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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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mir zu, Dad. Hör genau zu und vergiss es nicht. Du wirst nie
ermessen, was du mir damit angetan hast. Du wirst nie ermessen, was du mir
damit weggenommen hast.«
    Littlebasket flüsterte kaum hörbar. Twyla neigte den Kopf, und ihr
Mund wurde noch härter.
    » Bluebell? Ob ich es Bluebell gesagt habe? Nein, hab ich nicht, und werde es auch nicht
sagen, weder jetzt noch später. Sie ist der Grund, warum ich es niemandem sagen werde. Ich will nicht, dass sie es erfährt. Du wirst dir irgendwas
ausdenken müssen, um zu erklären, warum du für mich tot bist. Mir ist es völlig
egal.«
    Sie hielt inne und schien wieder zu sich zurückzufinden.
    »Nur eines muss klar sein: Bluebell darf nie erfahren, was ich
erfahren habe. Das ist etwas, wofür du sorgen kannst. Das wäre deine eine gute
Tat.«
    Littlebaskets Mund bewegte sich – er versuchte, irgendeine Art von
Entschuldigung zu formulieren.
    Twyla wischte sie beiseite.
    »Du wirst eine Möglichkeit finden, dafür zu sorgen, dass sie es nie
erfährt. Solltest du beschließen, dir eine Kugel durch den Kopf zu jagen, dann
hinterlass keinen Abschiedsbrief, in dem du alles erklärst. Solltest du
beschließen, mit dem Flugzeug abzustürzen, dann tu’s einfach – damit alle
anderen denken können, was für ein toller Typ du warst. Mir ist das alles egal.
Von dem Augenblick an, in dem ich dieses Haus verlasse, bist du für mich tot.
Erzähl Bluebell, was du willst. Sorge nur dafür, dass sie nie etwas von diesen
Bildern erfährt. Sag, dass du mich verstanden hast. Sag es … Daddy.«
    Das Wort traf ihn wie ein Keulenschlag, und seine Tränen wirkten mit
einem Mal überzeugender.
    Er nickte und schlug wieder die Hände vors Gesicht.
    Twyla trat ein paar Schritte zurück und sah Coker und Danziger an,
die sich beide sehr wünschten, sie hätten mehr intus als bloß ein paar Gläser
Jim Beam und einige Valium.
    Coker und Danziger wechselten einen Blick, und dann ging Danziger zu
Morgan Littlebasket und baute sich vor ihm auf. »Hören Sie zu, alter Mann.
Hören Sie mir zu. Scheiße, Coker, er verwandelt sich in Pisse. Gib ihm noch
einen Tequila.«
    Coker schenkte drei Gläser Tequila ein und reichte eins Morgan
Littlebasket, für den er keinerlei Sympathie empfand. Dieser alte
Schleimscheißer war bloß ein Ding , eine Zecke, die man nur darum nicht
zertrat, weil man keinen Fleck auf der Schuhsohle wollte.
    Er ging zu Twyla, die sich nun, da es vorbei war, erschöpft und
zitternd an seine Brust schmiegte.
    Danziger nahm sein Glas, nippte daran und ließ sich vor dem alten
Mann auf ein Knie nieder.
    »Diese Fotos sind kleine JPEG -Dateien,
die von einem Computer oder Festplattenrekorder stammen, oder?«
    Kein Wort, nur der Kopf bewegte sich auf und ab.
    Ja.
    »Aber vor Jahren, als Sie damit angefangen haben, gab es noch keine
digitalen Rekorder, also haben Sie irgendwann die Fotos genommen und
eingescannt, stimmt’s?«
    Ja.
    »Und dann haben Sie sich einen Digitalrekorder angeschafft.«
    Ja.
    »Wie haben Sie die Bilder eingescannt? Wenn Sie zu einem
Fotogeschäft gegangen wären, hätte der Techniker die Bullen gerufen. Also haben
Sie es selbst getan.«
    Ja.
    »Okay. Jetzt die große Frage. Wenn Sie uns anlügen, kriegen wir’s
raus. Twyla ist nicht die Einzige, um die Sie sich Gedanken machen sollten.
Haben Sie je eins von diesen Fotos verkauft? Oder im Internet mit irgendeinem
anderen Kinderpornofreak getauscht oder an eine Website verkauft?«
    Der alte Mann sah auf, in seinen Augen regte sich ein Fünkchen, war
aber gleich darauf wieder verschwunden. »Nein. Nie.«
    »Twyla hat heute eine E-Mail gekriegt, und im Anhang waren ungefähr
fünfzig Fotos, allesamt aufgenommen mit der Kamera, die Sie im Badezimmer versteckt
hatten. Anscheinend jahrelang. Wie lange eigentlich?«
    Die Lippen waren trocken, die Augen niedergeschlagen.
    »Seit Bluebell fünfzehn war.«
    Danziger sah zu Twyla.
    »Seit zehn Jahren«, sagte sie mit einem rauen Flüstern.
    »Seit zehn Jahren? Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Ist die Kamera noch da?«
    »Nein. Ich habe alles abmontiert, als Twyla ausgezogen ist.«
    »Wann war das?«
    »Vor zwei … zweieinhalb Jahren.«
    »Haben Sie den Rekorder weggeworfen?«
    »Nein. Das wollte ich, aber dann … hab ich’s doch nicht getan.«
    »Ist das Ding noch im Haus?«
    »Ja. In einer Truhe auf dem Dachboden.«
    Danziger sah Coker an, der wiederum Twyla ansah. Die beiden gingen
hinaus.
    »Diese Bilder hier sehen aus, als stammten sie aus einer Zeit, als
die Mädchen

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