund das Wappen
des FBI ,
darunter in leuchtendem Rot eine Warnung, die unmissverständlich klarmachte,
dass jeder, der hier unbefugt eintrat, sich über das, was er tat, im Klaren
sein sollte.
    Wenig später studierte er Boonie Hackendorffs Notizen zu dem
    Bankraub in Gracie, Aktenzeichen CC 9234 K  28 RB  8766.
    Die Notizen waren knapp, übersichtlich, klar formuliert, sehr
professionell und nach Charlies Ansicht ein Musterbeispiel dafür, wie so etwas
auszusehen hatte. Als er zu Ende gelesen hatte, kam er zu dem Schluss, dass er
nicht annähernd genug Pinot Grigio im Haus hatte, um diese schlechten
Neuigkeiten abzufedern, und nicht genug Zigaretten, um sie mit Rauch zu
vertreiben.
    Er und Coker mussten reden.
    Er rief Coker an und sagte ihm das.
    Coker antwortete, er sei sehr froh, von Charlie zu hören, denn er,
Coker, sei in Gesellschaft einer hübschen jungen Indianerin

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