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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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gewählt, wo er die gesamte S-Kurve übersehen
konnte und die Wagen direkt auf ihn zuhielten. Er hatte ausreichend Zeit zum
Zielen und die ganze Kolonne im Schussfeld.
    Wenn dies ein Marine-Hinterhalt gewesen wäre, hätte man auf einer
Seite der Straße fünf Schützen postiert, davor ein paar Claymoreminen mit
Fernzündung: siebenhundert Stahlkugeln mit gewölbter Ladung aus
C4-Plastiksprengstoff und den schönen, unbedingt zu beherzigenden Worten STIRNSEITE
ZUM FEIND . Ein Druck aufs Knöpfchen, und sie würden mit einem
gewaltigen Donnern und einem Hagel aus Metall explodieren und die armen
Schweine in der Feuerzone in Stücke reißen. Dann eine Minute Beschuss aus
sämtlichen automatischen Waffen und zum Schluss noch ein paar Mörsergranaten,
sofern man gerade welche zur Hand hatte.
    Aber jetzt waren hier nur Coker und seine Barrett. Er saß am oberen
Ende der S-Kurve und sah sie kommen, sah Merles schmales bleiches Gesicht
hinter dem Steuer und Danzigers schmutzig blondes Haar.
    Alles verlangsamte sich.
    Links von Merles schwarzem Wagen war ein Stück des dunkelblauen
Charger zu sehen.
    Nur ein Stück.
    Aber genug.
    Den zweiten Schuss aus dem Fünfer-Magazin setzte er in den Kühler
des Charger. Der überhitzte Motorblock explodierte, heißer Stahl durchschlug
das Blech zwischen Motorraum und Fahrgastzelle und flog in Gesicht, Brust und
Bauch des Fahrers. Der Wagen schoss nach rechts.
    Er raste in die Bäume, Blut spritzte auf den Airbag und die
Innenseite der Windschutzscheibe.
    Der Charger stand still und begann zu dampfen.
    Coker hatte jetzt freies Schussfeld auf den zweiten Wagen, den
braun-schwarzen Wagen des Deputy Sheriffs, in dem nur der Fahrer saß. Coker
sah, wie er den Kopf wendete, als er an dem Wrack des Charger vorbeifuhr, wie
er entsetzt den Mund öffnete. Er erkannte ihn: Es war ein ernsthafter junger
Cullen-County-Bulle namens Billy Goodhew.
    In diesem Augenblick rasten Merle Zane und Charlie Danziger an Coker
vorbei. Die Hupe jaulte, und Danziger starrte durch das Beifahrerfenster.
    Coker wandte nicht den Kopf, er registrierte sie kaum. Man hätte
neben ihm eine 9 Millimeter abfeuern können, und er hätte nicht gezuckt.
    Sein dritter Schuss zerlegte Billy Goodhews Kopf und Oberkörper und
verteilte die Fragmente über das Gitter hinter ihm. Anschließend durchschlug
das Projektil die Heckscheibe, so dass in einem jener verrückten Zufälle, wie
sie sich in Feuergefechten ereignen, ein im hellen Sonnenlicht leuchtender
Regen aus Blut und Gehirnmasse auf der Windschutzscheibe des Wagens hinter ihm
niederging.
    Beide State-Police-Wagen bremsten abrupt und mit qualmenden Reifen.
Die Frontpartien gingen in die Knie, die Wagen zogen nach links und rechts und
kamen quer zur Straße und mit einander überlappenden Heckpartien zum Stehen.
    Cokers vierter Schuss ging in die Windschutzscheibe auf der
Fahrerseite des linken Wagens. Die Fragmente schlugen von innen Pickel ins
Dach, die zersplitterte Windschutzscheibe überzog sich mit dunklem Blut. Da die
Beifahrertür geschlossen blieb, nahm Coker an, dass der Fahrer allein gewesen
war.
    Armes Schwein.
    Infolge der Rezession mussten die meisten State- und County-Bullen
auch nachts allein auf Streife fahren. Es war eine Schande. Diese verdammten
Erbsenzähler in Cap City. Aber die mussten ja nicht um zwei Uhr morgens allein
auf einer gottverlassenen Landstraße eine Alkoholkontrolle vornehmen und einen
überladenen schwarzen Escalade mit getönten Scheiben anhalten, in dem Gott weiß
was sein konnte.
    Coker wandte seine Aufmerksamkeit dem anderen Wagen zu, aus dem ein
Polizist stürzte, in der Linken eine Schrotflinte, in der Rechten das
Funkgerät. Sein Stetson war verrutscht, und auf dem runden weißen Gesicht mit
den weit aufgerissenen Augen war ein Ausdruck blanken Entsetzens.
    Er fuhr herum und rannte gebückt zur abgewandten Seite der Wagen, um
so viel Metall wie möglich zwischen sich und den zu bringen, der da auf ihn
schoss.
    Coker wartete, bis er Deckung gefunden hatte, und um zu sehen, wo
der Rumpf war, ließ er ihn sogar einen Schuss abfeuern. Das fünfte Projektil
ging quer durch den Wagen und riss den Oberkörper des Polizisten in Stücke.
    Die Schrotflinte schlug klappernd auf dem Asphalt auf.
    Ruhe kehrte ein.
    Die Stille verdichtete sich. Coker spürte sein Herz an die Rippen
schlagen. Dann stand er auf, schüttelte den Kopf, um das Klingen in den Ohren
loszuwerden, und sah sich um, als erblickte er diesen Ort zum ersten Mal.
    Die Stille

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