Niceville
ja selbst gesagt, dass Sie schon genug
wissen, um ihn fertigzumachen.
Ich
will mein Dossier vervollständigen. Und Sie werden mir dabei helfen.
Aber
das kann ich nicht.
Sie
können und Sie werden.
Chu hatte ihn an den Eiern – da war nichts zu machen.
Aber wenn er diese Sache richtig anging, würde ihn niemand damit in
Verbindung bringen, und dann wäre er Andy Chu los. Und nach acht Jahren kannte
er das Computersystem der Stadtwerke wie seine Westentasche.
Außerdem würde es seinem zerstörten Ego guttun, mal wieder ein wenig
Jason Bourne zu spielen.
»Gut«, sagte Vangelis, wandte sich seinem Computer zu und gab Bocks
Namen in die Liste der Mitarbeiter in Bereitschaft ein. Über die Schulter
fragte er Bock, wie es denn am Freitag bei der Vormundschaftsverhandlung
gelaufen sei.
»Der Richter hat’s mir voll gegeben«, sagte Bock und spürte erneut
dieses Brennen im Bauch. »Kein Sorgerecht, keinen Umgang mit meiner Tochter,
und dann hat er mich noch vor allen Leuten praktisch als Kakerlake bezeichnet
und gesagt, dass er ein Auge auf mich haben wird. Ich wäre fast geplatzt.«
»So geht das doch immer«, sagte Vangelis, dessen häusliche Situation
nicht besser war als die Bocks. »Die Weiber gewinnen immer. Frag mal meine Ex.
Die Karten sind gezinkt. Schlampen allesamt, egal, wie alt sie sind. Die jungen
sind SIA .«
» SIA ?«
»Schlampen in Ausbildung«, sagte Vangelis. Das brachte ihm immer
einen Lacher. »Was hat dieser Rock-Typ gesagt? Ich glaube, es war Mick Jagger,
und es war irgendwas mit einem Haus.«
»Nein, Keith Richards. Er hat gesagt: ›Scheiß aufs Heiraten. Das
nächste Mal suche ich mir eine Frau, die ich nicht ausstehen kann, und schenke
ihr ein Haus.‹«
»Genau. Wie hieß der Richter?«
»Monroe. Teddy Monroe.«
»Ja, das ist ein harter Knochen. Hast du was gesagt? Ich meine,
nachdem er dich eine Kakerlake genannt hat?«
»Ja, allerdings. Ganz kühl und sachlich. Ich hab ihm gesagt, ich
hätte, bei allem Respekt, das Gefühl, dass er eine Grenze übertreten hat und
dass die Art, wie er mit mir redet, dem Ansehen der Justiz schadet. Ich hab ihm
gesagt, dass ich ein anständiger Bürger bin und als solcher einen gewissen
Respekt verdient habe.«
Vangelis drehte sich um.
»Kein Scheiß? Das hast du gesagt?«
»Ich konnte das doch nicht auf mir sitzen lassen, vor allen Leuten.
Nein, man muss sich wehren. Wie Glen Beck immer sagt: respektvoller Widerstand.
Das ist eine Frage des persönlichen Mutes. Und das hat Amerika groß gemacht.«
Vangelis war gehörig beeindruckt. Sie tauschten noch ein paar
Klischees über Lesben und kaltschnäuzige Quadratschlampen aus.
Nach einer Weile hatte die Nachtschichtroutine sie im Griff. Die
einzigen Lichtquellen waren die Bildschirme und die blinkenden Lichter auf den
Telefonen in den unbesetzten Büros.
Hier, an dem vertrauten Ort, begannen Bocks Nerven sich zu
beruhigen. Er loggte sich auf einer Website mit klassischer Musik ein – Ofra
Harnoy spielte Cellosonaten von Vivaldi –, und langsam verschwanden seine
Panik, seine Scham und seine Angst vor Andy Chu und der unmittelbaren Zukunft.
Sein Telefon in der Wohnung über Mrs Kinnears Garage
registrierte den fünften Anruf einer unbekannten Nummer. Jedes Mal, wenn das Telefon
läutete, bekam Mrs Kinnears kleiner Hund einen hysterischen Anfall, rannte im
Garten herum und kläffte wie eine kastrierte Hyäne, und jedes Mal schlurfte Mrs
Kinnear in ihrer Kittelschürze und den Pantoffeln mit den Hasenohren zur
Hintertür und schrie den Hund an, er solle verdammt noch mal aufhören. Dann
schlurfte sie zurück zu ihrem Film – Gigi – und ihrer Literflasche Zinfandel, und
dabei ließ sie jedes Mal die Hintertür knallend zuschlagen, eine Angewohnheit,
die ihre Nachbarn an den Rand des Wahnsinns brachte.
Nach acht Ruftönen schaltete sich Bocks Anrufbeantworter ein. Er
spielte eine ziemlich schnöselige Ansage ab – Dies ist ein
Anrufbeantworter, Sie wissen, was Sie zu tun haben –, und dann
ertönte ein Piepen. Es wurde keine Nachricht hinterlassen.
Charlie Danziger macht Feierabend
Charlie war ein geduldiger Mensch.
Es war Samstagabend. Vielleicht war Bock ausgegangen, ein paar Biere
trinken mit den Jungs.
Vielleicht war Bock ein ganz normaler Typ.
Vielleicht hatte Bock überhaupt nichts mit dem Saukerl zu tun, der
Twyla Littlebasket und ihrer ganzen Familie so übel mitgespielt hatte.
Vielleicht war Bock ein Pfadfinder, der alten Damen über die Straße
half, ob die es nun
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